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Die Radleys

Titel: Die Radleys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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gefolgt.
    Dort angekommen, hatte er seinen schlimmsten Albtraum wahr werden sehen. Der heile und perfekte Traum jener Nacht im Jahr 1992, der süßeste und reinste seines Lebens, lag zerschlagen auf einem schmutzigen Toilettenboden und floss davon. Das war zu viel gewesen. Er hatte eine Weile dagestanden, die kleinen gläsernen Flossen angestarrt, die aus ihrem Blut auftauchten, und versucht, den Anblick zu ertragen.
    Und dann war das Mädchen hereingekommen. Das Copeland-Mädchen. Die so aussah, wie ihre Mutter einmal ausgesehen haben mochte, mit der gleichen Angst in den Augen.
    Er hatte sie gepackt, weil es keinen Grund gab, sie nicht zu packen. Und jetzt, gerade jetzt, während er sie beißt, starrt er immer noch auf das Blut am Boden, bis er die Augen schließt.
    Er schwimmt in einem See voller Blut, diesmal sogar ohne Boot. Schwimmt einfach unter Wasser.
    Unter Blut.
    Aber während er das Leben aus ihr heraussaugt, kommt ihm wieder die gleiche schreckliche Erkenntnis. Die von letzter Nacht, mit Isobel im Black Narcissus.
    Es ist nicht genug.
    Es ist nicht einmal annähernd genug.
    Und es ist nicht genug, weil es nicht Helen ist.
    Am meisten irritiert ihn, dass Eve fast genauso schmeckt wie ihre Mutter, doch als er Tess aussaugte, hatte er sehr viel Spaß dabei gehabt und keinen Gedanken an die Frau verschwendet, die ihm jetzt nicht aus dem Kopf geht.
    Nein.
    Das schmeckt mir nicht.
    Mir schmeckt nichts außer Helen.
    Und als diese Wahrheit in seinem Kopf klarer wird, schmeckt das Blut, das ihm die Kehle hinunterrinnt, immer scheußlicher. Er sieht sich an der Oberfläche des Sees auftauchen, wo er nach Luft schnappt.
    Und Eve hat er losgelassen, wie ihm auffällt, obwohl sie noch gar nicht tot ist.
    Mir egal, denkt er, wie ein trotziges Kind.
    Er will ihr Blut nicht.
    Er will Helens Blut.
    Eve ist noch nicht tot, wird es aber bald sein. Er sieht zu, wie sie sich an den Hals fasst, wobei das Blut zwischen ihren Fingern hindurchläuft und auf ihr T-Shirt tropft – von einer Band, von der er noch nie gehört hat –, und er hat sich noch nie so leer gefühlt. Er blickt zu Boden und erkennt, dass eigentlich er die Flasche ist, aus der alles Wesentliche herausgeflossen ist.
    Sie lehnt an den Fliesen und sieht ihn furchtsam und erschöpft an.
    Was alles auf den Gesichtern von Unblutigen passiert!Lauter unsinnige Signale, die dazu führen sollen, dass man – was denn eigentlich? Sich schuldig fühlt? Sich schämt? Mitleid hat?
    Mitleid.
    Er hat kein Mitleid mehr empfunden, seit er mit drei weiteren Pilgern gen Ibiza loszog, wo Lord Byron allein in seiner Höhle im Sterben lag. Der jahrhundertealte Poet hatte blass, zerbrechlich und uralt – beinahe wie sein eigener Geist – in einem Ruderboot gelegen, mit einer Kerze in der Hand. War das damals wirklich Mitleid gewesen oder Angst vor dem eigenen Schicksal?
    Nein, denkt er.
    Mitleid ist auch nicht mehr als eine Kraft, die einen schwächt. Wie die Schwerkraft. Dafür geschaffen, um die Unblutigen und Abstinenzler in ihren kleinen Dörfern am Boden zu halten.

[Menü]
    DER ZETTEL
    Jared hatte über eine Stunde im Gebüsch gehockt und auf
     irgendeine Bestätigung gewartet, dass Alison Glenny ihm die Wahrheit gesagt hatte.
     Dass Will Radley von seiner Schwägerin getötet werden würde. Eine Weile sah er
     nichts, obwohl ihn beruhigte, dass ein BMW dort parkte, den er nicht kannte, am Ende
     der Straße. Glennys Wagen, nahm er an. Aber dann zerschlugen sich seine Hoffnungen,
     als er sah, wie jemand das Haus verließ.
    Will Radley. Lebendig.
    Als er beobachtete, wie er zuerst im Camper verschwand und
     dann wenig später davonflog, drehte sich ihm der Magen um. Einen Moment lang hatte
     er das Gefühl, beinahe kotzen zu müssen, wegen des vielen Knoblauchs zuvor, aber
     dann kam eine kühle Brise, die ihm half, die Übelkeit zu unterdrücken.
    »Nein«, sagte er zu den grünen Blättern um ihn herum.
     »Nein, nein, nein .«
    Jared hatte sich dann aus den Büschen befreit und auf den
     Heimweg gemacht. Als er an Alison Glennys Auto vorbeilief, hatte er ans Fenster
     geklopft. »Ihr hübscher Plan hat nicht funktioniert.« Neben ihr saß noch jemand im
     Auto. Irgendein dickbäuchiger, glattrasierter Bär von Polizist, den er nicht kannte,
     starrte ungläubig durch die Windschutzscheibe zum Himmel hinauf.
    »Wir haben ihr bis Mitternacht Zeit gegeben«, sagte Alisonmit einer Stimme, die so kalt war wie ein Pistolenlauf. »Und
     wir geben ihr immer noch Zeit bis

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