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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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waren, und begann immer ganz ruhig … Wie geht der Film voran und so. Und dann sah er Maxine und drehte durch.«
    »Er drehte durch?«
    »Sprach mit ihr, als wäre sie da. Stritt mit ihr, überredete sie, zu ihm zurückzukommen, bat sie um ein Treffen. Ziemlich eigenartig. Er ging uns unglaublich auf die Nerven. Ich meine, wir versuchen, einen Film zu schneiden, und das ist verdammt anstrengend, und Ray … Letzte Woche platzte Warren dann der Kragen, er sagte ihm, er solle verschwinden, bis er die Sache überstanden habe. Geh zu ihr, sagte er, sieh sie dir an, stell dir vor, was da abläuft, und werde endlich damit fertig.«
    »Und dann?«
    »Er ging. Dann hörten wir, daß Maxine tot war.«
    »Ermordet mit Rays Waffe.«
    Sie richtete die Augen auf ihn. »Ist das wahr?«
    »Er hat behauptet, sie habe ihn zu ihrem Schutz um die Waffe gebeten, als sie ausgezogen war.«
    Sie schien mit etwas zu ringen. »Davon weiß ich nichts … Aber warum hat ihn die Polizei nicht verhaftet?«
    »Sie sind der Ansicht, sie hätten einen besseren Verdächtigen. Ich habe es vorhin erwähnt.«
    Sie dachte nach. »Dann muß eine Menge gegen ihn sprechen.«
    »Ein Schwarzer, der auf Bewährung draußen ist und gedroht hat, Rusty umzubringen, und dessen Fingerabdrücke in Rustys Wohnung waren.«
    »Ja, das klingt ziemlich überzeugend. Ich glaube nicht, daß Ray Maxine hätte umbringen können. Warren glaubt, er hat es getan, aber ich … ich weiß nicht …«
    »Sehen wir zu, ob wir’s herausfinden«, sagte Hardy.
     
    Wie in alten Collegezeiten. Es war nach Mitternacht, sie saßen bei Kerzenlicht auf dem Boden, Van Morrison klang leise aus der Stereoanlage. Das Lambada-Volk war nach Hause gegangen, nur Courtenay, Warren, Ray und er waren noch da. Die drei anderen rauchten Marihuana, was Hardy in der letzten Zeit nicht mehr oft zu sehen bekommen hatte. Er erklärte ihnen, er habe Lungenprobleme.
    Sie saßen in einem Winkel des Zimmers, Courtenay und Warren verschlungen in einem Knautschsessel, Ray und Hardy auf dem Fußboden. Hardy war nach dem vierten Bier zu Wasser übergegangen und hatte sich die Dose bestimmt ein halbes Dutzend Male nachgefüllt.
    Das Gespräch drehte sich ums Filmgeschäft. Warren hatte vier oder fünf Investoren und etwa zweihunderttausend Dollar aufgetrieben, was in Hollywood nicht einmal für einen Kurzfilm reichte, aber für die vierzig Minuten Softporno mit Maxine, die sie vorhin gesehen hatten, war es genug. Rays Skript war ein Anfang und konnte ihm die Türen zu den ›richtigen‹ Studios unten in Los Angeles öffnen. Warren zahlte sich und Courtenay ein Gehalt für die Regie und den Schnitt, und Warren machte Punkte bei den Produzenten. Das erklärte die nagelneue Kleidung, die Movado -Uhr und, dachte Hardy, den Arm, den er um Courtenay gelegt hatte.
    Hardy begriff schnell, daß für diese Leute nur das Filmemachen existierte. Alles wurde daraufhin geprüft, ob es für einen Film taugte oder nicht.
    Er streckte sich auf dem Boden aus. Courtenay berührte seinen Fuß mit ihrem, darauf bedacht, es als zufällig erscheinen zu lassen. »Warum sagt man eigentlich Film?« fragte Hardy. »Was ist mit dem guten alten Kino passiert? Ich dachte immer, Film sei das Zeug in der Kamera.«
    Warren wirkte verletzt. »Nein. Film ist Video. Fernsehen. Gott im Himmel.«
    »Tut mir leid.«
    »Ein wichtiger Unterschied«, sagte Ray.
    »Sicher«, erwiderte Hardy. »Ich habe es begriffen. Film ist das Negativ des Videos. Und das Negativ ist der Film, den man braucht, um einen Film zu machen. Einen richtigen Film. Einen Kinofilm, zum Beispiel.« Courtenay trat auf seinen Fuß. »Mit der Kamera, meine ich.« Hardy fürchtete, er sei vom passiven Rauchen ein wenig high geworden. Er wackelte mit den Zehen.
    »Beim Jupiter, jetzt hat er’s!« rief Courtenay wie Henry Higgins in My Fair Lady .
    Einen Augenblick herrschte Stille, als das Lied zu Ende war. Dann begann tief und seelenvoll ein Saxophon zu spielen.
    »Klingt, als würde jemand weinen«, sagte Ray.
    »Kannst du ihr das vorwerfen?«
    Ray setzte sich auf. »Wem?«
    »Wem wohl?« schnarrte Warren.
    »Hör auf!«
    »Du hast sie umgebracht, Ray«, sagte Warren. »Also hör du auf.«
    »Sie ist nicht hier.« Ray war völlig bekifft. »Wovon zum Teufel redest du?«
    »Sieh dich um«, sagte Warren. »Sie ist mehr hier als wir.«
    Das Saxophon wurde lauter. Hardy bemerkte, daß er wie die anderen auf die unzähligen Fotos mit dem Körper, dem Gesicht und den Posen von Maxine Weir

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