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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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geöffnet, dann wieder geschlossen, als jemand das Zimmer betreten hatte. Yanagisawa drehte sich um. Freudige Erregung durchströmte ihn. Seine Sorgen und Ängste schwanden. Er lächelte.
    Vor ihm stand der Liebling des Shōgun – Shichisaburō, der Schauspieler im Knabenalter. Der Junge kniete nieder und verbeugte sich.
    »Ich erwarte Eure Befehle, Herr«, sagte er.
    Statt seines kunstvollen Theaterkostüms trug Shichisaburō einen schlichten braunen Baumwollkimono; an seiner Hüfte baumelte ein Holzschwert, wie Samurai-Jungen es trugen. Der Knabe war genauso gekleidet wie Yanagisawa an seinem achten Geburtstag, als Fürst Takei ihn zum erstenmal in seine Privatgemächer hatte rufen lassen. Die schlichte Kleidung hob Shichisaburōs zarte, zerbrechliche Schönheit hervor – so, wie es damals auch bei Yanagisawa gewesen sein mußte, als dessen knabenhafter Reiz das Verlangen des lüsternen Daimyō erregt hatte.
    Yanagisawas Vater war Kammerherr des Fürsten Takei gewesen – und ein eiskalter, berechnender und ehrgeiziger Mann, der versucht hatte, das Ansehen seiner Familie zu mehren, indem er seinen Sohn, den jungen Yanagisawa, als Pagen in die Dienste des Daimyō gab. Yanagisawa – nicht minder ehrgeizig als sein Vater, jedoch schrecklich gutgläubig – kam dem Wunsch des Vaters nur zu gern nach; er rechnete damit, vom Daimyō als Laufbursche eingesetzt zu werden und hoffte auf einen raschen Aufstieg. Wie hätte er auch von Fürst Takeis sexuellen Vorlieben wissen sollen, von denen sein Vater jedoch gewußt haben mußte? Wie hätte er wissen sollen, daß jeder hübsche Knabe, der in Fürst Takeis Dienste trat, damit rechnen mußte, zur Befriedigung körperlicher Gelüste mißbraucht zu werden?
    Getragen von seinen Erinnerungen und einer aufsteigenden Woge lustvoller Erregung sagte Yanagisawa genau jene Worte, die man einst zu ihm gesprochen hatte: »Steh auf, junger Samurai, und laß mich dein Gesicht sehen.« Er hörte, wie seine sonst so weiche, glatte Stimme unwillkürlich jene Schroffheit annahm, die auch Fürst Takeis Stimme besessen hatte. »Hab keine Angst. Ich will dir kein Leid tun.«
    Shichisaburō gehorchte, und Yanagisawa betrachtete ihn mit Wohlgefallen. Die Augen des Jungen waren groß und ernst. Seine Lippen bebten, doch er hielt sich stolz und aufrecht.
    »Ich habe nur den Wunsch, Euch zu dienen, Herr«, sagte er.
    Yanagisawa stöhnte wohlig. Der Junge hatte gar keine Furcht; er spielte sie nur, wie er auch alle anderen Gefühle nur vortäuschte. Sie beide waren nicht das erste Mal zusammen; Shichisaburō wußte, was ihn erwartete. Doch seine darstellerische Kunst war so überwältigend wie auf der Bühne. Der Junge wußte – und akzeptierte –, daß sein Schicksal davon abhing, seinem Vorgesetzten vorbehaltlos zu Willen zu sein. Beim ersten Anzeichen von Aufsässigkeit würde man ihn aus dem Palast werfen; er würde seinen Rang als gefeierter Stern am Bühnenhimmel verlieren und statt dessen in irgendeinem heruntergekommenen Bordell am Straßenrand ein jämmerliches Dasein fristen.
    Shichisaburō wiederum hatte den Kammerherrn gelehrt, den Wert eines berufsmäßigen Darstellers zu schätzen, der glaubhaft in die Rolle des unerfahrenen Knaben schlüpfen konnte. Yanagisawa fand keinen Gefallen mehr an den Pagen im Palast – tapsige Jungen vom Lande, die manchmal vor Angst in Tränen ausbrachen oder sich gar in die Hosen machten. Yanagisawa schüttelte sich.
    »Dreh dich um«, befahl er. Shichisaburō gehorchte, und Yanagisawa beobachtete die anmutigen Bewegungen des Jungen und genoß den berauschenden Ansturm der Erregung in seinen Lenden. Wieder stöhnte er wohlig.
    Als Heranwachsender hatte der Kammerherr erfahren, daß die gleichgeschlechtliche Liebe mit Knaben auch bei anderen Daimyō üblich war, nicht nur bei Fürst Takei. Dennoch hatte Yanagisawa mehr darunter gelitten als die anderen Jungen, die in Takeis Diensten standen. Doch er hatte sich nie mehr von dem Verlangen befreien können: Als seine Sexualität erwacht war, trieb ein innerer Zwang ihn dazu, seine erste sexuelle Begegnung mit Fürst Takei mit anderen Männern nachzuvollziehen. In seiner jugendlichen Begierde hatte er im Laufe der Zeit zahllose Partner gehabt, und bei vielen Gelegenheiten hatte er experimentiert – sowohl mit Männern, als auch mit Frauen; sowohl zu zweit, als auch mit mehreren Partnern zugleich. Doch nichts befriedigte ihn so sehr wie jenes Ritual aus Worten und Gesten, das er beim Zusammensein mit

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