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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Matrose.
    Nun hatten sie wenigstens etwas zu tun.
    Kitchens wandte sich wieder Paolina zu. »Was möchten Sie von mir wissen, Miss Barthes?«
    »Wohin fahren wir?«
    »England«, sagte er. »Nach Blenheim Palace, um genau zu sein.«
    Sie schloss ihre Augen und seufzte kurz. »Was befindet sich in Blenheim Palace?«
    »Die Queen höchstpersönlich.«
    »Ich nehme an, dass sie dort aufgebahrt liegt.« Paolina öffnete wieder ihre Augen. »Oder ein unglücklicher Zufall zwingt Sie, dorthin zurückzukehren.«
    »Ein äußerst unglücklicher Zufall, der die Regierung lähmt oder in die Hände rücksichtsloser Männer manövriert hat. Was davon zutrifft, weiß ich nicht.«
    »Wir geben alles auf, um uns in das wütende Herz des Empire zu begeben und auf einen Zufall zu hoffen.«
    Kitchens seufzte. Er konnte sich nicht erinnern, wohin seine wertlosen Anweisungen verschwunden waren, die er, aufbewahrt in seinem Aktenkoffer, im letzten Moment von der sterbenden Notus hatte retten können. Nach drei Luftschiffen und dem Abstieg in Ottweills persönliche Hölle konnte er sich längst nicht mehr an alles erinnern, was seine Handlungen rechtfertigen sollte. Mit den Anweisungen, aber vermutlich auch der Notus selbst, waren die wenigen Worte der Queen ebenso abgestürzt wie das, was Kapitän Sayeed in diesem vergessenen Umschlag hinterlassen hatte.
    »Sie hat mir eine Sache mitgeteilt«, sagte er leise. »Als ich mit ihr sprach, direkt vor meiner Fahrt zu Mauer. Sie sagte: ›Erneuere das, was zu Fall gebracht wurde. Zerbrich meinen Thron. Hilf mir zu sterben.‹«
    »Also liegt sie nun dort aufgebahrt?« Paolina klang ein wenig schläfrig, aber Kitchens wusste, dass er bei diesem Mädchen stets aufmerksam sein musste.
    »Nein, aber das sollte sie. Sie schwebt in einem Tank gefüllt mit Körperflüssigkeiten, als blutiges Orakel des Empire. Lloyd George ist meiner Meinung nach ein zu anständiger Mann für eine solche Blasphemie. Aber wer immer das hat möglich machen können, hat das Empire gemäß seinen Vorstellungen geformt. Viel zu viel geschieht, ohne auch nur ansatzweise infrage gestellt zu werden. Ihre Kaiserliche Majestät will ihr Land zurückhaben, und für sich selbst wünscht sie, dass sie endlich das Ende ihrer Reise erleben darf.«
    Paolinas Blick bohrte sich in seinen Kopf. Sie sah ihn nachdenklich an, kühl, mit einem gefährlichen Funkeln in ihren Augen. »Wenn wir diese Queen töten, werden wir Königsmörder sein. Die meistgehassten Menschen in ganz Europa. Ich bin schon einmal aus dem Herz Ihres Empire verjagt worden. Ich werde diesen Preis bezahlen, um Boas’ willen und Mings und al-Wazirs und für all diese einfältigen, törichten Matrosen auf diesem Schiff. Aber woher wissen Sie, dass dies nicht die gesamte Situation verschlimmern wird?«
    Erneut wählte Kitchens seine Worte mit Bedacht. »Prinz Edward ist kein Narr. Gottes Plan für ihn war sicherlich nie, ihn in Regierungsverantwortung zu bringen. Er ist aber auch keine Marionette der königlichen Berater. Wer immer diese Intrige in Blenheim Palace gesponnen hat, wird ihn aus der Angelegenheit herausgehalten haben. Dass sie Ihre Kaiserliche Majestät um jeden Preis am Leben erhalten, zeigt eindeutig, dass sie den Erben nicht auf dem Thron sehen wollen.«
    Der Grimm in ihrem Blick verschwand. »Sie haben meine Frage nicht beantwortet, Mr Kitchens.«
    »Wenn ich mit ihm sprechen könnte, dann würde ich das, aber der Prinz von Wales hat sich schon immer in seinen eigenen Kreisen bewegt, fernab von Admiralität und Whitehall. Er zieht die elegante Welt den ernsthaften Gentlemen vor, die sich um Handel und Industrie und die Angelegenheiten fremder Nationen kümmern.«
    »Dann wird er vielleicht auch kein Interesse an einem Krieg haben«, sagte Paolina.
    »Er hat kein besonderes Interesse an einem Krieg, und er lässt sich auch nicht von denjenigen beraten, die den Krieg wollen. Wenn wir dem Willen der Queen gerecht werden und ihn irgendwie auf diese Sache aufmerksam machen können, nun, dann würde diese scheußliche Angelegenheit schnell geklärt. Nicht einmal die konservativsten Elemente im Parlament werden sich in einen Krieg mit China stürzen, wenn die Queen gerade gestorben ist.«
    »Wird man unseren Tod überhaupt beachten?«, fragte sie.
    »Werden Sie nicht einfach gehen, wie nur Sie es können?«
    Sie konnte nicht einfach gehen. Genauso wenig, wie sie einfach vor Kitchens’ Queen treten konnte, an einem Ort, den sie nicht kannte, vor Menschen, die

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