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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Kiesstrand ein Lagerfeuer angezündet, dessen Flammen wild umhertanzende Schatten an das Höhlendach zauberten. »Von hier aus kann man einen großen Teil der Höhle einsehen.«
    Childress steckte den Schlüssel ins Schloss. Sie drehte ihn und kämpfte mit dem stark verrosteten Eisen, bis es quietschte. Ein lautes Klicken war zu hören, und das Tor öffnete sich mit einem leichten Sprung.
    »Wer geht den Weg voran?«, fragte sie.
    »Sie nicht«, sagten Leung und al-Wazir wie aus einem Mund. Als Childress laut auflachte, sahen sich die beiden Männer an.
    Al-Wazir kam zwanzig Minuten später grinsend zurück. »Er endet in einem baufälligen Lagerhaus voller Umzugswagen und riesigen Köpfen breit grinsender roter Götter.«
    »Haben Sie einen Blick nach draußen geworfen?«, fragte Childress.
    »Selbstverständlich.« Sein Grinsen wurde noch breiter. »Eine Reihe dieser Palmen, dahinter einige Felder. Eine Kleinstadt, ein ganzes Stück die Straße runter, zumindest wenn ich nach dem Lichtschein gehe. Vermutlich der richtige Hafen, von dem wir wissen, dass er nördlich von Goa Velha liegt.«
    »Panaji«, sagte Childress. »Wir gehen morgen früh in die Stadt, um über Treibstoff und Nachschub zu verhandeln und herauszufinden, ob es irgendwelche Electriker gibt.«
    Leung öffnete seinen Mund, schloss ihn aber wieder. Sie hakte sich bei ihm unter. »Sie und Ihre Männer sind zu auffällig, mein Lieber. Ich bedaure es sehr, aber ich bin wohl gezwungen, erneut mein Kleid anzuziehen.«
    »Lassen Sie sich nicht erwischen«, sagte Leung.
    »Sie werden dafür sorgen müssen, dass ich flüssig bin«, antwortete Childress. »Ich werde für meinen Besuch in Panaji die notwendigen Grundlagen legen müssen, denn niemand wird mir abnehmen, dass ich eine mächtige englische Lady bin.«
    Sie sprach entschlossener, als sie sich fühlte. Sollte sie in Schwierigkeiten geraten, würde nur sie selbst sich retten können. Ganz allein, wie heute Morgen in Goa Velha, als sie in die Höhle des Löwen marschiert war.
    Wann ist mir das Empire der Queen zum Reich des Teufels geworden? Ihr eigener Gedanke überraschte Childress.
    Kitchens
    Er sah zum LIKM Notus hinauf, das an einem von drei Türmen diesseits des Hafens angedockt hatte. Das in Ungnade gefallene Luftschiff hielt sich anmutig, aber einsam in der Höhe. Es befand sich in Quarantäne, abgeschieden von den vielen anderen, die sich am riesigen Flugplatz in Dover versammelt hatten.
    Ein gelangweilter Feldwebel kümmerte sich um Kitchens. Er war schlank, hatte den dunklen Teint eines Walisers und Augen, deren Braun an die Flügel einer Küchenschabe erinnerten. Er trug die blaue Wollkleidung der Royal Air Force, war aber der britischen Armee unterstellt.
    »Feldwebel Penstock, ich möchte das Luftschiff in Augenschein nehmen, bevor die Besatzung wieder an Bord geht.«
    »Der Feldkommandeur sagt, dass der Haufen nicht aus dem Militärgefängnis freikommt, außer sie kommen alle wieder aufs Schiff.« Schadenfreude über das Schicksal solcher Missetäter, die dem Empire nur Schlechtes wollten, schwang in der Stimme des Feldwebels mit. »Finde ich eine gute Sache, Sir, dass Sie denen eine Chance geben, das wiedergutzumachen.«
    Kitchens dachte an das Bündel Todesurteile, das er in seiner verschlossenen Aktentasche trug. Da er mit Amberson nach Dover gefahren war, hatte er das Andenken der Queen nicht genauer in Augenschein nehmen können. Kitchens drängte diese Überlegungen beiseite und ging die Stufen zu seinem zukünftigen Zuhause hinauf.
    Er hatte schon immer Angst vor dem Fliegen gehabt. Sich so weit vom festen, sicheren Untergrund zu entfernen lag ihm schwer auf dem Magen. Während seiner Ausbildung zum Sonderbeauftragten hatte er die Aufgaben, bei denen es darum ging, über Dächer zu laufen und von Brücken zu springen, nur mit Müh und Not bestanden. So hoch oben über der Erde, auf einem Turm, der sich im Wind leicht wiegte und knarzte, ergriff ihn wieder die Panik, die ihn schon in seinen Albträumen verfolgt hatte.
    Die Notus hing behäbig in der Luft und war groß genug, um sich in der Illusion von Stabilität zu wiegen. Pumpen sorgten dafür, dass ihr Tragkörper über ausreichende Auftriebskraft verfügte, aber sie wirkte dennoch ein wenig traurig und zerknittert. Er ging über eine Holzbrücke auf Deck und betrat damit zum ersten Mal in seinem Leben ein Luftschiff – ein menschenleeres noch dazu.
    Nicht einmal Ratten schienen sich an Bord zu befinden, obwohl er ernsthaft

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