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Die Rache des glücklichen Mannes

Titel: Die Rache des glücklichen Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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die sie durch nicht abgehobene Löhne erworben hatten.
    Bereits im zeitigen Frühjahr war auf der Betriebsver­ sammlung ein Vorstand gewählt worden, dem außer Jaatinen noch Manssila, Pyörähtälä und fünf weitere Arbeiter angehörten. Der Vorstand hatte einen Firmen­
    rat gegründet, und dieser bestand durchaus nicht nur auf dem Papier, sondern er behandelte alle großen Fra-gen, die das Unternehmen betrafen, jede Entscheidung, die Jaatinen fällte, wurde dem Rat vorgelegt. Als Mitte des Jahres in der Branche die Löhne erhöht wurden, hob der Rat sie um einiges mehr an als die anderen Arbeitgeber. In Überstunden wurde am Giebel der Fab­ rik eine neue Kantine für die Arbeiter errichtet, daneben eine Sauna und Waschräume.
    Im Frühjahr schon hatte Jaatinen auf dem Flugplatz einen Brunnen graben lassen, doch da ein trockener Sommer kam, reichte das Wasser nicht für die durstigen Maschinen der Fabrik. Es wurde horrend teuer, als Jaatinen ein Rohr aus dem Fluss nördlich am Dorf vorbei zum Flugplatz legen lassen musste, und wenn die Männer in den kritischsten Phasen nicht Wasser in Tanks zur Fabrik gefahren hätten, wäre die Produktion zum Stillstand gekommen. Eine Betonfabrik braucht nämlich vor allem Wasser, gutes Wasser, und dann Sand, gesiebten Sand.
    Zur Abdeckung der Betriebskosten musste sich die Firma verschulden. Die Bank in Helsinki war keines­ wegs gewillt, Jaatinens Fabrik weiteren Kredit zu gewäh­ ren, und so wurde der Kredit durch Personalbürgschaft bei der Genossenschaftsbank von Kuusmäki aufge­ nommen – die ganze Belegschaft setzte ihren Namen unter das Papier, und für einige Monate war wieder Geld da. Jaatinen war gezwungen, die Produktion in drei Schichten laufen zu lassen, denn die Kreditzinsen drückten; es war, als läge eine lähmende Decke über dem Flugplatz. Da nicht gleich Geld von den Kunden kam, wurde es für die Nordische Beton und Lehm so eng, dass Pyörähtälä, der für den Zahlungsverkehr verant­ wortlich war, eines Tages zu Jaatinen sagte:
    »Gestern Abend musste ich mich übergeben.« Als Jaatinen ihn fragte, was er gegessen habe, ob das
    Kantinenessen verdorben gewesen sei, sagte Pyörähtälä: »Ich habe kein Essen gespuckt.«
    »Was dann?«
    »Blut.«
    Jaatinen vertiefte sich jetzt so in die Angelegenheiten der Firma, dass ihm für andere Dinge keine Zeit blieb und man ihn kaum noch sah. Je länger er in seinem heißen Büro in die Papiere starrte, desto finsterer wurde
    er. Die schnell gewachsene Firma rang mit Zahlungs­ schwierigkeiten, Geld war zwar da, aber für wie lange, für einen Monat, für zwei…? Die eingehenden Zahlungen verspäteten sich, und der Gewinn war durchaus nicht immer so hoch, wie man gedacht hatte: Besonders die Frachtkosten trieben die Preise in die Höhe, da man die schweren Betonprodukte auf Tiefladern transportieren musste. Die Mieten für die Fahrzeuge stiegen, Bauplat­ ten wurden beim Transport beschädigt, zumindest behaupteten das die Kunden… kein Wunder, dass Pyö­ rähtälä, dieser sonst so lebenslustige Bursche, saures Mineralwasser trank.
    Dann, eines Morgens im August, griff sich Jaatinen seine Ökonomin.
    »Wir fahren nach Helsinki. Es muss eine Eisenbahn her.«
    Jaatinen ging zur Eisenbahndirektion und nahm dort intensive Verhandlungen auf. Man studierte die Karte von Kuusmäki und die Berechnungen der Fabrik… die Herren von der Bahn wunderten sich, warum sich Jaa­ tinen nicht schon früher an sie gewandt hatte. Doch andererseits leuchtete ihnen ein, dass der Brückenbau­ ingenieur wahrscheinlich aus Unerfahrenheit zu sehr auf den Straßentransport vertraut hatte.
    Der Bau einer Eisenbahnlinie ist keine ganz einfache Sache, auch dann nicht, wenn die zu bauende Strecke nur drei Kilometer lang ist. Jaatinen schlug vor, dass die Trasse zum Seeufer auf der Nordseite des Kirchdorfes geführt würde und dass die Eisenbahndirektion dafür Sorge trüge.
    Die Herren reagierten positiv, nachdem sie erfahren hatten, dass die Nordische Beton und Lehm den gesam­ ten schweren Teil ihrer Produktion auf diesem Schie­ nenwege transportieren würde.
    »Wir werden diese neue Strecke in unsere Pläne auf­ nehmen… und wenn wir die Sache zügig vorantreiben, könnte alles in drei Jahren fertig sein.«
    »In drei Jahren?«
    »Ja, normalerweise benötigen wir auch für solche kur­ zen Strecken mehr Zeit, aber da das Gelände ein Kiesrü­ cken zu sein scheint, dauert der Bau nicht lange, ledig­ lich die Planung und

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