Die Rache ist Dein
noch, obwohl eine freundliche Seele ihr eine Jeansjacke gegeben hatte. Sie schlang die Arme um sich, wiegte sich vor und zurück. Als sie sich umsah, fing sie den Blick eines uniformierten Beamten auf. Er zögerte, stieg über das Absperrband, stolzierte auf sie zu, den Block in der Hand. Er war dicklich und hatte dickes schwarzes Haar. Braune Augen starrten Rina mit grimmiger Entschlossenheit an.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Ma'am, würde ich Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
Sofort war Marge an ihrer Seite, zückte ihre Dienstmarke. »Es macht ihr was aus. Sie wartet auf Lieutenant Decker, ihren Mann. Bitte seien Sie so nett, und lassen Sie sie in Ruhe.«
Mir rotem Gesicht tappte der Uniformierte davon, murmelte Entschuldigungen.
Marge stemmte die Hände in die Hüften. »Kommst du zurecht?«
Rina rieb sich die Arme. »Dasselbe könnte ich dich fragen.«
»Mir geht's gut.« Marge kaute Kaugummi, sah sich um, versuchte gelassen zu wirken. »Das ist vertrautes Terrain.«
»Vertrautes Terrain mit einer persönlichen Note«, sagte Rina.
»Sehr persönlich ... Gott sei Dank, da ist Websters Audi. Bleib du hier.« Marge lief hinüber zum Auto. Tom stieg aus, strich sein Jackett glatt. Er war wieder er selbst, nicht mehr der nervöse werdende Vater. »Dein Timing hätte besser sein können«, nuschelte er. »Meine Frau hat vor sechs Stunden ein hinreißendes kleines Mädchen zur Welt gebracht.«
»Herzlichen Glückwunsch! Trotzdem, jetzt kannst du nichts mehr für sie tun. Ich würde sagen, mein Timing war ausgezeichnet.«
Webster legte den Arm um Marge. »Geht's dir einigermaßen?«
»Ging mir schon besser.« Sie biß sich auf die Lippe, faltete die Hände, damit er das Zittern nicht sah. »Bin nur nicht so heiß auf den ganzen Bürokratenkram. Weißt du, wer von der Untersuchungskommission kommt?«
»Bisher nur Hodges und Arness. Heute ist Sonntag, da dauert es, die Leute zusammenzutrommeln.« Marge nickte. »Hodges und Arness sind okay.«
»Ja, das wird alles gut laufen, Margie. Willst du mir erzählen, was passiert ist?« Rasch rekapitulierte Marge die Ereignisse. Dann sagte sie: »Ich habe versucht, den Uniformierten Anweisungen zu geben, aber mir sind die Hände gebunden wegen ... wegen dem Vorfall. Keiner weiß, was los ist.«
»Bert müßte gleich hier sein. Wir übernehmen die Untersuchung der Leiche, überlassen dich den Jungs von der Kommission. Wo ist der Tote?«
»Da drüben, neben Rinas Volvo.« Marge ging los. »Ich hab mich genau an die Regeln gehalten, Tom. Aber stell mir ruhig Fragen.«
»Hast du den Täter gewarnt?«
»Ja.«
»Haben andere dich gehört?«
»Ich hoffe.«
»Bestand unmittelbare Gefahr?«
»Ja. Er hatte eine Waffe und zielte auf mich.«
»Hat er geschossen?«
»Ich glaube ja, aber ich kann es nicht beschwören, weil alles so schnell ging. Würde es meine Aussage stützen, wenn er geschossen hat?«
»Ja. Du hast nichts angerührt?«
»Nichts. Die Waffe liegt da, wo er sie hat fallen lassen. Sieht nach einem 38er Colt Revolvet aus.« Sie hustete. »Ich hab zwei Uniformierte neben die Waffe und die Leiche postiert.«
»Wieviel Schüsse hast du abgegeben?«
»Drei.«
»Danach hast du deine Waffe überprüft?« Sie nickte. »Ja, hab ich.«
»Gut, du hast sie nicht leergeschossen«, sagte Webster. »Das beweist, daß du dich unter Kontrolle hattest. Sehr gut. Hast du den Täter nach Lebenszeichen untersucht?«
»An der Halsschlagader und am Handgelenk. Kein Puls feststellbar ... abgesehen von dem Blut, das wie ein Springbrunnen aus seiner Aorta sprudelte. Ein glatter Brustschuß. Ich meine ... schau mich an!«
Webster betrachtete sie. Ihr Kleidung war von oben bis unten rot gesprenkelt.
»Ich hab versucht, die Blutung zu stoppen, während ich mit dem Notruf sprach.« Sie redete ebensosehr mit sich wie mit Tom. »An das Gespräch kann ich mich nicht erinnern, aber es ist auf Band aufgezeichnet.«
»Hast du die Leiche bewegt?«
»Nur so viel, daß ich die Wunden überprüfen und ihn auf Lebenszeichen untersuchen konnte. Dabei hab ich das Blut abgekriegt. Ich hab mein Gesicht abgewendet, und an meinen Händen sind keine offenen Kratzer. Hoffentlich ist mir nichts passiert ... bete einfach, daß der Dreckskerl kein Aids hatte.« Ihr schwerer Seufzer drängte die Tränen zurück. »Gott, es war schrecklich! Ich hab versucht, das Loch in seiner Brust mit seinem Hemd zu verstopfen ... um die Blutung zu stoppen. Ich wußte, daß es Zeitverschwendung ist. Er war
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