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Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Titel: Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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mehr rund, wurde ihm klar. Wie weit war er vom Schlüssel der Ewigen Bedrohung entfernt? Wie weit war er davon entfernt, Gabriels Mission zu erfüllen?
    Während Hethor immer höher stieg, liefen ihm Tränen über die Wangen.
***
    Die Entführer flogen mit Hethor an so vielen Wundern vorbei, dass sie bald nichts Besonderes mehr für ihn waren.
    Er sah eine Stadt, die aus einer Klippenwand herausgemeißelt zu sein schien, in Gestalt Dutzender aufrecht stehender Männer. Jeder hatte eine abgeschrägte Stirn, riesige Nasenlöcher und am gesamten Körper kleine Fenster und Balkone.
    Hethor sah frische Wunden an der Mauer, die Erdbeben geschlagen hatten, und andere Spuren der Zerstörung, die weit hinunter reichten. Rauchfahnen und Dampffontänen stiegen aus Rissen in der zerstörten Oberfläche. Einmal glaubte Hethor sogar, riesige Schlangen oder gigantische, sehnige Eidechsen zu erkennen, die unter dem Fels geschlüpft sein mussten.
    Er sah einen Wald mit Bäumen, die größer waren als alles, was er sich je hatte vorstellen können; sie waren gigantisch die Masten eines Schiffes, mit dem Riesen in See stechen wollten. Ihre Wipfel schienen in Flammen zu stehen, und brennende Vögel umkreisten das lodernde Chaos. Er sah Gletscher in dunklen Spalten, auf denen sich pelzige Tiere tummelten, die im Schatten zu glühen schienen. Ein anderes, schwächeres Glühen schien aus den dunkelsten Regionen in der Felsspalte hinter ihnen zu kommen.
    Hethor wurde es bald müde, all diese Wunder zu zählen. Irgendwann bemerkte er sie nicht einmal mehr. Er schlief ein, bis er davon aufwachte, dass er unsanft auf Stein geworfen wurde.
    Wieder lag er auf einem Felssims; diesmal war er noch schmaler. Die Luft fühlte sich kälter und dünner an, aber Hethor war weiterhin nicht in Gefahr, zu erfrieren.
    Die Abenddämmerung brach herein. Hethor sah auf und entdeckte ein messingfarbenes Strahlen im senkrechten Horizont über sich. Die Hörner der Erdschiene wirkten breiter, ihr Winkel flacher. Offenbar näherten sie sich dem Hohlrad.
    Er drehte sich um, ließ den Blick schweifen und schaute schließlich in die Tiefe. Es verschlug ihm den Atem.
    Die Rundung der Erde war unter ihm deutlich zu erkennen; es war, als versuchte sie, die Rundung der Messinghörner am Himmel nachzuahmen. Die Wolken waren nur noch kleine Punkte über dem Ozean, so wie es am Morgen noch die Schafe auf der Wiese gewesen waren. Tief unten konnte Hethor sogar das flimmernde Blau des Tageslichts erkennen. Doch als er wieder nach oben schaute, sah er Sterne, die die Mondschiene umgaben. Die Schiene strahlte so hell, wie Hethor es noch nie gesehen hatte. Es kam ihm beinahe so vor, als könnte er die Hand danach ausstrecken und sie berühren.
    Das also sahen die Augen Gottes. Zumindest war es der Ausblick, den Gott Seinen Engeln zugestanden hatte.
    Hethors Magen rebellierte, obwohl er einen ganzen Tag lang nichts gegessen hatte. Doch sein Körper verlangte nach Sicherheit des festen Bodens, nach dem vertrauten Anblick des Horizonts. Hethor beugte sich vor und erbrach Galle; sein ganzes Dasein schien nur noch vom Würgen und dem keuchenden Rhythmus seines Atems erfüllt zu sein. Sein Hals und seine Nase brannten, während er die winzigen Insekten beobachtete, die zwischen den Steinen auf dem Felssims umherkrabbelten.
    Alles, nur nicht wieder dieser furchtbare Ausblick.
    Er wich vor seinem Erbrochenen zurück und rollte sich an der Felswand zusammen. Die ganze Nacht zitterte er und weinte um die Männer, die gestorben waren.
    Und er fragte sich, wann er wohl an der Reihe war.
***
    Die geflügelten Wilden weckten Hethor am nächsten Morgen mit einem Tritt. Er fühlte sich ausgetrocknet, wie geschrumpft. Seine Zunge schien ein Stück Leder zu sein. Eine der Kreaturen reichte ihm eine zerbrochene Kürbisflasche, die eine kleine Menge Wasser enthielt.
    Wo hatten sie das herbekommen?
    Hethor trank gierig, aber langsam, denn er hatte Angst, etwas von der Flüssigkeit zu verschütten. Dann brach er ein paar Stücke von der Kürbisflasche ab, um etwas im Mund zu haben.
    Er fühlte sich schon ein bisschen besser, als die Wilden seine Schafsseile packten und über den Rand des Felssims sprangen. Flügel breiteten sich aus, um sich über einem strahlenden Morgen, der tief unter ihnen auf der Welt seinen Lauf nahm, in die Lüfte zu erheben.
    Dies war sicherlich der Ort, an den Satan einst den Messing-Christus gebracht hatte, um ihn mit dem Versprechen unbegrenzter Macht über die

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