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Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Titel: Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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schien allzu bequem, wenn nicht sogar zu einfach. »Vielleicht stehe ich der Fragestellung zu nahe.«
    »Ha«, sagte William. »Gut formuliert.« Er blieb vor Hethor stehen. »Hör zu, mein Junge, die Welt ist mehr, als du von ihr denkst. Welchen Traum oder welche Illusion du erlebt haben magst, war bei Mister Phelps gut aufgehoben, aber es steht viel mehr auf dem Spiel, als du ahnst. Der Mensch sollte sich niemals dem himmlischen Joch beugen. Die Erde ist im Wandel, und die Weisen werden diesen Wandel zulassen.«
    »Nein.« Hethor fühlte keine Kraft mehr in sich außer der Wahrheit. »Ich weiß, was ich gesehen habe. Und glaube, dass auch Sie es wissen, Sir.«
    »Vielleicht.« William lächelte betrübt. »Und das ist die wahre Schande. Du hättest lange genug leben können, um die Sonne erneut aufgehen zu sehen. Nun ja, nur ein Narr trauert der Vergangenheit nach. Es mag sich für dich nicht mehr lohnen, aber du könntest trotzdem darüber nachdenken, dass die Dinge anders für dich hätten ausgehen können, und wie anders.«
    Mit diesen letzten Worten verschwand er aus dem Raum und ließ Hethor zurück, der sich in den darauffolgenden stillen Stunden fragte, was er anderes hätte tun können.
***
    »Für dich gibt’s keine kleinen Zimmerchen mehr, fürchte ich.« Sergeant Ellis zerrte Hethor einen anderen Ziegelgewölbetunnel entlang. Dieser führte noch tiefer nach unten, weg von allen Fenstern. Der große Mann trug in seiner freien Hand eine kleine Blendlaterne, um ihnen den Weg zu leuchten. »Wenn ich von Lord Williams Miene ausgehe, hast du dich gewaltig in die Scheiße geritten, fürchte ich.«
    Hethor antwortete nicht, stolperte dem Sergeant einfach hinterher. Was hätte er auch tun sollen? Seine Mission war gescheitert – so vollkommen, dass er auf eine Rettung nicht mehr hoffen konnte. William, dieser Bastard, hatte sein Schicksal mit einer Handbewegung besiegelt.
    »Könnten Sie eine Nachricht für mich überbringen, Sergeant?«
    »Gibt’s ein Mädel, das irgendwo auf dich wartet?«
    »Nein.« Hethor konnte sich nicht an seine Mutter erinnern, und ihm war nur ein kurzes Jahr geblieben, um die leere Stelle in seinem Herzen mit Mistress Bodean zu füllen. »Aber es gibt da einen Kerl, der am Pier Vier im Anthony’s öfters einen trinken geht. Malthus heißt er, oder Malgus ... so was in der Art. Sagen Sie ihm einfach, dass ich hier bin.«
    Ellis blieb vor einer riesigen, eisenverstärkten Tür stehen, um den Schlüssel aus seiner Hose zu angeln. »Warum sollte er sich Gedanken über dich machen, Bursche?«, fragte er freundlich.
    »Er macht sich überhaupt keine Gedanken über mich.« Hethor trat schnell in den Raum, bevor Ellis ihn hineinschubsen konnte. »Aber vielleicht interessiert er sich für meine Nachricht.«
    Die Tür wurde zugeschlagen, und die letzten Worte des Sergeanten, falls er denn etwas sagte, wurden vom Holz verschluckt.
    Hethor ging ein paar Schritte hinein in die Dunkelheit und tastete den Boden vor sich mit dem Fuß ab. Er stellte fest, dass er sich in einem sehr kleinen Raum befand, ähnlich einer Umkleidekammer, nur dass dieser Raum unterirdisch lag. Irgendetwas Festes befand sich in seinem Weg und polterte, wenn er mit dem Stiefel dagegen trat. Er tastete es kurz mit den Händen ab und erkannte rasch, dass es sich um eine weitere Tür handelte. Für einen Augenblick überkam ihn Panik bei dem Gedanken, in dem kleinen Kämmerchen eingesperrt worden zu sein, um jämmerlich zu verhungern. Er griff nach der Klinke der zweiten Tür und stieß sie auf.
    Hinter der Tür sah er die Sterne. Überall flimmerten kleine, helle Punkte.
    Hethor blieb schweigend stehen, blinzelte und versuchte herauszufinden, was er eigentlich vor sich sah. Schließlich erkannte er, dass Unmengen von Kerzen vor ihm standen. Düstere, zerlumpte Gestalten lagen zwischen ihnen.
    Einige bewegten sich.
    Ein vom Alter gebeugter Mann kam auf Hethor zu, ergriff seine Hand und rieb Hethors saubere Finger zwischen schmutzigen Schwielen. »Willkommen, mein Sohn«, flüsterte er so leise, dass Hethor sich vorbeugen musste, um ihn zu verstehen. »Willkommen in der Grube der Kerzenmänner.«
    Der gebückt gehende Mann führte Hethor zu einem Lager aus Lumpen, das zwischen vier brennenden Kerzen zurechtgemacht worden war. Aus der Nähe konnte Hethor erkennen, dass unzählige Kilogramm Wachs – wenn nicht sogar Zentner – geschmolzen und zu kleinen Hügeln zusammengelaufen waren, die das Fundament für die Kerzen bildeten,

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