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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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den Fluss hinauf und besaß nicht einmal den Luxus eines Luftschiffturms. Das kam Childress’ Absichten sehr entgegen, denn damit fielen neugierige britische Kapitäne weg, die von der Reling auf sie hinabstarrten und die Ankunft eines Unterseeboots in ihren Gewässern sicherlich bemerkt hätten.
    Aber selbst wenn sie dort gewesen wären, hatten sie und Leung keine Wahl. Die Batterieprobleme des U-Boots ließen sich auch weiterhin nicht lösen, was bedeutete, dass lange Tauchfahrten unterhalb der Schnorcheltiefe ausgeschlossen waren. Man hatte ihr klargemacht, dass es Luftschiffen relativ leichtfiel, Unterseeboote zu zerstören – einer der Gründe, warum sich die Royal Navy niemals die Mühe gemacht hatte, sich mit diesen komplexen und gefährlichen Wasserfahrzeugen zu beschäftigen. Die Five Lucky Winds konnte sich nur dann in Sicherheit bringen, wenn sie auf Tiefe gehen und dort vorsichtig kreuzen konnte, wo sie aufmerksame Augen nicht zu entdecken vermochten.
    Als sie sich Velha Goa näherten, wurde ihr klar, warum hier keine Türme standen. Dieser Ort durfte sich wohl kaum als Stadt bezeichnen. Es handelte sich nur um eine Ansammlung riesiger Kirchen, die man auf einem Hügel oberhalb der Flussmündung errichtet hatte, eingebettet in Felder und Hütten. Ein halb verrotteter Kai an dem zwei Fischerboote festgemacht waren, ragte in den Fluss hinaus.
    Die Pflanzenwelt an der Küste wirkte ebenso merkwürdig. Es handelte sich nicht um das tropische Durcheinander von Chersonesus Aurea, auch nicht um die zarten Grüntöne eines Frühlings in Neuengland, dieser Ort wirkte düster, staubig und finster. Die Gräser am Wegesrand wiesen wesentlich dunklere Schattierungen auf, als sie es erwartet hätte. Der Wind brachte ungewöhnliche Düfte mit sich und erinnerte mehr an Tainan denn an New Haven.
    Leung rief einige Befehle in das Sprachrohr und brachte das Unterseeboot vorsichtig an seinen Landeplatz.
    Das war mit Abstand der gefährlichste Teil ihres Plans. Ein unbedacht handelnder englischer Offizier, der Geschütze zur Verfügung hatte, vermochte in Sekundenbruchteilen all ihre Hoffnungen zu zerstören. Schon aus dem Grund war die offensichtliche Verschlafenheit von Velha Goa ein willkommener Anblick für Childress.
    Selbst eine kleine Stadt sollte Lebensmittel zum Verkauf anbieten. Der Fluss versprach ausreichend Bewässerung, auch wenn sie das trübe Zeug vermutlich nicht trinken würden.
    Hier würde sie die Maske Childress sein und mit jedem Bischof oder ansässigen Bauern, der sie am Kai begrüßte, die notwendigen Verhandlungen führen.
    Ihre Flagge flatterte über ihnen im Wind, so falsch, wie es eben nur ging. Nach einigen Diskussionen hatte Childress ein spitz zulaufendes Viereck entworfen, das einem Wimpel ähnelte, dem man die Spitze abgeschnitten hatte. Das Feld war in weiß gehalten, was bei den Engländern hoffentlich einen friedlichen Eindruck hinterließ und bei den Chinesen als Trauerfarbe verstanden werden würde. Das Symbol auf der Flagge war ein vereinfachtes, hohles Zahnrad mit quadratischen Zähnen, in dem sich ein ausgefüllter Kreis befand.
    Die Wappenkunst fand somit einen Weg, die Erde mit Südlicher und Nördlicher Hemisphäre in Einklang zu bringen, wie es im wahren Leben nicht möglich war. »Wir fahren über alle Ozeane«, hatte Childress betont. »Wir streben nach Frieden auf der Welt. Lasst uns die Welt an unserem Flaggenmast aufziehen, damit sie sich alle fragen, was unsere Ankunft zu bedeuten hat.«
    »Sie werden sich fragen, was unser Unterseeboot zu bedeuten hat«, hatte al-Wazir geknurrt.
    Die Aussage ihrer Flagge schien die Einheimischen nicht sonderlich gekümmert zu haben, denn weder flüchteten sie laut schreiend noch hießen sie sie in irgendeiner Form willkommen. Mehrere Fischer besserten auf ihren Booten ihre Ausrüstung aus und sahen gleichgültig zu, wie das U-Boot in den Hafen fuhr. Die Bauern auf den Feldern machten sich nicht einmal die Mühe aufzusehen.
    Mehrere Matrosen sprangen an Land und machten das Boot an einer Anlegestelle fest, die wenig vertrauenerweckend aussah. Selbst Childress war klar, dass sie an diesem Ort nicht lange bleiben konnten. »Ich bezweifle stark, dass wir hier Treibstoff bekommen werden«, sagte sie, »und auch keine Ersatzteile. Lebensmittel allerdings schon.«
    »Informationen sicherlich auch«, fügte Leung hinzu und knabberte an seiner Unterlippe. »Das fängt damit an, dass die Karten der Beiyang Navy nicht mehr korrekt sind.

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