Die Rache. Thriller.
Vater abgeholt wird und wann er den Bus nimmt. Sie ist noch dieselbe wie früher. Der einzige Unterschied ist, daß diesmal wir die Bank sind und daß sie uns ausspäht.
Wo könnte sie also sein? Bestimmt in einem ähnlichen Haus wie dem in Lodi. Sie muß es vor zwei, drei Monaten gemietet, mehrere Mieten im voraus bezahlt und sich für eine andere Person ausgegeben haben. Also ist sie irgendwo hier in der Nähe. Nicht gerade so nah, daß wir sie entdecken können, aber doch nicht so weit entfernt, daß sie uns nicht dauernd beobachten könnte. Und es muß so sicher gelegen sein, daß sie dort die beiden Tommys versteckt halten kann, ohne bemerkt zu werden.
Megan sprang plötzlich auf. Natürlich, warum war sie nicht eher darauf gekommen? Sie ging zu ihrem Aktenschrank und nahm einige Ordner heraus. Darauf stand: Grundstücksverzeichnis für Greenfield und Umgebung-Greenfield, Westfield, Deerfield, Pelham, Shutesbury, Sunderland und ländliche Gebiete. Juli/August, September/Oktober, November/Dezember. Vermietungen und Verkäufe.
Megan nahm eine Gebietskarte in großem Maßstab aus ihrer Schublade und breitete sie auf ihrem Schreibtisch aus. Dann nahm sie einen spitzen Bleistift und einen gelben Schreibblock. Sie verhielt einen Moment wie in Trance.
Olivia, hier irgendwo bist du. Ich kenne dich fast so gut wie mich selbst; ich hatte es nur vergessen. Du hast nicht an alles gedacht, das bildest du dir nur ein. Deine Gleichung geht nicht auf. Dies hier ist meine Domäne.
Megan schlug den Ordner auf und durchforstete alle Mietregistrierungen der letzten Monate.
Kurz vor Schulschluß trafen sich Karen und Lauren in der Bibliothek, einem Raum mit niedriger Decke, flackerndem Neonlicht und langen Tischen. Die Atmosphäre war nicht sehr anheimelnd. Außer ihnen war nur die Bibliothekarin dort, eine Dame mittleren Alters, die eifrig hinter ihrer Theke Bücher sortierte. Sie lächelte freundlich, als Karen die Bibliothek betrat, und sagte mit routinemäßigem Flüstern, obwohl keine anderen Leser da waren: »Ihre Schwester ist schon da, irgendwo da hinter den Regalen.« Sie wies mit dem Arm dorthin.
Karen fand Lauren, die am Boden hockte, neben sich ein Dutzend schwerer Bildbände. Sie winkte Karen zu einem Tisch in der Ecke.
»Hast du’s gefunden?« fragte die erwartungsvoll.
»Ich weiß es nicht, aber wenn überhaupt, dann ist es hier, glaube ich.«
Sie breiteten die Bücher vor sich aus. Karen nahm wahllos eines in die Hand und schlug es auf. Auf der Seite war ein Foto mit sechs Helikoptern zu sehen, die in der Dämmerung dicht über den Dschungel flogen. Die Propeller hoben sich vor einem trüben grauen Himmel ab.
Ein Soldat in grüner Uniform hing mit halbem Oberkörper aus dem vordersten Hubschrauber und feuerte mit einem Maschinengewehr nach unten. Es war Leuchtspurmunition, die auf dem Foto in Form gelber Streifen zu erkennen war. Karen blätterte weiter. Auf dem nächsten Bild war ein behelmter Polizist zu sehen, der mit einem Gummiknüppel zum Schlag auf eine Demonstrantin ausholte.
Sein Blick wirkte irr und fanatisch. Die Frau war noch jung, kaum älter als Karen selbst. Sie reichte das Buch ihrer Schwester, die ihrerseits weiterblätterte und sich ein Bild ansah, das eine brennende Straße zeigte und im Vordergrund einen Mann der National Guard mit Kampfjacke. Auf dem nächsten Foto sah man einen Studenten mit langen Haaren und Sonnenbrille, der eine Zigarre rauchte und am Schreibtisch eines Universitätsrektors saß.
Lauren blätterte ein paar Seiten weiter, die russische Panzer in der CSSR zeigten und Olympiakämpfer, die mit gebeugtem Kopf und erhobener Faust dastanden, während die Nationalhymne gespielt wurde. Dann folgten Bilder von Babys aus Biafra mit Hungerödemen und wieder andere mit Revolutionsführern, die, von mörderischen Kugeln getroffen, zusammenbrachen.
Nach einer Weile sagte Lauren: »Ich sehe diese Bilder, aber ich verstehe das alles trotzdem nicht.«
Karen sagte nichts darauf. Sie nahm ein anderes Buch zur Hand. ›Book of the Year 1968‹ lautete der Titel. »Hier muß es drin sein«, sagte sie. Dann sah sie auf die Uhr.
»Viel Zeit haben wir nicht mehr«, flüsterte sie. »Sonst macht sich Mutter zu Hause Sorgen um uns.«
Lauren nickte. »Gut, guck du da rein, es muß gegen Ende des Jahres sein. Ich suche hier weiter. Vielleicht finde ich doch noch was.«
Einige Zeit war es still, beide Mädchen blätterten aufmerksam die Seiten durch. Plötzlich stutzte Karen, stieß
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