Die Rache
Rusty noch nicht sicher, wie Dismas Hardy sich auf sein Glück auswirken würde. Der Plan, ihn in San Francisco zu benutzen, um Baker zu beschuldigen und die Nachricht verbreiten zu lassen, daß er tot sei, hatte offenbar nicht funktioniert, Hardy war zu feige gewesen. Rusty hatte ihn eigentlich als zähen Burschen in Erinnerung und hätte geschworen, Hardy wäre zur Polizei gegangen, hätte seine Geschichte erzählt.
Aber nein, er war abgehauen … Gut, er hatte nicht für alle Eventualitäten Vorsorge treffen können. Wenigstens das hatte das Spielen ihn gelehrt.
Er entschied, daß die Begegnung mit Hardy in Acapulco ein Glücksfall war, ein Zeichen wie die Gewinne heute beim Spiel, daß er auf dem aufsteigenden Ast war. Es tat ihm leid, daß er D. C. hatte aufgeben müssen, aber er wußte, in welchem Hotel sie wohnte, und konnte, wenn er wollte, dort jederzeit vorbeigehen. Aber das wäre vielleicht nicht besonders klug, immerhin hatte sie ihn mit Hardy gesehen. Je weniger man sie miteinander in Verbindung bringen konnte, desto besser.
Er fuhr auf die Straße, an der Bucht entlang, bog dann nach Norden ab. Zu schade. D. C. war wirklich eine Frau nach seinem Geschmack – jung, leidenschaftlich, schön, nicht zu tiefsinnig. Nach Acapulco gekommen, um sich zu vergnügen, und entschlossen, sich das Vergnügen zu verschaffen. Aber mit dem Alkohol hatte sie Probleme.
Rusty bog von der Straße ab und sah auf die Uhr. Fast ein Uhr nachts. Hardy und er hatten D. C. um halb zehn in ihr Zimmer im Las Brisas getragen.
Er war in Hochstimmung. Die Dinge liefen perfekt, und das war genau der richtige Moment, um zuzupacken. Verlierer waren die, die nicht losrannten, wenn sie den Ball in die Hände bekamen, und er war kein Verlierer. Nicht mehr. Er war unbesiegbar.
Diesmal nahm er tatsächlich einen Schluck aus der Flasche, dann wendete er und fuhr zurück in Richtung Stadt, Richtung D. C. und dem entgegen, was seinem Gefühl nach jetzt für ihn das richtige war.
Morgen früh würde er sich um die Leiche am Fuß der Klippen kümmern. Er würde zu dem Restaurant gehen, wo sie den Abend begonnen hatten, und fragen, ob jemand seinen Freund gesehen hatte. Die ersten Springer würden ihn finden – wenn die Flut ihn nicht fortgespült hatte.
Er dachte über Hardy nach. Anfangs hatte er eigentlich nicht vorgehabt, seinetwegen etwas zu unternehmen, aber so wie die Dinge sich im Lauf der Nacht entwickelt hatten, war es unvermeidlich geworden. Hardy wäre nach San Francisco zurückgekehrt, hätte jemandem erzählt, er habe Rusty gesehen … Verdammt, der Kerl war Barkeeper, und es war eine großartige Geschichte. Irgendwann würde die Nachricht dann zu Tortoni gelangen oder sogar zur Polizei, was noch ein bißchen schlimmer gewesen wäre.
Manchmal war ihm gar nicht mehr bewußt, daß er Maxine getötet hatte.
Man stelle sich vor – so etwas zu vergessen. Wie die Sache mit Hardy heute nacht war es impulsiv geschehen, aus der Situation heraus. Er hatte Louis einen schönen Schrecken eingejagt, hatte ihm mit der Waffe den Mut genommen. Auch mit einer lächerlichen .22er ließen sich höllische Wunden verursachen. Baker ging, Maxine tauchte auf. Er hatte das Geld in der Aktentasche, fast dreißigtausend, und das hätte ihm auch gereicht, wenn ihm nicht die restlichen sechzigtausend geradewegs ins Gesicht gesprungen wären.
Nein. Die Sache mit Maxine war sowieso zu kompliziert geworden. Er wollte einfach tot sein, für sie wie für alle anderen. Aber dann war die dämliche Kuh einen Tag vor ihrer gemeinsamen Abreise mit ihrem Geld im Seesack erschienen …
Er parkte vor D. C.’s Bungalow. Jeder Gast des Las Brisas hatte seinen eigenen Parkplatz. Er trank noch einen Schluck Tequila, dachte wieder an Maxine. Eigenartig, er hatte es sich vorher nicht weiter überlegt. Seine spontanen Reaktionen waren großartig, von einer Sekunde zur nächsten zu entscheiden, das lag ihm. Deshalb hatte er vor Gericht so brilliert.
An jenem Mittwoch abend war Maxine unerwartet gekommen. Sie war unbeschwert, glücklich, endlich San Francisco und diese toten Träume hinter sich zu lassen. Ist das nicht wundervoll, Rusty?
Gewiß, wundervoll.
Aber er erwartete in zwei Stunden Johnny LaGuardia wegen der Leihgebühr, und vorher mußte Rusty Ingraham tot sein, mußte eine Blutspur zur Reling führen, ein Körper in die Bucht treiben.
Sie war in Fahrt, erregt, wild auf ihr neues Leben, fing an, ihn zu necken, und das hatte sie wirklich gut gekonnt. Okay,
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