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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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oder verlassen werden. Da wir uns im Augenblick noch sehr nahe an Ophir befinden, möchte ich mich seiner Macht nur ungern aussetzen, denn es könnte mich durch die Macht der Siegel zu sich rufen, die die Wagen antreiben und kontrollieren.«
    Siegel. Sprach er von versiegelten Anordnungen seines Königs? Er war müde und mutlos. »Zu Fuß würden wir für die Strecke Monate brauchen. Wenn wir uns doch bloß in die Lüfte schwingen könnten.«
    »Mein Volk hatte Umgang mit den geflügelten Wilden«, sagte Boas. »Aber ich möchte nicht einmal an die Möglichkeit denken, mit ihnen zu reisen, selbst in ärgster Not.«
    »Allerdings.« Al-Wazir erschauderte bei dem Gedanken, sich mit den bösartigen Kreaturen auseinandersetzen zu müssen, und zweifelte am Verstand der Messingmenschen. Er verbrachte den größten Teil des Abends damit, mit dem Rücken zum Feuer zu sitzen, Richtung Norden in die afrikanische Nacht zu starren und sich zu fragen, was mit der Welt geschehen war.
    Sie teilten ihre Kräfte in den nächsten Tagen ein und kamen dabei gut voran, auch ohne al-Wazirs Verletzungen allzu sehr zu strapazieren. Die Felsenklippen, auf die sie an der Landstraße gestoßen waren, verwandelten sich mit der Zeit in lange, steile Abhänge, die von Rankpflanzen überwuchert waren und sich in blassgelbe Nebelwolken hüllten. Die Straße, die nun von den Ranken überwuchert wurde, hatte man aus der Mauerschräge herausgeschlagen. Die Pflanzen stanken nach verrottendem Fleisch. Al-Wazir konnte nicht nachvollziehen, warum oder wodurch dieser Gestank entstand.
    »Es wäre wesentlich besser für uns, hier nicht zu übernachten«, riet ihm Boas. »Wir sollten auch nichts von dem essen oder trinken, was sich hier finden lässt. Auf unserem Weg befinden sich einige Brandnarben, wo wir sicher unterkommen können.«
    »Einverstanden.« Al-Wazir teilte die Meinung des Messing. In diesem Gestank zu übernachten, würde ihm nicht nur zu Kopf steigen, es gab auch viele Kreaturen, die sich in den Rankpflanzen über und unter ihnen durch das Unterholz schlängelten. Er sah nie mehr als das Aufblitzen eines Panzers oder Muskeln, die sich unter dunkler, muskulöser Haut bewegten. Ihm reichte das allerdings aus, um nicht mehr sehen zu wollen.
    Als sie freies Gelände erreichten, das durch herabgestürzte Felsen, Kies und eine breite Brandnarbe geprägt wurde, war er erleichtert. Sie hatten die gefährlichen Rankpflanzen hinter sich gelassen. Boas weigerte sich zu jagen, und daher gab es an diesem Abend nichts zu essen, aber al-Wazir entdeckte wenigstens ein Rinnsal, das Wasser aus höheren Lagen mit sich führte, um seinen Durst zu stillen. Die gelben Nebelwolken nahmen mit der Abenddämmerung zu. Er fand im Schlaf Erholung, auch wenn er äußerst unruhig träumte.
    Am nächsten Nachmittag ließen sie das Land der Rankpflanzen endlich hinter sich und erreichten eine Gegend, in der die langen Stiele nach und nach von einer vielschichtigeren Umwelt aus Gebüsch, Gräsern und verkümmerten Bäumen ersetzt wurden. Er hätte keine klare Aussage treffen können, welche dieser Pflanzenarten den harten Überlebenskampf gewann, aber immerhin gab es kleine Nagetiere, fetten Eichhörnchen nicht unähnlich, die man jagen und zubereiten konnte.
    Afrika unter ihnen veränderte sich auch. Es erhob sich vom Küstendschungel zu immer höheren Bergkämmen. Die Straße Ophirs befand sich auf einer solchen Höhe, dass man weit blicken konnte. Sie mussten sich über 3000 Meter hoch befinden, vielleicht sogar 4500 Meter.
    Unter ihren Augen entfaltete sich ein beträchtlicher Teil Afrikas.
    Ein neuer Tag brachte sie in eine Region, in der die Straße in besserem Zustand war, wenn sie auch an die Qualität des ursprünglichen Baus nicht heranreichte. Sie folgten ihr eine Zeit lang und entdeckten Hinweise darauf, dass auch andere die Straße benutzten, bis al-Wazir und Boas auf ein großes Tor trafen, das quer über dem Weg errichtet worden war. Das südliche Ende des Gebäudes war in ein Felsknie der Mauer hineingebaut, das nördliche ragte über einen Abgrund hinaus. Das Geräusch gurgelnden Wassers und Gischt ließen darauf schließen, dass sich hinter dem Tor ein Wasserfall befand.
    Al-Wazir und Boas betrachteten die Befestigung aufmerksam. »Erstklassige Wahl, um angreifende Truppen aufzuhalten.«
    Es handelte sich um einen Turm mit quadratischen Eckbauten, die aus einer Mischung von großen, flachen Steinen und kleinen Ziegelsteinen bestanden. Das Tor selbst war in

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