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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Mexiko. Ein Leben ist nicht viel wert.« Rusty stand neben ihm. Er hatte eine Flasche mitgebracht.
    »Trotzdem. Mit ein paar Worten ist es nicht getan.«
    Rusty hob die Flasche, zuckte die Achseln. »Ein paar Spinner weniger. Wen stört’s?«
    »Nicht gerade die Worte des glühenden Idealisten, der einst für die Staatsanwaltschaft ins Feld gezogen ist.«
    Rusty klang, als hätten die Drinks ihre Wirkung getan. »Diz, ich will dir was sagen. Ich wollte einfach meine Fälle gewinnen. Genau wie jeder andere.«
    »Ich weiß nicht. Ich rede mir zuweilen ein, daß ich mich ein wenig um Gerechtigkeit bemüht habe.«
    »Warum hast du dann aufgesteckt? Bei dieser Leidenschaft für die Gerechtigkeit?« Hardy warf Rusty einen Seitenblick zu und stellte fest, daß er nicht mehr versuchen mußte, ihn betrunken zu machen. Rusty schwankte ein paar Schritte weiter auf den Rand der Klippe zu, und Hardy folgte ihm.
    Mit der gesunden Hand hielt Rusty die Flasche an seine Brust gepreßt. Er drehte sich um, stand mit dem Rücken zur Klippe, trank wieder und taumelte ein paar Schritte zurück. »In gewisser Weise hat Baker mir einen Gefallen getan, weil er mir eine Gelegenheit gegeben hat zu verschwinden.«
    Hardy trat neben ihn. »Paß auf«, sagte er. »Es ist ein weiter Weg nach unten.« Es war Zeit, ihn zurück zum Auto zu lotsen. Unschuldig fragte er: »Gehst du nicht nach San Francisco zurück?«
    Wieder drehte Rusty sich um. Er schien den Mond anzustarren. »Brich die Brücken hinter dir nicht ab, heißt es, erinnerst du dich? Aber ich habe es getan. Ich habe alle Brücken hinter mir abgebrochen. Ich bin tot, Diz. Niemand auf dieser Welt weiß, daß ich lebe. Nur du.«
    »Und das gefällt dir?«
    »Das ist Freiheit. Mir ist nie bewußt gewesen, wie das, was ich früher getan habe, mich aufgehalten hat. Die Gewohnheiten, die Erwartungen anderer, ich weiß nicht, was schlimmer ist. Jetzt gibt es beides nicht mehr. Es ist, als hätte man eine zweite Chance bekommen. Eine Wiedergeburt.«
    »Davon sprechen die Leute, die an Jesus glauben, auch.«
    Rusty lachte. »Das hat nichts mit Vergebung zu tun, Diz. Es ist ein sauberer Schnitt.« Er nahm einen Schluck aus der Flasche. »Wie steht’s mit dir? Weiß irgendwer, daß du hier bist?«
    Hardy entschied sich, sein Spiel fortzusetzen. »Keine Menschenseele«, log er, »aber ich fühle mich noch immer wie Dismas Hardy. Mit einer Menge Gepäck.«
    »Nur, wenn du dich nicht davon löst.«
    Mit der Flasche in der Hand ging er zum Rand der Klippe. Hardy blieb im Abstand von vier oder fünf Schritten hinter ihm, nahe genug am Rand, um eine glitzernde Welle zu sehen, die sich tief unten mit fernem Donner brach.
    »Vielleicht hast du einfach nichts, was dich aufrechthält«, sagte Hardy.
    Rusty kicherte. »Darauf kannst du wetten.« Er drehte sich um und sah Hardy an. »Glaubst du denn, es gibt etwas, das einen aufrechthält? Zehn Jahre, Diz, habe ich es damit versucht. Es hat mich fertiggemacht.«
    »Ich habe es zehn Jahre lang aufgegeben, und das hat mich fertiggemacht.«
    Rusty nahm einen tüchtigen Schluck. »Da hast du’s«, sagte er. Er ging zum Rand der Klippe und beugte sich vor, um hinunterzusehen. Dann richtete er sich auf und drehte sich halb um. »Ich will einfach nicht mehr so viel nachdenken. Oder versuchen, etwas zu tun. Mein Ehrgeiz ist den Bach hinunter, vor allem, seit ich hierher gekommen bin. Ich mache meine Wetten, studiere die Spiele, reiße ein paar Hühner auf. Wenn du wissen willst, was es heißt zu leben, dann hör auf mich: Geh nicht zurück nach San Francisco. Blieb hier. Laß dich fallen.«
    »Nein.«
    Rusty zuckte die Schultern, führte die Flasche erneut an die Lippen. Dann setzte er sich abrupt nieder und hängte die Beine über die Kante. Er klopfte neben sich auf den Boden. »Setz dich, Diz. Nimm einen Schluck.« Er hielt ihm die Rasche entgegen.
    »Mir geht’s gut«, sagte Hardy. »Was hältst du davon, wenn wir nach Hause gehen?«
    Die Versuchung überkam Hardy. Rusty hatte Maxine Weir ermordet und ihr Geld gestohlen. Er hatte dafür gesorgt, daß Louis Baker neun Jahre Rehabilitation im Gefängnis ausradiert waren. Er selbst, Hardy, würde seines Lebens nicht sicher sein, solange Rusty frei war. Rusty konnte ihn nicht zurückkehren lassen, irgendwann würde es sich herumsprechen, daß er hier war. Rusty hatte für das Leben, das er führen wollte, getötet, und Hardy hatte keinen Zweifel daran, daß er es wieder tun würde. Und jetzt saß der Kerl am Rand

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