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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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weiterzufahren. Während sich das Unterseeboot langsam in die Dunkelheit vorarbeitete, glaubte Childress Gelächter aus der Höhle kommen zu hören.
    Als sie in den Schatten hineinfuhren, konnten sie die Umrisse eines Manns im Schein seiner Laterne ausmachen. Neben ihm standen weitere Gestalten, von denen einige auf Chinesisch diskutierten. Al-Wazirs polternde Stimme erinnerte an einen Zug, der einen sehr tiefen Tunnel durchquerte.
    Die Männer der Five Lucky Winds warfen unter lautem Gebrüll die Leinen an Land, und das Unterseeboot legte an einem Ankerplatz an, der sich direkt neben einem felsigen Kai befand. Die Höhle war viel größer, als es von außen zu erkennen gewesen war; in dieser verborgenen Zuflucht konnte sich das Unterseeboot ohne Probleme vollständig drehen.
    Sie war auch sicher genug für den Rumpf, sobald er erst einmal die Enge des Eingangs passiert hatte.
    Als sich ihre Augen an das Licht gewöhnten, erkannte sie drei Ankerplätze innerhalb der Höhle, die in einem Halbkreis an ihrer östlichen Seite angelegt worden waren. Dahinter standen Gebäude ohne Dächer. Alles war mit Staub, Guano und Salzkruste überzogen.
    Vater Francis hatte nicht gelogen. Diesen Ort hatte man schon lange vernachlässigt. Sie berührte den Schlüssel um ihren Hals und fragte sich, welches Portal, welchen Bann oder welches Schloss er wohl öffnen mochte.
    Al-Wazir stampfte auf das Vorderdreck und kam zum Kommandoturm. »Alles klar«, knurrte er.
    »Warum wurde geschossen?«, fragte Leung.
    Weiteres Gelächter war von der Küste zu hören.
    »Einfach nur den Weg freigemacht.« Er starrte nach oben, und seine Augen funkelten selbst in der Finsternis dieser Höhle. »Sir.«
    Leung betrachtete die klatschnassen Matrosen, die nun breit grinsend auf dem Kai standen. Er fragte auf Chinesisch: »Was ist passiert?«
    »Er hat einen … erschossen.«
    Childress verstand das Wort nicht. »Was?«
    Der Kapitän begann zu lachen. Er versuchte es auf Englisch. »Er hat einen, ähem, einen …«
    »Seehund, Maske«, sagte al-Wazir unter ihnen. »Ich habe einen Seehund erschossen.«
    »Warum?«
    »Weil ich dachte, dass er mich angreift«, gestand er mürrisch ein.
    Sie war hin- und hergerissen zwischen der allgemeinen Erheiterung und Mitgefühl für den armen Kerl. »Nun, tun Sie das nie wieder.«
    »Nein, Madam. Erlaubnis zur Küstenpatrouille?«
    Leung betrachtete das Sprachrohr äußerst eingehend und versuchte seinem Gesicht wieder den ernsten Ausdruck des Befehlshabenden zu verleihen.
    »Erlaubnis erteilt, Bootsmann«, sagte Childress.
    Während sich der Abend senkte und der Höhleneingang noch dunkler wurde, erforschten al-Wazir und seine Männer sieben Gebäude, eine Reihe von geheimen Lagern und einen Tunnel, der durch ein schmiedeeisernes Tor blockiert und breit genug für einen Karren war.
    Zumindest das Rätsel des Schlüssels war damit gelöst.
    Es gab nur wenige Verbrauchsgüter, aber in der Höhle befand sich eine beachtliche Menge an Dingen, die einem Jahrzehnt fehlender Pflege durchaus hatten widerstehen können – Trossen, Stahlschrott, Deckplanken. Sie entdeckten zwei Frischwassersickerstellen, die beide zu einem verschlammten Becken führten, das sich in die kleine, verborgene Bucht ergoss. Die Wasserfässer waren entweder ausgetrocknet oder verrottet, Seile das Heim rattenzerfressenen Strohs geworden, und die Holzschränke, in denen die Nahrung aufbewahrt worden war, waren vollkommen verrottet.
    Sie hatten einen sicheren Ankerplatz, einige Grundmaterialien und – das größte Wunder von allen – eine kleine Werkstatt mit einer Schmiede. Die Bänder, die die Triebkraft von der kleinen Dampfmaschine auf die Drehbänke und Bohrmaschinen übertrugen, vermoderten zwar in ihren Halterungen, aber das würde sich ohne große Schwierigkeiten reparieren lassen.
    Was sie für Schmiede und Dampfmaschine benötigten, war Kohle, für das Unterseeboot Diesel sowie Kupferdraht und electrische Ventile zur Reparatur ihres akuten Batterieproblems.
    Childress, al-Wazir und Leung betrachteten das Tor eingehend mit dem Ingenieur Sun-Wei. Sie hatten sich eine electrische Fackel aus den Geräteschränken des Unterseeboots mitgenommen. Das flackernde gelbe Licht huschte über das Schmiedeeisen.
    »Das hält Spione nicht ab«, stellte Childress fest und drehte sich um, um in die Höhle zurückblicken zu können. Auf dem Mast und dem Bugspriet der Five Lucky Winds waren Lichter angebracht worden, und die Männer hatten auf dem schmalen

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