Die Rache
erwiderte, als es vielleicht angebracht gewesen wäre. Wenn er sich überhaupt etwas fragte. Sie trat einen Schritt zurück.
»Ich hatte Lust, das zu tun«, sagte sie.
»Mir ist schon Schlimmeres passiert.«
»Wollen Sie es noch mal versuchen?«
Er war nicht wirklich scharf auf sie. Na gut, vielleicht ein wenig … Aber er dachte an Frannie und dann an Jane und dann an den Lambada, der hinter der Tür getanzt wurde, und ihm wurde klar, daß das hier nicht zu ihm paßte. »Wir sollten es besser lassen«, sagte er.
»In Ordnung«, erwiderte sie. Sie zog ein letztes Mal an der Zigarette, warf sie zu Boden und trat sie aus.
Hardy wußte, was sie dachte. Die übliche Reaktion einer Frau in San Francisco auf eine solche Zurückweisung war die Annahme, der Mann sei schwul.
»Nur für den Bericht«, sagte er, »meine sexuelle Orientierung ist anders, als es Ihnen jetzt vielleicht vorkommen mag.«
Sie sah ihn an. Noch immer verwirrte ihn ihre Größe ein wenig. Ihr Gesicht wurde weicher. »Sie sind verheiratet.«
»Befreundet.«
»Und treu?«
Das traf es nicht ganz, aber Hardy beließ es dabei.
»So lange es niemand merkt«, sagte sie, »gibt es kein Problem, oder? Ich erzähle Warren nichts davon. Er würde mich verlassen, und damit hätte ich nicht nur ihn, sondern auch meine Karriere verloren. Ich liebe ihn. Aber Liebe und Sex darf man nicht durcheinanderbringen, sonst vermasselt man sich beides.«
Vor ein paar Tagen hätte Hardy noch sagen können, er bringe Liebe und Sex nicht durcheinander, weil sie zusammengehörten. Vielleicht galt das noch, aber darüber wollte er später nachdenken. »Ich bin hier wegen Maxine und Ray.«
»Sind Sie von der Polizei?«
»Nein.«
»Hatten Sie etwas mit Maxine?«
Diesmal lachte Hardy. »Sie können das jetzt interpretieren, wie Sie wollen: Ich hatte etwas mit Rusty Ingraham.«
»Ist er ein Freund von Ihnen?«
»Warum fragen Sie in so einem Ton? Ist das so unwahrscheinlich?«
Courtenay sah an Hardy hinauf und hinunter. »Allerdings. Sehr unwahrscheinlich.«
Hardy dachte eine Minute lang darüber nach. »Er ist tot.«
»Was?« Sie war geschockt.
Hardy erzählte. Danach ließ er einige Zeit wortlos verstreichen. »Möglicherweise wird der falsche Mann dafür angeklagt«, sagte er endlich. »Und das könnte unter anderem an mir liegen.«
»Auch ein Freund von Ihnen?«
»Nicht direkt. Die Polizei hat ihn aus dem Verkehr gezogen. Er hat gedroht, mich umzubringen.« Hardy erklärte ihr, warum, fügte aber hinzu, daß er mit der Polizei und der Staatsanwaltschaft nichts mehr zu tun habe.
»Wo steckt also das Problem, wenn er im Gefängnis ist?«
Hardy führte seine Bierdose an die Lippen und stellte fest, daß sie leer war. Er ließ sich auf den Stufen nieder, und Courtenay setzte sich neben ihn. »Ich will einfach sichergehen. Ich habe den Burschen heute gesehen und hatte das Gefühl, daß er nicht wußte, wovon ich sprach.«
Er machte eine Pause. »Er wußte überhaupt nicht, daß Maxine dort war.«
»Und warum sind Sie hier?«
»Wenn dieser Bursche es nicht getan hat, muß jemand anderes meinen Freund Rusty umgebracht haben, und es sieht so aus, als könnte er damit durchkommen.«
»Oder sie.«
Hardy hob die Dose, schüttelte sie und vergegenwärtigte sich, daß sie leer war. Er sah zu ihr auf. »Erzählen Sie mir von Ray Weir?«
Sie zog eine neue Zigarette heraus und steckte sie an. »Was wollen Sie wissen?«
»Ob er ein eifersüchtiger Typ ist, zum Beispiel.«
Sie blies den Rauch nach oben. »Es hat ihm das Herz gebrochen.«
»Die Sache mit Maxine und Rusty?«
Sie nickte. »Er konnte es einfach nicht fassen. Er war fest davon überzeugt, daß es vorübergehen würde. Dabei lebte Maxine praktisch mit ihrem neuen Kerl zusammen, war längst ausgezogen … Was hat Ray sich nur gedacht? Na, er konnte es nicht akzeptieren. Haben Sie den Schrein da drinnen gesehen? All diese Bilder … Ich glaube, jedes verdammte Foto, das je von ihr gemacht worden ist, hängt dort. Sogar jetzt noch, wo sie tot ist.« Sie erschauerte. »Verrückt, finden Sie nicht?«
Hardy wußte nicht, ob es verrückt war. Er wollte wissen, ob Ray jemals geäußert habe, er werde wegen Maxine etwas unternehmen. Losgehen und sie zurückholen, zum Beispiel.
Courtenay schüttelte den Kopf. »Dazu hätte er es erst verstehen müssen, und das konnte er nicht.« Sie blies den Rauch aus, versuchte sich zu erinnern. »Er kam jeden Tag vorbei, während Warren und ich mit dem Schnitt beschäftigt
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