Die Rache
des Individuums glauben. Weil niemand, der Mist baue, die Ordnung des Kosmos zerstören könne, könne auch niemand eine Erleuchtung haben und ihn wieder aufbauen.«
»Genau daran habe ich gestern gedacht.«
Glitsky warf einen Seitenblick auf seinen Freund. »Wie sind wir überhaupt darauf gekommen?«
»Du hast gesagt, Louis Bakers Verurteilung würde die Ordnung des Kosmos wiederherstellen.«
Glitsky nickte. »Ja, richtig. Komm, holen wir uns noch ein paar Bier.«
Sie gingen zum Haus zurück. Hardy fing wieder an: »Ich verstehe immer noch nicht, weshalb Baker von dem Mädchen nichts wußte …«
»Vielleicht hat er sich so sehr auf Rusty konzentriert, daß er Maxine überhaupt nicht bemerkt hat.«
»Er hat die nackte Frau nicht gesehen, auf die er dreimal geschossen hat?«
Glitsky blieb an der Haustür stehen, und sie standen eine Weile schweigend mit den Händen in den Hosentaschen auf der Veranda. Irgendwo in Hörweite, vielleicht vor dem Haus, spielten die Jungen. Hardy war überrascht, als er seinen Atem in der Luft hängen sah. Plötzlich war es kalt geworden. Das Hochdruckgebiet hatte den Himmel fast violett gefärbt.
»Okay, also hat er sie bemerkt«, sagte Glitsky.
»Aber das ist doch der Punkt, Abe. Baker hat gesagt, er habe keine Ahnung, wovon ich spreche, als ich ihm erzählte, eine Frau sei auf Rustys Schlepper ermordet worden. Und er klang überzeugend, sogar für meine Ohren.«
Glitsky zuckte die Schultern. »Er hat gelogen.«
»Glaube ich nicht.«
»Das ist dein Problem.«
»Wenn er nicht gelogen hat, bedeutet das, daß er nicht dort war, als Rusty erschossen wurde.
»Diz, seine Fingerabdrücke waren dort.«
»Gott im Himmel, Abe, meine Fingerabdrücke waren auch dort.«
»Aha.« Abe hob den Zeigefinger. »Eine weitere heiße Spur in diesem Fall.«
»Du hast gut lachen.«
»Allerdings, Diz. Erinner dich: Gestern noch warst du der personifizierte Zorn des Volkes, der nach Louis Bakers Blut schrie. Und ich, bei aller Bescheidenheit, war der Repräsentant von Recht und Gesetz unserer Gesellschaft …«
»Hast du ein Paar Stiefel?«
»Wie bitte?«
»Ich gerate immer tiefer in diese Sache und werde bald Stiefel brauchen.«
Glitsky legte seinem Freund den Arm um die Schultern. »Ich werde dir etwas sagen: Wir, die Polizei, können nicht nach Lust und Laune der Öffentlichkeit, die wir schützen sollen, herumspringen. Das, alter Kumpel, schließt dich mit ein. Gestern warst du davon überzeugt, daß Louis Baker alles getan hat, was du dir nur vorstellen konntest. Und heute? Heute willst du, daß ich andere Verdächtige überprüfe, nachdem ich gerade herausgefunden habe, daß Louis Baker tatsächlich aus gutem Grund verdächtigt werden muß: die Fingerabdrücke auf dem Kahn. Er war dort, hatte ein Motiv, die Gelegenheit, ist inzwischen der Verdächtige Nummer eins – und jetzt willst du, daß ich ihn fallenlasse? Ein bißchen viel Ironie, finde ich.«
»Ich will nicht, daß du ihn fallenläßt. Ich dachte nur, daß du bei deinem Hunger nach Gerechtigkeit einfach gründlich sein …«
Glitsky preßte Luft durch die zusammengekniffenen Lippen. »Ich war gründlich, und ich werde weiterhin gründlich sein. Aber seit gestern hat sich einiges geändert. Zum einen: Louis hat sich eine Waffe besorgt und einen Einbruch begangen. Das läßt seinen Sinneswandel im Gefängnis als reichlich fraglich erscheinen – zumindest für mich. Zweitens war er tatsächlich auf Rustys Kahn. Gestern haben wir von alledem nichts gewußt, und dieses Wissen schiebt den guten alten Louis heute auf der Leiter der Verdächtigen einige Sprossen höher. Ich hätte übrigens wirklich gern ein Bier.«
Hardy bewegte sich nicht, als Abe gegen die Tür drückte. Glitsky seufzte. »Okay. Was willst du?«
»Du bist bei Medina gewesen. Aber … Wer ist Johnny LaGuardia? Wie paßt Ray Weir in die Sache? Du hast als Polizist einfach Möglichkeiten, die ich nicht habe.«
»Tausende.«
»Verdammt, Abe, dann nutze ein paar davon.«
Abe schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil ich draußen bin, Diz. Weg. Wenn Los Angeles mich nimmt, ist das hier nicht mehr mein Zuständigkeitsbereich, und diese Fälle werden nicht mehr meine Fälle sein. Ich lege auch keinen Wert darauf. Außerdem glaube ich, daß unser Louis Baker höchstwahrscheinlich der ist, den wir gesucht haben. Wir haben genug, um ihn vor Gericht zu bringen, und danach bleibt die Sache dem Staatsanwalt und zwölf Geschworenen überlassen –
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