Die Rache des Stalkers
außer Julia eine weitere Frau in ihrem Auto ermordet worden war. Aber eigentlich schloss sie das aus, da sonst jemand auf diese Parallele aufmerksam geworden wäre.
Wenn Altermann ihr Mörder war, saß Brandt unschuldig in Haft, denn es war unmöglich, dass er diese E-Mail verfasst hatte. Nicht von seiner Zelle aus.
... fürchte, man kann sie auf mich zurückverfolgen. Obwohl unsere Verbindung flüchtig war.
Gab es eine Verbindung zwischen Altermann und Julia? Fand sie den Mörder in ihrem sozialen Umfeld, in ihrer Vergangenheit?
An ihre Verfolgung …
Wann hatte er sie verfolgt? Am Tatabend? War er ihr vielleicht vom Restaurant aus gefolgt? Hatte Brandt eventuell etwas beobachtet, ohne sich der Bedeutung bewusst zu sein?
... über sie beugte und mich befriedigte …
Warum hatte er keine Spuren hinterlassen? Kein Sperma und auch keinerlei Anzeichen einer Penetration?
Anja überlegte, ob sie ihn per Antwort auffordern sollte, mehr zu erzählen. Doch sie konnte nicht sicher sein, ob es nicht beispielsweise eine Vereinbarung gab, niemals am gleichen Tag zu antworten. Außerdem wusste sie nicht, ob sie Zanders Ausdrucksweise perfekt nachahmen konnte.
Aus den Augenwinkeln sah sie ein sich öffnendes Pop-up-Fenster, erzeugt von der Forumsseite.
Altermann ist online.
Nun galt es zu handeln.
Hektisch tippte sie eine Mitteilung und schickte sie ab. Einen Herzschlag später tauchten ihre Worte in dem Forum auf.
Picasso: Habe deine E-Mail erhalten. Hab keine Angst. Wir können in Kontakt bleiben. Willst du nicht ausführlicher berichten?
Einige Zeit verging und Anja befürchtete, ihn verschreckt zu haben. Andere Teilnehmer des Forums blieben in ihren Diskussionen verstrickt, wodurch neuere Zeilen ihren Eintrag auf dem Bildschirm nach unten verdrängten. Als ihre Hoffnung erloschen war, erschien seine Erwiderung.
Altermann: Ich strecke gerade meine Fühler aus, ob sie etwas über mich wissen. Ich melde mich bald bei dir. Versprochen.
Anja witterte die Chance, Einzelheiten zu erfahren.
Picasso: Was ist passiert? Benötigst du Hilfe?
Wieder musste sie lange warten.
Altermann: Hab bitte Geduld mit mir.
Noch während sie an ihrer nächsten Formulierung feilte, zeigte ihr das System an, dass sich Altermann ausgeloggt hatte. Enttäuscht schlug sie mehrfach mit der flachen Hand auf ihre Tastatur und produzierte eine unsinnige Buchstabenfolge, die nach ihrem letzten Schlag, mit der sie die Enter -Taste erwischt hatte, in dem Chat veröffentlicht wurde. Sollten sich die Teilnehmer doch ihre kranken Köpfe zerbrechen, was dieser Kommentar bedeutete.
17
Am nächsten Morgen erhielt Anja die Liste mit den Käufern des Bergsymbols. Vier Kunden hatten sich in den vergangenen neun Monaten für dieses Amulett entschieden, von denen drei in weit entfernten Orten der Republik wohnten. Der vierte Name hingegen elektrisierte sie: Bernd Stamm. Er wohnte nicht in der gleichen Gegend wie Julia Volk, womit sie nahezu ausschließen konnte, dass er den Anhänger irgendwann zufällig beim Parken auf dem Parkplatz in der Südstraße verloren hatte. War dies eine neue, heiße Spur?
Nach kurzem Klopfen trat ein Kollege in ihr Büro, um sie zu informieren, dass Brandt und sein Anwalt für das Verhör bereit waren.
»Mehr haben Sie mir nicht anzubieten?«
Ungeduldig trommelte Anja mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte. Brandt setzte zu einer Erwiderung an, als ihn sein Anwalt Hirschmüller durch eine Geste stoppte.
»Herr Brandt muss Ihnen überhaupt nichts anbieten, Frau Kommissarin. Wir leben in einem Rechtsstaat, in dem die Schuld und nicht die Unschuld bewiesen werden muss.«
Anja musterte den Advokaten abfällig. Er wirkte wie frisch aus der Uni entlassen mit seinem langen Pferdeschwanz, dem legeren Jackett kombiniert mit einem T-Shirt, der blauen Jeanshose und den weißen Turnschuhen. Sie fragte sich, ob Brandt den Mann schon länger kannte und ihm vertraute, oder ob ihn der gewollt lässige Auftritt seines Rechtsbeistandes eher verunsicherte.
»Null-acht-fünfzehn-Sprüche helfen uns bei der Wahrheitsfindung kaum weiter, lieber Herr Hirschmüller.«
Bevor der Anwalt protestieren konnte, wandte sie sich Brandt zu. »Ich könnte Ihnen glauben, wenn Sie mir etwas bieten würden. Ein zeitlich einigermaßen passendes Alibi oder einen Zeugen, der sie gesehen hat.«
»Warum suchen Sie nicht die Nutte? Oder lassen mich nach ihr suchen?«
»Weil es keinen Sinn macht. Auf diesem Strich schaffen Frauen an, die können nur an
Weitere Kostenlose Bücher