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Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Titel: Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Hätten die geflügelten Wilden ihre Arbeit fortsetzen können, gäbe es diesen Hoffnungsschimmer nicht.
    Hethor schaute nach links über das schräg stehende Deck auf das Eis und den Schnee unter ihnen. Der Boden war nun viel näher und bewegte sich viel zu schnell für die Geschwindigkeit, mit der ein Luftschiff normalerweise in Richtung Erde steuern sollte.
    »Macht euch bereit!«, rief Hethor, als die verbliebenen Stützen mit knallenden Geräuschen abrissen. Auch ihrer aller Lebensfäden schienen nun endgültig zu reißen.
    Dann gab es kein Deck mehr, nur noch den Sturz. Eis und Schnee wirbelten um ihn herum. Es regnete Splitter und Plankenbruchstücke. Die Kälte war dermaßen schneidend, dass ihre bloße Berührung Knochen zu zerbrechen drohte.
    Das Letzte, was Hethor sah, war der unförmige Tragkörper, der sich taumelnd befreite und begierig darauf wartete, endlich frei fliegen zu können. Ein zweiter, schienenloser Mond erhob sich an einem Himmel, der von hellen, kalten, gefühllosen Sternen beherrscht wurde.
***
    Wider alle Logik und jede Erinnerung fühlte Hethor sich warm, obwohl von Behaglichkeit nicht die Rede sein konnte. Er war nicht bereit, die Augen zu öffnen. Die Klaviatur des Schmerzes in seinen Gelenken und seiner Brust zog alle Register, und seine Kopfschmerzen waren so schlimm wie nie zuvor. Er roch Blut, Schweiß und Wasser, überlagert vom Gestank beißenden Rauches.
    Feuer.
    Panik erfasste Hethor. Er schlug die Augen auf.
    Der Rumpf der Herz Gottes erhob sich direkt vor ihm. Das Heck war zerbrochen und teilweise zerschmettert. Das Luftschiff brannte. Glänzender Rauch stieg in einen immer noch wolkenlosen Nachthimmel auf. Die Sterne, die die Mondschiene umgaben, funkelten wie Dolchspitzen, und der Rauch brannte Hethor in den Augen.
    Gut ein Dutzend Männer vom vergessenen Volk kauerten sich in seiner Nähe zusammen.
    »Wir sind alle, die noch übrig sind«, krächzte einer mit Namen Tiktiktee. »Willkommen am Ende der Welt, Bote.«
    »Es ist nicht das Ende der Welt«, entgegnete Hethor. »Es ist der feste Boden.« Ob das irgendeinen Unterschied machte, war ihm auch nicht klar. »Wir müssen nach Süden.«
    Tiktiktee seufzte. »Ich würde lieber hier am wärmenden Feuer zugrunde gehen, als zum Sterben in die kalte Dunkelheit zu marschieren. Meine Seele würde dies auch bevorzugen.«
    »Dann gehe ich allein.«
    »Nein!« Es war Arellya, auch wenn Hethor sie durch den Rauchschleier nicht sehen konnte. Oder lag ein Schleier auf seinen Augen?
    »Ich bitte niemanden, nicht einmal dich, meine Liebe«, sagte er. »Ihr habt mich weiter gebracht, als ich es je zu hoffen wagte. Bleibt hier bei den Flammen, wenn ihr es wünscht, aber ich habe eine Aufgabe zu erledigen.«
    Er versuchte aufzustehen. Erstaunlicherweise gelang es ihm. Seine Knie brannten genauso vor Schmerzen wie seine Lunge, und die Kälte machte es nur schlimmer. Er merkte, dass er in Decken eingewickelt worden war. Deshalb drehte er sich langsam um, und seine Füße stapften tiefer durch den angetauten Schnee, bis er den Punkt gefunden zu haben glaubte, der ihn in Richtung Süden führte.
    »Du wirst keine Stunde überstehen«, sagte Arellya. Sie befreite sich aus dem Durcheinander der Arme und Beine und kam über den Schnee auf ihn zu.
    Hethor bemerkte, dass sie sich viel weniger Decken umgewickelt hatte als er. »Wie hältst du diese Kälte aus?«, fragte er.
    »Es ist bloß eine andere Art Dschungel«, entgegnete Arellya. »Bleib hier, bis das Feuer erloschen ist. Die Hitze wird helfen, und du kannst ohne die Sorge schlafen, dass die Kälte dich überrumpelt.«
    Also setzte er sich wieder, umgeben von haarigen Körpern, und betrachtete den Feuerschein auf dem Eis. Es war ganz anders als bei dem Feuer im Dschungel, als er und Arellya sich das erste Mal getroffen hatten. Hier flogen keine Insekten; es gab weder Essen noch Getränke noch Tänze. Aber er war immer noch bei Arellya und dem vergessenen Volk.
    »Ich habe euch zu weit gebracht«, sagte er. Tränen brannten ihm in den Augen und vertrieben für einen Augenblick sogar den Rauch. »Ihr habt mir geholfen, und als Dank habe ich euch auf die Schlachtbank geführt. Ihr werdet euren Dschungel nie wiedersehen. Ich entschuldige mich bei euch allen, euren Toten und eurem Stamm.«
    »Du bist der Bote«, sagte Tiktiktee. »Das alles musste geschehen.«
    Das Schiff brannte stundenlang, und Hethor sah zu, bis ihm die Augen zufielen. Diesmal fand er wirkliche Erholung.
***
    Als er wieder

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