Die rätselhaften Worte
zweifellos Vorwürfe macht. Egal, ein Leben ist schon futsch. Was bringt es, wenn noch eins kaputtgemacht wird, frage ich mich?«
»Und wie lautet deine Antwort?«
Er lächelte und sagte: »Nun, du darfst dich freuen, ich werde den ausgezeichneten Rat annehmen, den ich eben erhalten habe. Ich werde sein Alibi für den Abend von Jax’ Tod überprüfen, und danach werde ich eine Entscheidung treffen.«
Sie lächelte zurück und antwortete: »Wir machen noch was aus dir. War’s das? Ich müßte nämlich schon längst wieder in der Bibliothek sein.«
»Sag ihnen, du hast einem steuerzahlenden Bürger bei einem Rechercheproblem geholfen. Das sollte dein Gewissen beruhigen. Und um meins zu beruhigen, noch ein bißchen was Dienstliches – als du in der Galerie auf deine Befragung durch Sergeant Wield gewartet hast, hast du da mit jemandem gesprochen?«
»Ich glaub’ schon. Wir waren ja nicht zum Schweigen verpflichtet, oder? Warum fragst du?«
»Nur, weil du nicht erwähnt hast, ob du jemanden in der Bibliothek gesehen hast, als du zurückgegangen bist, um deine Sachen zu holen. Und da habe ich mich gefragt, ob du vielleicht mit irgendwem darüber gesprochen hast, während du auf deine Vernehmung gewartet hast.«
Sie kombinierte blitzschnell.
»Jemand könnte sich also ein Alibi verschafft haben, indem er angegeben hat, mich gesehen zu haben?«
»So was in der Art.«
Jetzt war sie doch sauer. An ihrem Gesicht konnte er ablesen, wie all seine vielversprechenden Fortschritte den Bach hinuntergingen.
»Geht’s um Dick? Um ihn geht es doch, oder?«
»Nein«, wehrte er ab. »Also gut, er hat gesagt, er hätte dich gesehen, aber du hast ihn nicht erwähnt …«
»Und das soll bedeuten, daß er lügt? Daß er nicht da war, als ich da war, weil er sich in der Toilette befand und Steel ermordet hat? Meine Güte, wenn du jemanden gefressen hast, dann aber richtig! Kein Wunder, daß die Gefängnisse überquellen vor lauter Unschuldigen, die die Polizei reingeritten hat!«
Sie erhob sich und warf dabei ihre Kaffeetasse um. Er sprang auf, um nichts abzubekommen.
»Richtig gedacht, aber es betrifft den Falschen«, sagte er hastig. »Es ist dieser Romanschreiber, Penn, der mich interessiert. Er sagt, er habe sowohl dich als auch Dee gesehen. Aber ihr beide habt ihn nicht erwähnt.«
Sofort war ihr Ärger verflogen. Er fand es höchst interessant, daß sich ihre Empörung über die Mißachtung von Bürgerrechten offenbar nicht auf Charley Penn ausdehnte.
»Nein«, sagte sie langsam. »Ich habe ihn definitiv nicht gesehen. Und ja, als ich mich mit Dick unterhielt, während wir auf die Befragung warteten, hing da auch Penn herum, wie immer. Aber du willst doch nicht im Ernst behaupten …«
»Ich will gar nichts behaupten«, erwiderte er. »Aber wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, und wir suchen jemanden, der sehr gebildet ist, nicht richtig tickt und einen Hang zu Wortspielen hat.«
»Dann solltet ihr sämtliche Lehrerzimmer im Land abklappern«, meinte sie gelassen. »So, jetzt muß ich aber gehen, sonst bringt Dick mich um … Entschuldigung, ich will natürlich sagen … ach Scheiße, bald bin ich so neurotisch wie du. Bis Sonntag.«
»Ja, klar. Hör zu, vielleicht könnten wir uns schon vorher mal treffen, zusammen ins Kino gehen oder so …«
»Nach allem, was ich bislang von deiner Arbeit mitbekommen habe, wäre eine Frau schön blöd, sich mit dir woanders als in ihrer eigenen warmen Wohnung zu verabreden«, antwortete sie. »Du kannst mich ja anrufen, wenn du mal definitiv und unwiderruflich frei hast. Bis dann.«
Er sah ihr nach. Sie hatte einen aufregenden Gang. Den Kopf hoch erhoben, schritt sie mit gerade soviel Hüftschwung dahin, daß ihr Hintern ein klein wenig wackelte.
Ja, das ist die Richtige, sagte er sich, als sie verschwand.
Er beugte sich über die Balustrade, und es war ihm, als könne er die Freude, die seinen Körper durchströmte, mit all den Menschen teilen, die dort unten durch das Einkaufszentrum eilten.
Da blickte er direkt in die vorwurfsvollen Augen von Peter Pascoe, der mitten unter den Passanten stand und zu ihm heraufschaute. Mit der Rechten drückte er sein Handy ans Ohr, mit der Linken bedeutete er ihm energisch, herunterzukommen.
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Zweiundzwanzig
R eif sein ist alles, das weiß jeder Regierungsberater, und was der Sehende wahrnimmt, ist meist das, was der Wahrnehmende zu sehen bereit ist.
Eigentlich war Peter Pascoes Blick eher erleichtert als
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