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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Tötungsdelikt, und wenn wir mit der Befragung der Besucher der Vernissage durch sind, dann haben wir die Sache im Sack, und das noch vor dem Fußball.«
     
    Aber diesmal lag Dalziel mit seiner Voraussage falsch. Gegen Abend hatte man sämtliche Gäste aufgespürt und befragt. Niemandem war im Zusammenhang mit dem Grabstichel etwas Verdächtiges aufgefallen. Stadtrat Steel hatte wie immer Beschwerden und Vorwürfe geäußert, aber es hatte sich alles im üblichen Rahmen gehalten. Zu einem Wortwechsel war es nur mit Charley Penn gekommen, der sich über Steels Bemühungen empört hatte, seinem Literaturzirkel die Mittel zu streichen. Aber wenn das als Motiv gelten sollte, dann waren, wie der Schriftsteller ausführte, sämtliche Angestellten des HAL Centre verdächtig, denn schließlich wollte der Stadtrat die Hälfte von ihnen entlassen und den übrigen radikal den Lohn kürzen. Mary Agnew erinnerte sich, mit ihm zusammen hinuntergegangen zu sein. Während dieses kurzen Zwischenspiels mußte sie sich die Hauptverfehlungen ihrer Zeitung vorwerfen lassen. Als sie das Halbgeschoß erreichten, sagte er: »Muß wohl einen Penny opfern« und ging seiner Wege, zur Herrentoilette, wie sie annahm. Sie hatte nicht bemerkt, daß ihm jemand folgte.
    Der Druck, den Dalziel auf den Chief Constable ausgeübt hatte, war weitergegeben worden, so daß schon am frühen Abend ein vorläufiger Obduktionsbericht vorlag. Er besagte, daß Steel durch einen einzigen Stich mit dem Grabstichel getötet worden war (womit die Gerichtsmediziner bestätigten, daß es sich um die Tatwaffe handelte). Der Stich war direkt durch den Rückenmarkskanal und den Pons Varoli des Stammhirns gegangen und, wie Bowler gesagt hatte, entweder mit viel Glück oder mit viel Erfahrung ausgeführt worden. Die Fingerabdrücke am Grabstichel waren abgewischt worden.
    Andy Dalziel las den Bericht, meinte nur: »Leck mich doch!« und ging nach Hause.
    Dort angekommen, hörte er seinen Anrufbeantworter ab. Es gab nur eine Nachricht, von Cap Marvell. Sie bedauerte noch einmal, daß ihnen ihr gemeinsamer Nachmittag durch den unzeitigen Tod von Steel verdorben worden war, und meinte, sie hätte sich damit zufriedengegeben, wie Tennysons Mariana in ihrer Wohnung herumzusitzen, hätten sie nicht ein paar alte Freundinnen aus ihrer radikalen Zeit aufgefordert, auf ein Gläschen auszugehen und sich vielleicht die neueste Männer-Stripshow im Jock the Cock’s Nite Spot anzuschauen.
    Dalziel seufzte. Für diesen weisen Entschluß konnte er ihr keinen Vorwurf machen, aber er vermißte sie. Andererseits, da er nun sich selbst überlassen war, konnte er sich gewissen erleseneren Genüssen hingeben, bei denen ein Mann nicht gern durch Genörgel oder Gejammer gestört wird.
    Er ging in die Küche und kam kurz darauf mit dem zurück, was er die Vier Letzten Dinge nannte, nämlich einer Gabel, einem Glas eingelegter Heringe, einem Bierkrug und einer Flasche Highland Park. Er goß das vierte in das dritte, versenkte das erste im zweiten und lehnte sich zurück, um
Match of the Day
zu genießen. Das war zwar nur ein armseliger Ersatz für ein richtiges Spiel wie Rugby-Football, aber immerhin spielte Manchester gegen Leeds, man durfte also mit einem hohen Gewaltfaktor rechnen. Zwei gelbe Karten später klingelte das Telefon.
    »Ja!« bellte er.
    »Ich bin’s«, meldete sich Pascoe.
    »O Scheiße.«
    »Zutreffende Lagebeschreibung«, antwortete Pascoe. »Der Wachmann im Zentrum hat auf seiner Runde den Hauptbriefkasten rappeln hören, und als er nachgesehen hat, fand er darin einen Umschlag mit der Aufschrift ›Bibliothek‹. Normalerweise hätte er ihn liegenlassen, aber wegen des Mordfalls sind sie dort jetzt auf dem Quivive. Also hat er es seiner Zentrale gemeldet, und die haben’s an uns weitergeleitet.«
    »Und du bist immer noch da?« fragte Dalziel. »Was ist los? Hat Ellie dich ausgesperrt?«
    »Nein, Chef. Ich war schon zu Hause. Seymour hat mich angerufen. Ich glaube, er wollte dich nicht stören …«
    »Schön zu hören, daß es noch Leute gibt, für die Rücksicht kein leeres Wort ist. Okay, die Musik hat aufgehört, ich stehe ohne Stuhl da. Sag mir, daß ich falsch liege.«
    »Fürchte nein«, antwortete Pascoe. »Sagtest du nicht, der Fall Steel würde sich als klassischer Mord erweisen? Vergiß es. In dem Umschlag war der Vierte Dialog. Sieht so aus, als hätte der Wordman sich wieder gemeldet.«
    Vom anderen Ende kam erst Schweigen, dann ein wütender

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