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Die Radleys

Titel: Die Radleys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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das alles ein Irrtum war. Wenn dein Boss fragt, wo das Geld geblieben ist, wirst du sagen, du weißt es nicht, weil es genauso sein wird. Dann wirst du auch wissen, dass es einem besseren Mann gehört.«
    Er entfernt sich, stößt die Tür auf. Im Camper angekommen lächelt Will, als sich der Junge die Kopfhörer wieder in die Ohren stopft und nicht die geringste Ahnung hat, was eben passiert ist.

[Menü]
    RÜHREI
    »Komm nicht hierher. Bitte.«
    Keine der Personen am Küchentisch hört Helens Gebet, das sie beim Rühren der Eier in die Pfanne flüstert. Es wird zuverlässig von Radio 4 übertönt.
    Während sie weiterrührt, denkt sie über die Lügen nach, die sie ihren Kindern unter anderem auch über sich selbst erzählt hat. Lügen, die anfingen, als sie in den Windeln lagen, wenn sie ihren Freundinnen beim National Childbirth Trust erzählte, dass sie zur Flaschennahrung übergegangen sei, weil sich die Hebamme wegen »Laktoseunverträglichkeit« Sorgen mache. Sie wagte es nicht zu erzählen, dass die Kinder schon vor den ersten Zähnen so heftig gesaugt und gebissen hatten, dass sie blutete. Clara war in dieser Hinsicht schlimmer gewesen als Rowan, sodass Helen ihren überzeugten Muttermilchfreundinnen gestehen musste, dass sie nach drei Wochen abgestillt hatte.
    Sie weiß, dass Peter recht hat.
    Sie weiß, dass Will Kontakte hat und Talente. Wie hieß das noch? Blutdenken. Er konnte bei Leuten blutdenken. Blutgenährte hypnotische Kräfte. Aber trotzdem gibt es Dinge, die Peter immer noch nicht versteht. Er hat noch nicht ganz begriffen, auf welches Spiel er sich einlässt.
    Die Eier sind inzwischen mehr als fertig, stellt sie fest, kratzt sie vom Pfannenboden ab und dreht sich um, um sie auf den jeweiligen Toasts zu verteilen.
    Ihr Sohn sieht ihr zu, verblüfft über die Vorspiegelung von Normalität.
    »Heute ist Samstag, also gibt es Rührei«, erklärt sie. »Es ist Samstag.«
    »Zu Hause bei den Vampiren.«
    »Rowan, ich bitte dich«, sagt Peter, als Ei auf seinen Toast floppt.
    Helen bietet Clara Rührei an, die nickt und damit ihrem Bruder einen höhnischen Seufzer entlockt.
    »Also, Peter und ich sind uns einig«, sagt Helen, als sie sich setzt. »Wenn wir das hier als Familie durchstehen und sichergehen wollen, dass niemandem etwas passiert, dann müssen wir uns so normal wie möglich verhalten. Ich meine, die Leute werden anfangen zu reden und Fragen zu stellen über letzte Nacht. Vielleicht auch die Polizei. Obwohl bis jetzt wahrscheinlich noch nicht einmal eine Vermisstenanzeige vorliegt und etwas anderes erst recht nicht. Nicht vor Ablauf von 24 Stunden … Aber wir dürfen uns nicht verdächtig machen.«
    Ihr Blick sucht Unterstützung bei Peter.
    »Eure Mutter hat recht«, sagt er, während sie alle Clara beobachten, die anfängt, ihr Rührei zu essen.
    »Du isst Eier«, stellt Rowan fest. »Eier sind von Hühnern. Hühner sind Lebewesen.«
    Clara zuckt mit den Schultern. »Was du nicht sagst.«
    »Komm schon, sie muss wieder mit ihrer normalen Ernährung anfangen«, sagt Peter. Rowan erinnert sich an den beiläufigen Tonfall, in dem sein Vater in der vergangenen Nacht all die berühmten Vampire aufgezählt hat. Und dann an Clara, die am vergangenen Samstag um die gleiche Zeit verkündete, warum sie unter die Veganer gegangen war.
    »Was ist aus dem Vortrag über das ›Hühner-Auschwitz‹ von letzter Woche geworden?«
    »Die hier sind aus Freilandhaltung«, sagt seine Mutter.
    Clara wirft Rowan einen bösen Blick zu. Aus ihren Augen, befreit von den Brillengläsern, leuchtet frisches Leben. Rowan muss tatsächlich zugeben, dass sie noch nie so gut ausgesehen hat. Ihr Haar kommt ihm glänzender vor, ihre Haut hat mehr Farbe, sogar ihre Haltung hat sich verändert. Das demütig schwer hängende Haupt und ihr Buckel sind einer ballerinenhaften Haltung gewichen, mit einem Kopf, der schwerelos wie ein Heliumballon auf ihrem Hals zu sitzen scheint. Es ist, als würde sie das Gewicht der Schwerkraft nur noch ansatzweise spüren.
    »Was ist schon dabei?«, fragt sie ihn.
    Rowan senkt den Blick auf seinen Teller. Er wird nichts essen können.
    »Ist es das, was passiert? Du kostest Blut, und zusammen mit deiner Brille wirst du deine Prinzipien los?«
    »Sie muss Eier essen«, sagt Helen. »Das war ein Teil des Problems.«
    »Ja«, schließt sich Peter an.
    Rowan schüttelt den Kopf. »Es scheint ihr aber überhaupt nichts mehr auszumachen.«
    Helen und Peter sehen sich an. Niemand kann Rowan

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