Die Rache
seinen jüngeren Jahren vorstellte. Er zuckte die Achseln. »Ich mache mir Sorgen. Ich will nicht, daß ihr noch einmal weh getan wird.«
»Ich werde ihr nicht weh tun, Moses. Was immer bei der Sache herauskommt: Ich werde ihr nicht weh tun.«
»Ich meine, vermutlich will sie das, was sie mit Eddie hatte – Pläne für die Zukunft, eine Familie. Einen Mann, der jeden Abend nach Hause kommt.«
»Vielleicht. Aber ich glaube nicht, daß sie im Moment weiß, was sie will.«
»Sie will das Baby und, vermute ich, einen Vater für das Baby.«
»Eddie war der Vater, Moses. Daran wird sich nie etwas ändern.«
»Du weißt, was ich meine.«
Hardy wußte es. Er nippte an dem Whiskey. »Sie wird mich anrufen, wenn sie nachgedacht hat.«
»Und dann?«
»Dann denke ich nach. Und dann geht es weiter oder auch nicht. Richtig? Wir haben nichts geplant oder bewußt herbeigeführt, Mose. Es ist einfach geschehen. Es ist wundervoll, aber Frannie weiß nicht, was sie damit anfangen will, und ich bin mir auch nicht sicher. Ich weiß nicht, wohin Jane gehört. Ich bin total durcheinander. Was soll ich dir sagen?«
Moses leerte sein Glas. Es war kurz vor sieben, und er wußte, daß Lynne nach Hause gehen wollte. »Du kannst mir sagen, wann du wieder arbeitest«, sagte er und wandte sich Richtung Bar. »Du warst mir sympathischer, als du nicht hinter Frannie her warst …«
Drei Stunden später setzte Hardy, in hochkomplizierte geistige Arbeit versunken, ein weiteres leeres Glas sanft auf der Theke ab. Er saß jetzt vorne, beim Fenster. Wann immer Moses ein wenig Luft hatte, kam er herüber und setzte sich neben ihn.
»Wahrscheinlich war es einfach ein Zufallstreffer.«
»Besonders viele Farben hat er ja nicht zur Auswahl gehabt.«
Moses schenkte ihm nach, gab Eis dazu, und die Flüssigkeit stieg fast bis zum Rand. »Hardy«, sagte er, beugte sich vor und sprach leiser, »wir wissen beide, daß es nur drei Farben gibt, an die die Leute spontan denken. Paß auf.«
Moses ging die Theke entlang, an der noch etwa ein Dutzend Gäste saßen, redeten, tranken oder Karten spielten. Vor jeden legte er eine frische Serviette und einen Stift. »Verehrte Herrschaften«, rief er, ganz der gesellige Barkeeper, »hören Sie mir eine Sekunde lang zu. Ein Wettbewerb um ein Freigetränk.« Das weckte die Aufmerksamkeit. »Denken Sie nicht nach: Schreiben Sie einfach die Farbe auf, die Ihnen als erste in den Sinn kommt. Schnell!« Schon sammelte er die ersten Servietten ein.
»Wer hat den Drink gewonnen?«
»Moment, Moment.«
Er ging zurück zu Hardy. »Okay, du bist der Schiedsrichter.«
»McGuire, wie funktioniert der Wettbewerb? Wer kriegt den Drink? Können wir trinken, was wir wollen?«
»Siebenmal blau, viermal grün, zweimal rot«, sagte Hardy.
Moses hob die Hände. »Tut mir leid, niemand hat den Drink gewonnen, aber vielen Dank fürs Mitspielen.«
»Das war kein fairer Wettbewerb«, beschwerte sich eine Frau. »Worum ging’s denn?«
»Alles außer Rot, Grün und Blau hätte den Drink gewonnen«, sagte Moses.
Ein paar der Gäste erklärten noch, sie hätten daran gedacht, Gelb zu nehmen, dann erstarb das Gemurmel allmählich, und Moses ging wieder zu Hardy und sagte, daß manchmal auch Gelb rauskommen könne.
»Schön, es hat ja Spaß gemacht«, erwiderte Hardy, »aber den Sinn des Ganzen habe ich noch nicht verstanden.«
»Der Sinn ist der, dir zu beweisen, daß die Wahrscheinlichkeit sehr hoch war, daß Baker ›blau‹ sagen würde, selbst wenn er das Auto deines Freundes nie gesehen hat.«
»Aber das Auto war blau.«
»Na und?«
»Wenn es kein Zufallstreffer war, heißt das, daß Rusty mich belogen hat und das Auto gar nicht gestohlen war.«
Jemand rief nach einem Drink, und Moses wandte sich ab.
Aber warum, zum Teufel, sollte Rusty, den Hardy seit Jahren nicht gesehen hatte, aus heiterem Himmel bei ihm auftauchen und ihm eine Lüge auftischen? Hardys Gehirn bekam langsam Muskelkater. Er schob sein Glas an den Rand der Theke.
Augenblick, dachte er. Vielleicht hatte Rusty sein Auto zufällig ausgerechnet an diesem Nachmittag irgendwie wiederbekommen? Er stieg hier in den Bus, fuhr in die Innenstadt, stieg bei einer Waffenhandlung aus, um eine Waffe zu bestellen, auf die er drei Tage lang würde warten müssen.
Der Computer hatte das Auto noch als vermißt registriert, aber der Computer hinkte mehrere Tage hinterher. Wenn er Louis Baker noch als Häftling in San Quentin gemeldet hatte, wäre auch die Rückgabe des
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