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Die Radleys

Titel: Die Radleys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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viel getankt?«
    »Stimmt.«
    Will tippt mit dem Zeigefinger auf das Gesicht der Queen auf dem Geldschein. »Ich fürchte, mehr als den hier habe ich nicht.«
    »Wir akzeptieren alle Karten. Visa, Mastercard, Delta …«
    »Ich habe keine Karte. Ich habe überhaupt keine Karten.«
    Der Junge zuckt mit den Schultern. »Also, das macht zwanzig Pfund und sieben Pence.« Um diesen unerschütterlichen Fakt zu unterstreichen, saugt er an seiner Oberlippe.
    Will sieht den Jungen an. Der sitzt da in seinem Trainingsoberteil mit einer Zeitschrift und dem iPod und den missglückten Versuchen, sich seiner Gesichtsbehaarung zu entledigen, als wäre er etwas Besonderes, irgendetwas, das er selbst kreiert hat. Dabei würde man in seinem Blut nur den Geschmack seiner Vorfahren finden, den harten und beharrlich ausgefochtenen Überlebenskampf unzähliger Generationen, Echos seiner Ahnen, von denen er nie etwas gehört hat, Spuren wundersamer und epischer Zeiten, Hinweise auf die urzeitliche Saat seiner Existenz.
    »Machst du dir wirklich so viel aus sieben Pence?«, fragt ihn Will.
    »Der Manager schon. Ja.«
    Will seufzt. »Es gibt wirklich bedeutendere Sachen, um die man sich Sorgen machen sollte, weißt du das?«
    Er wundert sich über diesen Jungen. Manchmal wissen sie Bescheid, wissen, was man ist, und wollen unbewusst, dass es ihnen passiert. Ist er einer von denen?
    Will entfernt sich und behält dabei sein Abbild als grauer Geist auf dem Überwachungsmonitor im Auge. Er kommt bis zur Tür, die sich aber nicht öffnen lässt.
    »Sie können erst gehen, wenn Sie alles bezahlt haben.«
    Will lächelt, ernsthaft belustigt über die blutleere Kleingeistigkeit, die sich ihm hier präsentiert. »Ist das tatsächlich alles, wofür du dein Leben aufs Spiel setzt? Sieben Pence? Kannst du überhaupt irgendwas kaufen für sieben Pence?«
    »Ich lasse Sie nicht gehen. Die Polizei ist schon unterwegs, Kumpel.«
    Will denkt an Alison Glenny, die Leiterin der Polizeieinheit in Manchester, die ihm seit Jahren den Tod wünscht. Ja sicher, denkt er. Die Polizei ist immer unterwegs.
    Will kehrt zum Tresen zurück. »Hast du ’ne Kleinigkeit für mich? Ist es das, was du willst? Weißt du, ich denke, diese kleine Haarspalterei, die wir hier betreiben, steht stellvertretend für etwas viel Größeres. Ich glaube, eigentlich bist du ein sehr einsamer Junge, der einen sehr einsamen Job macht. Einen Job, bei dem du anfängst, dich nach gewissen Dingen zu sehnen. Menschlicher Gesellschaft … menschlicher …. Berührung …«
    »Verpiss dich, du schwule Sau.«
    Will lächelt. »Sehr gut. Sehr überzeugend heterosexuell. Einhundertprozentig. Keine Missverständnisse. Also,wovor hast du am meisten Angst? Dass ich dich töten könnte? Oder dass es dir vielleicht ganz gut gefällt?«
    »Die Polizei ist unterwegs.«
    »Gut, ja, dann schlage ich vor, dass du jetzt mal die Kasse für mich aufmachst.«
    »Was?«
    »Ich sagte, mach die Kasse auf.«
    Der Junge greift unter die Theke, die Augen fest auf Will geheftet. Er zieht ein Küchenmesser hervor.
    »Ah, das Messer. Die phallische Waffe für Angriff und Penetration.«
    »Verpiss dich einfach, verstanden?«
    »Das Problem ist, bei jemandem wie mir brauchst du was Größeres . Etwas, womit du bis ganz hinten durchkommst.«
    Will schließt die Augen und sammelt seine altertümlichen Kräfte. Er verwandelt sich blitzartig und mobilisiert sein Blutdenken.
    Der Junge sieht ihn an. Aus seiner Angst wird Schwäche, wird nackte Unterwerfung.
    »Jetzt wirst du das Messer hinlegen und die Kasse öffnen und mir ein paar von den kleinen Bildchen mit der Queen geben, die du da drin aufbewahrst.«
    Der Junge ist jetzt verloren. Die aussichtslose Schlacht steht ihm ins Gesicht geschrieben. Seine Hand zittert, das Messer kippt nach vorn, dann fällt es auf die Theke.
    »Du wirst die Kasse aufmachen.«
    Er macht die Kasse auf.
    »Jetzt gib mir das Geld.«
    Ein unbedeutendes Bündel aus Zehnern und Zwanzigern wird über den Tresen gereicht.
    Das geht zu einfach. Will deutet hinter den Tresen. »Du wirst auf diesen kleinen Knopf drücken und die Tür entriegeln.«
    Der Junge greift noch einmal unter den Tresen und legt einen Schalter um.
    »Möchtest du, dass ich dir die Hand streichele?«
    Der Junge nickt. »Bitte.« Eine Hand landet auf dem Tresen. Sommersprossige Haut und abgekaute Nägel.
    Will liebkost seine Hand, malt mit einem Finger eine Acht auf seine Haut. »Nun, wenn ich weg bin, wirst du der Polizei sagen, dass

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