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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Fußgänger anhielten und befragten. Doch für jeden Angehaltenen schlüpften mindestens drei Personen durchs Tor, ohne befragt zu werden.
    »Ihr habt Befehl, jeden anzuhalten«, ermahnte Sano die Posten. »Wollt ihr den Mörder entwischen lassen?«
    Die Wachposten zuckten nur hilflos die Schultern. »Es sind zu viele Leute«, sagte einer von ihnen, »und sie lassen es lieber auf einen Kampf ankommen, als daß sie unsere Fragen beantworten oder sich durchsuchen lassen.«
    So schnell es ging, setzte Sano den Weg zum Palast fort. Die Polizei konnte die wachsende Panik unter der Bevölkerung nur eine Zeitlang unter Kontrolle halten. Erst wenn der Mörder gefaßt war, kehrten wieder normale Verhältnisse ein.
    Als Sano durch die Straßen eilte, das Pferd am Zügel, kam er durch menschenleere Viertel, wo dunkle Lagerhäuser und andere Gebäude, die kürzlich bei einem Feuer niedergebrannt waren, die sensationslüsternen Menschenmengen abschreckten. Ein neuer Gedanke keimte in Sano auf und nahm Gestalt an. Bislang hatte er sich von dem Mörder noch nicht persönlich bedroht gefühlt, und auch jetzt brauchte er sich nicht zu fürchten. Im Unterschied zu Tōzawa war er bewaffnet. Und anders als Kaibara war er jung und stark und konnte sich verteidigen. Und wenngleich Sano keinen Beweis dafür besaß, war er der festen Überzeugung, daß der Mörder seine Opfer ganz gezielt ausgewählt hatte: entweder nach ihrer Person oder danach, was sie für ihn bedeuteten.
    Doch Angst ist ansteckend. Bislang hatte der Mörder sich nur Opfer ausgesucht, die allein und in der Dunkelheit unterwegs gewesen waren – so wie jetzt Sano. Und der Wahnsinn verleiht einem Menschen oft besondere Körperkraft – im Falle des bundori -Mörders war diese Kraft vielleicht so groß, daß er auch den gefährlichsten Gegner besiegen konnte, selbst wenn dieser auf der Hut war. Ob der Mörder heute abend wieder unterwegs war, um sich eine weitere Trophäe zu holen? Vor Sanos geistigem Auge stiegen die Bilder der blutigen, verstümmelten Körper und der gräßlichen Trophäen auf. Die hereinbrechende Dunkelheit verstärkte die bedrohliche Atmosphäre. Auch die Vernunft konnte nicht verhindern, daß die Furcht sich in Sanos Innerem festsetzte und wuchs.
    Er schritt schneller aus und zwang das Pferd, neben ihm her zu trotten. Hörte er Schritte, die jene Seitenstraße herunterkamen, an der er soeben vorübergeeilt war? Hatte da nicht ein Schatten in der Ruine eines der verbrannten Häuser gelauert? Ein Stück voraus erblickte Sano Laternen, die über einem Tor brannten; er hörte Stimmen und Gelächter aus dem Stadtviertel, das sich dahinter befand. Obwohl er sich seiner Feigheit schämte, wollte Sano sich auf sein Pferd schwingen – als im selben Augenblick ein Mann mit erhobenem Schwert aus einer Seitengasse hervorsprang und ihm den Weg versperrte.
    »Bereite dich auf den Tod vor, Sano Ichirō!« rief er.
    Sano stieß einen erschreckten Schrei aus. Sein Pferd scheute und wich zurück, bevor er das Bein über den Sattel schwingen konnte. Die Zügel glitten ihm aus den Händen. Er fiel nach hinten und landete hart auf dem Steißbein. Der Aufprall war so wuchtig, daß er unwillkürlich die Zähne zusammenpreßte und keuchend den Atem ausstieß. Der Schmerz jagte ihm wie eine Feuerlohe den Rücken hoch. Seine Schwerter klirrten auf den Boden. Über das Dröhnen in seinen Ohren hinweg hörte Sano die Hufschläge seines Pferdes, die sich langsam in der Ferne verloren. Er sah, wie sein Angreifer auf ihn zukam.
    Sano sprang auf. Benommen und orientierungslos, trat er auf den Saum seiner Hose und wäre beinahe wieder gestürzt. Nur dank seiner jahrelangen Übung und seiner blitzschnellen Reflexe gelang es ihm, sich aufzurichten und sein Schwert zu ziehen. Er wartete nicht, bis der Angreifer den ersten Schlag geführt hatte, sondern sprang vor und vollführte einen wilden, von links nach recht geführten Hieb. Mit metallischem Klirren traf Sanos Klinge die des Gegners. Er konnte das Gesicht des Mannes, das unter einem breiten Hut verborgen war, nicht sehen; ebensowenig vermochte er irgendwelche Einzelheiten auszumachen. Sano erkannte nur, daß sein Gegner von mittlerer Größe war und einen kurzen Kimono sowie enge Beinlinge trug.
    »Wer seid Ihr?« rief er.
    Ohne zu antworten, warf der Angreifer sich vor, drückte sein ganzes Körpergewicht auf die gekreuzten Klingen. Sano sprang zurück und entging einem tückischen, von unten nach oben geführten Schlag, der ihn

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