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Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Titel: Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Sicherheit des Dachbodens.
***
    Für die Überquerung des Atlantiks würden sie mehr als zwei Wochen brauchen, rechnete man das schlechte Wetter und zwei nahende Stürme mit ein. Ihr Ziel war – als Zwischenstation – Praia auf den Kapverdischen Inseln. Jeder, der sich auf dem Deck bewegte, war mit einem Seil gesichert, was die schrecklichen Gefahren, die der Wind brachte, aber nicht mindern konnte. Als sie sich mitten in einem der Stürme befanden, erlitt Steuerbord-Gaszelle Nummer sechs einen Haarriss, der vermutlich auf einen Defekt der seidenverstärkten Außenhülle zurückzuführen war. Zwei Matrosen der Wasserstoffdivision starben an vergifteter Luft, bevor das Problem entdeckt und die erforderlichen Reparaturen eingeleitet werden konnten.
    Hethor war heilfroh, dass er bei so schlechtem Wetter nicht aufentern und Berechnungen anstellen musste. Aber er schämte sich auch, Malgus und de Troyes nicht zu helfen, denn genau das wäre seine Pflicht gewesen. Er musste einen Weg finden, wie er seinen Posten zurückbekommen konnte. Navigation war jene Wissenschaft, die Hethor dem Erzengel Gabriel und der Erfüllung seiner Mission nähergebracht hatte, den Schlüssel der Ewigen Bedrohung und die Räder der Zeit zu finden.
    Lombardo war in diesen Tagen beinahe schon freundlich zu Hethor – vielleicht, weil er dessen unerwartete Kenntnisse der Navigation respektierte, selbst wenn er sie zeitweilig nicht anwenden durfte. Die Männer der Decksdivision nahmen ihn schließlich in ihre Reihen auf und reichten ihn einige Male an die Reepdivision weiter, um festzustellen, ob er schwindelfrei war. Nach dem Navigatorennest waren Wanten und Webleinen für Hethor keine Herausforderung mehr, aber er mochte sie auch nicht besonders.
    Malgus bekam er während der Überfahrt kaum zu Gesicht, sah man von ein oder zwei Gelegenheiten ab, als er sich mit seinen Offizierskollegen auf dem Poopdeck unterhielt. De Troyes weigerte sich, mit Hethor zu sprechen, wenn sie sich über den Weg liefen.
    Für die Beerdigung der beiden Matrosen der Wasserstoffdivision wurde eine Musterung anberaumt, die Kapitän Smallwood durchführte. Fast die gesamte Mannschaft stand mittschiffs Spalier, wie damals bei Hethors Auspeitschung. Bei der Erinnerung daran lief es ihm kalt über den Rücken, und seine Haut kribbelte unangenehm.
    Der Kapitän verzichtete während seiner Predigt darauf, die Heilige Schrift zu verwenden. »Das Tetragramm hängte in Seiner unermesslichen Weisheit die Leuchte der Sonne in unseren Himmel, um die Umlaufschiene der Erde zu erhellen.« Smallwoods getragener Rhythmus war so würdevoll wie der jedes Diakons in Neuengland. Seine dröhnende Stimme übertönte die steife Brise, die durch die Wanten pfiff.
    »So hat Es das Leben in wohlfeile Ordnung gebracht, und Ihre Kaiserliche Majestät, Königin Victoria, als Leuchte an Englands Himmel gesetzt, auf dass sie mit ihrer Weisheit unser aller Wege erhellt. Wir von der Royal Navy kämpfen am Rande der Dunkelheit, damit England nachts sicher schlafen kann. Immer schon waren die Chinesen unsere Feinde. So, wie wir zuerst die Spanier besiegten, dann die Franzosen, dann die Türken und sogar die Irokesen, so werden wir auch das Königreich der Mitte in die Knie zwingen.
    Doch gibt es noch andere Kämpfe, die England führen muss. Es sind Kämpfe gegen eine launische Natur, schreckliche Krankheiten und niederträchtige Barbaren, die in der Wildnis hausen. Matrose Abehr und Matrose Roundtree ließen bei einem dieser Kämpfe ihr Leben. Ihr Ruhm ist ebenso groß, als wären sie von chinesischen Kugeln durchlöchert worden, und wenngleich sie in friedlicher Stille starben wie Schlafende, als die Luft vergiftet wurde, ist ihr Heldenmut nicht geringer, als wären sie im Kampf gefallen.
    Wir preisen sie als Helden englischer Lebensart, als Fackelträger der Zivilisation. In diesem Augenblick sind Abehr und Roundtree die Leuchten unseres Lebens hier auf Ihrer Kaiserlichen Majestät Luftschiff Bassett . Lasst ihr leuchtendes Beispiel Vorbild für unser eigenes Leben sein. Und so beten wir, wie Jesus es uns gelehrt hat ...
    Vater unser, der Du bist im Himmel,
    Handwerker sei Dein Name,
    Dein Reich komme,
    Dein Plan geschehe,
    Wie im Himmel, so auf Erden.
    Vergib uns diesen Tag der Abweichung,
    Wie auch wir vergeben unseren Abweichlern.
    Führe uns nicht in die Unvollkommenheit,
    Sondern erlöse uns vom Chaos.
    Denn Dein ist die Antriebskraft und die Präzision
    In Ewigkeit, Amen.«
    Das Dröhnen

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