Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
Vom Netzwerk:
Hormonschübe, die ihr schon im ersten Schwangerschaftsdrittel solche Schwierigkeiten bereitet hatten, aber sie wußte, das war es nicht allein. Dismas hatte sich in ihr Leben gedrängt, und sie hatte es begrüßt. Und jetzt rief ihr jede Kleinigkeit – sein Geschirr zu spülen, ihm Kaffee einzuschenken – ins Gedächtnis zurück, daß auch dies ein Ende haben würde, und der Gedanke ließ sie schaudern. Dann würde sie wieder allein sein.
    Nein, es war nicht nur das. Seit Eddies Tod war sie sich der Sterblichkeit schmerzlich bewußt. Sie hatte versucht, das Gefühl zu überwinden, daß alles sterben würde, und bei Dismas war es nicht nur Theorie, sondern tatsächlich eine Möglichkeit. Er glaubte, daß sein Leben in Gefahr war, und er litt nicht unter Verfolgungswahn. Sie glaubte es auch.
    Wenn Dismas sterben würde, wie Eddie vor ihm gestorben war, würde mit ihm auch all das sterben, was die Zukunft für sie beide möglicherweise noch bereithielt …
    Als das Telefon klingelte, drehte sie sich wieder um. Dismas nahm nach dem ersten Klingeln ab. Er sprach zu leise, als daß sie die Worte hätte verstehen können. Es mußte Abe Glitsky sein, dachte sie. Das Gespräch dauerte nicht lange.
    Laut wurde der Hörer aufgeknallt, gefolgt von einem leisen Klingeln des Protests. Sie sah auf die Uhr, froh, daß sie morgen nicht aufstehen und arbeiten mußte. Wieder hörte sie das Rascheln von Zeitungspapier.
    Sie zog den Flanellbademantel über, ging barfuß zur Küche, lehnte sich gegen den Türpfosten. Ihr Herz verkrampfte sich bei seinem Anblick. Er saß, den Kopf in den Händen, am Tisch, über die aufgeschlagene Zeitung gebeugt. Sie ging durch die Küche, legte ihm die Hände auf die Schultern und streichelte ihn.
    »Es war Abe«, sagte er.
    »Das habe ich mir gedacht.«
    »Nein. Nicht nur jetzt am Telefon. Abe war der Mann im Shamrock, nicht Baker. Er sagt, er habe schon vermutet, daß alle Schwarzen für uns gleich aussehen.«
    »Das ist nicht fair. Er hätte Moses einfach sagen sollen, wer er ist.«
    »Warum sollte er? Er hat nach mir gesucht. Er wußte, daß es eigentlich meine Schicht war. Er hat Moses gefragt, Moses hat ihm gesagt, daß ich nicht da bin, und er ist wieder gegangen. Alles ganz normal, es war schließlich kein offizieller Besuch.« Er atmete schwer. »Jetzt ist er wirklich davon überzeugt, daß Louis Baker mir im Traum begegnet. Was auch stimmt. Er wollte von der verdammten Waffe nichts hören.«
    Sie massierte die Muskeln zu beiden Seiten seiner Wirbelsäule, und er lehnte sich zurück, dem Druck entgegen. »Wozu brauchst du die Zeitung?« fragte sie.
    »Gezeitenpläne.«
    »Gehst du angeln?«
    »In gewissem Sinne.« Dann sagte er: »Das ist angenehm.«
    Er verschränkte die Arme auf dem Tisch und legte den Kopf darauf, und sie fuhr fort, ihm den Rücken und den Nacken zu massieren, die harten Verkrampfungen unter den Schulterblättern und die weicheren Muskeln weiter unten zu lockern. Sein Atem wurde ruhiger, regelmäßig. Sie beugte sich über ihn und legte ihren Mund an sein Ohr. »Warum schläfst du jetzt nicht ein bißchen?«
    Langsam richtete er sich im Stuhl auf, nahm die Waffe, vergewisserte sich, daß sie gesichert war, und stand auf. »Gute Idee«, sagte er und wandte sich ihr zu. »Meinst du, du hast eine Umarmung übrig?«
    Sie legte ihre Arme um ihn, und sie standen und hielten sich fest. »Paß auf dich auf, Dismas«, murmelte sie. »Ich bin nicht bereit, zwei Männer, die ich liebe, im selben Jahr zu verlieren.«
     
    Die Nacht war warm und hell vom Licht des Mondes. Die Studenten waren lange genug wieder in der Stadt, um zu wissen, wo es guten Stoff und gute Partys gab. Das Geld floß in Strömen, denn am Semesteranfang hatten all die Mummys und Daddys sie mit gepackten Koffern und Geld für Bücher, fürs Kino, fürs Essen zurückgeschickt. Geld.
    Das Bündel in Didos Tasche war dick. Seine Kehle schmerzte noch an der Stelle, wo Louis Baker ihn getroffen hatte. Aber darum würde er sich später kümmern. Jetzt ging er seinen Geschäften nach. Meist verkaufte er Zwanziger-Beutel – vier Portionen. Er hätte auch Hunderter verkaufen können, aber die meisten jungen Leute schienen heute auf den kurzen, schnellen Spaß aus zu sein. Einmal probieren und dann feiern. Später im Jahr würde er weniger Käufer finden, aber die, die dann kauften, würden Hunderter nehmen, und so glich es sich aus. Probier Crack für eine Party, und bald kannst du keine Party mehr ohne Crack

Weitere Kostenlose Bücher