Die Räder des Lebens
musste ein Schiff sein.
Und Glück würde ihr an einem solch chaotischen Ort nicht helfen.
Schlussendlich winkte sie einen weiteren Jungen herbei und stellte ihm dieselbe Frage. Diesmal versprach sie zwei Livres, sie hatte aus ihrer Erfahrung gelernt. Sie riss die beiden Scheine entzwei und gab ihm die zwei Hälften, die ihm allein nichts nutzten. Sein Englisch war nicht sonderlich gut, und er sah sie seltsam an, aber er nickte und machte sich auf den Weg.
In weniger als einer Stunde kehrte der zweite Junge zurück – der nicht einmal halb so gut aussah, aber wenigstens doppelt so ehrlich war. »Ich habe Schiff gefunden, ja.«
»Drei Schiffe«, sagte Paolina. Es wurde langsam Abend, und sie wollte keinen weiteren Tag in Marseille verbringen. Wenn sie einen Platz an Bord eines Schiffs bekam, dann könnte sie Frankreich endlich hinter sich lassen, das dem verräterischen England so nahe lag.
»Schiff. Fährt morgen.«
Paolina gab auf und folgte ihm in die nachmittäglichen Massen, die den Hafen bevölkerten.
Das Schiff war ein Eisenmonstrum mit zwei Schornsteinen, vier Deckkränen und rostigen Aufbauten über einem genieteten schwarzen Rumpf. Sein Name lautete Star of Gambia , und es stammte aus Liverpool.
»An Bord gehen«, sagte der Junge. »Den Maat fragen, Monsieur Johsen.« Er streckte seine Hand aus.
Es war nicht die Sorte Schiff, auf die Paolina gehofft hatte, aber allein an diesem Kai lagen mindestens sechzig Schiffe vor Anker. Sie konnte kaum umherirren und darauf hoffen, irgendwann fündig zu werden.
»Wo ist Johsen?«
»An Bord. Geld, bitte.«
Paolina reichte dem Jungen die zerrissenen Geldscheine. Sie packte das gesplissene Seil, das als Reling diente, und schleppte sich den steilen, knarrenden Laufgang zum Schiff hinauf.
Sie musste darauf hoffen und beten, dass die Star of Gambia ihr mehr Glück bringen würde als die Notus , und dass sie es schaffte, den Fängen des Schweigsamen Ordens und der Britischen Krone, der sie dienten, zu entkommen. Als sie über die Reling in das stinkende Wasser unter ihr spuckte, verfluchte Paolina Newton und all seine Abkömmlinge und wünschte sich, dass England niemals den Schlüssel zur Macht gefunden hätte.
Al-Wazir
Innerhalb von zwei Tagen kletterten sie zu einer Art Landstraße hinauf, langsam, mühevoll und unter Schmerzen. Sie erstreckte sich zwar mehrere Kilometer oberhalb des afrikanischen Dschungels, gehörte aber noch zu den niederen Lagen an der Mauer. Al-Wazir bemerkte, dass es sich um eine richtige Straße handelte, die auf Dämmen gebaut war und über Brücken führte, auch wenn sie etwas verfallen wirkte und offensichtlich vernachlässigt worden war.
Er ließ Boas vorangehen. Zuerst hatte al-Wazir das gestört, aber ihm war schnell klar geworden, dass es töricht war, sich über die Hilfe des Metallmanns aufzuregen. Die Rauchfahne im Westen bewies ihm deutlich, wie es um Ottweill stand. Die Unannehmlichkeiten mit dem chinesischen Luftschiff hatten ihm vor Augen geführt, wie es ihm ohne Boas’ Hilfe ginge.
Der Blitzspeer war auch erloschen, trotzdem wechselten sie sich damit ab, ihn zu tragen.
»Einige Kreaturen in dieser Wildnis könnten intelligent genug sein, um Angst davor zu haben«, sagte Boas. »Sollten wir auf ein Vorratslager stoßen, mit dem wir ihn wieder aufladen können, dann werden wir das tun. Aber viele werden eine Waffe Ophirs erkennen, egal, in welchen Händen sie sich befindet.«
In der zweiten Nacht schlugen sie ihr Lager an einem größeren Ort auf, der offensichtlich eine Zwischenstation gewesen war. Hinter ihnen erhob sich eine Felswand, in die einige niedrige Räume geschlagen worden waren. Davor befanden sich ausgetrocknete Tröge und einige Steintische. Alles war vertrocknet und verlassen und anscheinend seit Jahrhunderten nicht mehr in Benutzung.
»Wofür ist das gebaut worden?«, fragte al-Wazir.
Boas sammelte Holz und schichtete es zu einem Lagerfeuer auf. »Ophir wurde nach einer Abwanderung von der Ostküste dieses Kontinents gegründet. Zu verschiedenen Zeitpunkten in unserer Geschichte herrschte reger Verkehr über die gesamte Breite unseres Königreichs, zugunsten unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft. Diese Straße führte von Ophir bis zum Indischen Ozean.«
»Was ist mit diesen Messingwagen, von denen das Mädchen gesprochen hat?«
»Die reichen bis zum Indischen Ozean«, sagte Boas. »Und darüber hinaus, um die gesamte Welt und zurück. Sie können aber nur an bestimmten Orten bestiegen
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