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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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hatte die Tat begangen. Der Weiße war anscheinend mit einem weiteren blasshäutigen Mann verwandt gewesen, den sie für seine Verbrechen an die Säule der Wiedergutmachung gekettet hatten. Hinter diesem Vorfall steckte noch viel mehr, wie immer, aber das Haus der tödlichen Nacht hatte die Radachse an diesem Mond angehalten, und die späteren Schwierigkeiten waren zum großen Teil innerhalb ihrer Türme geblieben.
    Sie bekam die wirklich saftigen Gerüchte nie mit. Der Rest der Welt, sowohl die Südliche als auch die Nördliche Hemisphäre, war mit Menschen bevölkert, die wenig mehr als sprechende Tiere waren; ihre Worte gaben sie mit kurzem Bellen von sich, ohne die geringste Nuance oder Subtilität, wie sie den Hexenmeistern der Stadt zu eigen war. Ihre Machenschaften waren in der Regel kaum der Aufmerksamkeit wert.
    »Wie lautete die Nachricht?«, fragte sie.
    Seine Antwort kam zu schnell. »Sie befürchten die Wiederkehr des früheren Wahnsinns. Ein weiterer Schimmer hat die Mauer überquert.« Er hielt kurz inne, aber Baassiia atmete so ruhig, dass noch mehr folgen musste. »Dein Name wurde von der Knochenküste zu uns geschickt.«
    »Sie kennen mich nicht«, sagte sie entsetzt.
    Nun war grimmige Belustigung in seiner Stimme zu hören. »Sag das ihren augenlosen Orakeln.«
    »Wessen Bedauern ist verantwortlich für die Zeichen und Omen?«
    Baassiia sah über die Kreise der Stadt auf die düsteren Gewässer hinaus. Er sah ihr nicht in die Augen und sprach sie auch nicht direkt an, wenn auch Gashansunu sein wa flüstern, weinen, hilflos kreisen spüren konnte. »Die Welt, so glauben wir, und sie spricht durch die Stadt. Alles dreht sich, alles ist rund, aber ein Bruchstück ist entfernt worden, so wie ein Mann ein Haar aus dem Fell eines Löwen stehlen könnte. Der Löwe weint um die frühere Perfektion seines Daseins.«
    »Dieser Schimmer sucht nach mir.« Intuition, sicherlich, aber auch gesunder Menschenverstand. Das Knochenvolk hielt sich mit Nachrichten zurück, denn sie verstanden nur zu gut, welch bändigende Kraft in der Benennung eines Dings lag. Sie hätten nicht ohne guten Grund nach ihr verlangt.
    »Getragen auf gelben Flügeln«, antwortete Baassiia. »Daher die Art unserer Omen.«
    »Ich werde mich bewaffnen, damit die Götter mir gewogen sind.«
    Er drehte sich zu ihr um; die Geister des Augenblicks hatten ihre Haut abgestreift, und nur pures Verlangen und das persönliche Bedauern des Körper-Geists waren zurückgeblieben. »Ich habe Angst um dich. Liege mir bei, damit ich mich besser an dich erinnern kann, solltest du nicht zurückkehren.«
    Gashansunu ließ ihre Hand unter sein Gewand gleiten und fühlte sich getröstet, denn was sie vorfand, war mächtig und hart. »Es wäre respektlos, es in diesem Haus zu vollziehen«, säuselte sie ihm sanft ins Ohr. »Lass uns an einen Ort deiner Wahl gehen, damit du mich von meinem eigenen Bedauern heilen kannst.«
    Er stand auf, trat in die Luft hinaus und lächelte, als er fiel. Sie folgte ihm, obwohl es eine Verschwendung der Macht war, aber die Lust hatte Besitz von ihr ergriffen.
    Außerdem war Baassiia jemand, der leise vor sich hin redete, wenn er erst an der Brust lag, wenn er sich erst einmal verausgabt hatte. Sie würde dabei vielleicht mehr herausfinden, als sie jemals in der Stille eines Heiligen Hauses erführe.

Vier
    Siehe, ich schaffe es, dass der Schmied, der die Kohlen aufbläst,
eine Waffe daraus mache nach seinem Handwerk;
und ich schaffe es, dass der Verderber sie zunichtemache.
    Jesaja 54:16
    Boas
    Der Wind wehte leise durch die eben erst geöffnete Höhle. Staubkörner erhoben sich in die Luft, als ob jemand Unsichtbares sie durchschritt. Seine Finger – kräftige, präzise Messingzangen, die eine Ameise mit aller Vorsicht von einer Glastafel heben oder die Kehle eines Manns leichthin zerquetschen konnten – zupften an dem Leder, in das der Inhalt so lange eingeschlagen gewesen war.
    Nichts sollte so lange fortbestehen , dachte Boas. Alles zerfällt zu Staub, alles verliert mit der Zeit sein Leben. Das Leder gehorchte seinem Bedenken, denn es zerbröselte zwischen seinen Fingern, als er es aufzufalten versuchte, und fiel in hauchdünnen Stücken auf den Sandboden.
    Er zog weiter daran, schälte die Haut mit jeder schwindenden Schicht frei, bis er gezwungen war, das Paket in seiner Hand umzudrehen. Weiteres Leder zeigte sich darunter, doch dieses wirkte stabiler. Die Rückseite zerbrach wie die Vorderseite in kleine Stücke, dann

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