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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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nicht bis zur Spitze reichten.
    Er fragte sich, wie sie ihn vom Lokomotivbauer hierherbekommen hatten. Das hätte er gerne mit eigenen Augen gesehen.
    Ottweill ließ die Zügel knallen und wandte sich ihm zu. »Also, Sie sind also der Mann Ihrer Kaiserlichen Majestät, der mir auf die Finger sehen soll. Ich hatte mich schon gefragt, wann Sie auftauchen würden.
    »Das bin ich nicht«, sagte al-Wazir. »Ich bin bloß der Typ für die Mauer, nicht der Spion.«
    »Pah.« Ottweill schüttelte den Kopf. »Sie sind mit einem dieser aalglatten Burschen von Lloyd George hier aufgetaucht. Sie sind eine von den Hofschranzen, mein Großer.«
    »Wie Sie wollen. Niemand hat Berichte von mir verlangt, und ich werde niemanden verpfeifen.« Al-Wazir musste wieder lachen. »Hab zu viele Petzen in der Navy erlebt. Merkwürdigerweise fallen die bei Sturm oft über Bord.«
    »Wir kriegen hier nur selten direkte Anweisungen von der Königin«, murmelte Ottweill.
    Hier geht es um wirklich viel Geld, dachte al-Wazir. Alles geschah auf Ottweills Anweisungen; ob es sich um seine riesigen Maschinen handelte, ihren Transport nach Afrika, oder darum, tausend Männer quer durch die Nördliche Hemisphäre zu verschiffen. Das alles ungeachtet dessen, wer den Zahlmeister für ihn spielte.
    So viele Gefahren. Und er mittendrin, der schon wieder wie ein Offizier dachte. Al-Wazir hasste das.
    Der Sulky folgte im Zickzack einer Straße den Hang des Steinbruchs hinab, bis er am westlichen Ende die Stelle erreichte, wo der Dampfbohrer in den Tunnel gefahren war. Einige Männer kümmerten sich dort um ihre Aufgaben. Er konnte sich gut vorstellen, warum sie so bemüht wirkten, wenn Ottweill an ihnen vorbeifuhr, aber er ging davon aus, dass sie nicht viel mehr zu tun hatten als herumzustehen und zu warten, jetzt, wo der Bohrer wieder unterwegs war.
    Sie kamen klappernd auf einem Kutschenparkplatz zum Stehen.
    »Auf dem Rückweg reden wir miteinander«, sagte Ottweill kurz angebunden. »Wenn Sie an meine Arbeit glauben, dann werden wir miteinander zurechtkommen. Wenn Sie sich über meine Arbeit lustig machen, ist es mir völlig egal, was Ihre Kaiserliche Majestät über Sie gesagt hat.«
    »Oh, ich gehöre zur Royal Navy.« Al-Wazir schenkte ihm sein strahlendstes Ich-rede-mit-einem-Offizier-Lächeln. »Ich glaube an alles, was man mir zu befehlen glaubt.«
    Ottweill musste gegen seinen Willen prustend lachen.
    Der offizielle Rundgang führte an den Hilfsarbeitern vorbei, die die Rückkehr des Dampfbohrers erwarteten. Es war al-Wazir klar, dass Ottweill der Maschine einen großen Auftritt verschaffen wollte. All diese Menschen warteten hier lediglich, um den Besuchern zu beweisen, wie aufwändig und unerlässlich die Betreuung dieses mächtigen Geräts war.
    Das alles nur, um zu zeigen, wie sehr das Geld benötigt wurde, dachte al-Wazir.
    »Das hier sind die Heizer«, sagte Ottweill und zeigte auf eine Gruppe dreckiger Männer, deren Gesichter und Kleidung mit schwarzem Staub überzogen waren. »Sie können in weniger als zwanzig Minuten den Tender des Dampfbohrers mit zweiunddreißig Tonnen Kohle beladen.«
    Einige Schritte weiter zeigte er auf vier dünne Männer und zwei Jungen, die neben einem Durcheinander aus großen Kannen und schmalen Schläuchen standen. »Die Öler. Schmieren die Getriebe und die Antriebssysteme.« Ottweill sah sie reihum an. »Diese sind unabhängig vom Bohrkopf, klar? Eine andere Mannschaft.«
    Und so ging es weiter. Sie sahen sich Metallarbeiter an, die Kühlwassermannschaft, Bergleute, Tunnelknechte, Electricer, Chemiker und Gesteinsprüfer – ein wahres Potpourri der industriellen Revolution, wie al-Wazir klar wurde. Es ähnelte der Organisation einer Schiffsmannschaft, mit ihren Divisionen, den Bootsleuten und Freiwächtern und den verschiedenen Spezialisten.
    Al-Wazirs und Kitchens’ Blicke trafen sich. Er wusste nichts über Tunnel oder schweres Gerät, aber er hatte Erfahrung damit, komplizierte Abläufe zu überwachen. Ottweill oder einer seiner Stellvertreter verstand sein Handwerk.
    Am Schluss standen die drei neben den Schienen, die aus dem Tunnel herausführten. Sie waren doppelt so breit wie handelsübliche Schienen. Als al-Wazir sie eingehender betrachtete, fiel ihm ein weiteres Schienenpaar zwischen der großen Spurweite auf. Er drehte sich um. Die Schiene in Standardspurweite führte in einem Bogen von den gekürzten Dampfbohrergleisen zu einem langgestreckten Schuppen. Eine Werkslok, mit der man den Bohrer

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