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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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einer, der sich durchbiss. Und wenn es ihm mal beschissen ging, hat er darüber geredet. Mit mir. Er sagte immer: Wir haben Schwein miteinander, Erna, Riesenschwein. Und als ich alt und fett wurde, sagte er nur: Guck mich an, findest du meine weiße Wampe schön? Und dann haben wir gelacht. Jochen, warum macht er so was?« Sie wandte sich ihm zu und sagte mit breitem Mund: »In meiner Wut ist mir sogar schon der Gedanke gekommen, dass er sich gar nicht selbst erschossen hat. Aber natürlich soll man so etwas nicht denken.«
»Was hatte er eigentlich mit mir vor?«, fragte Mann.
Sie lächelte, während sie sich mit einem Papiertaschentuch über die Augen wischte. »Na ja, er wollte, dass du ihm hilfst. Aber er wollte dich wirklich überzeugen. Hat er dir die Geschichte von Sittkos Vermögensverzeichnis erzählt?«
»Nein, wie geht die?« Besorgt beobachtete Mann, wie zerbrechlich Erna wirkte. Er dachte, wenn sie von etwas anderem als Erich redet, wird sie das ablenken.
»Du weißt ja vielleicht, dass Sittko erst zu der Bankgesellschaft stieß, als es die schon ein paar Jahre gab. Er trat als Retter auf, bot ihnen eine Lösung, wie sie Bücher wieder Schönschreiben konnten, indem er, Sittko, Hauptmieter der Objekte wurde, die Probleme bereiteten. Die Banker waren zwar sofort begeistert, haben ihn aber, der lieben Ordnung halber, gebeten, ein privates Vermögensverzeichnis einzureichen, damit die Seriosität des Herrn Sittko auch aktenkundig werden konnte. 

Tatsächlich nannte Sittko zehn oder fünfzehn, ich weiß nicht mehr genau, Immobilien sein Eigen, die zusammengenommen vierzig Millionen Euro wert sein sollten. Das entsprach ungefähr der Summe, auf die Sittko vorher schon geschätzt worden war. Guckte man die Aufstellung aber genauer an, dann las man bei der einen oder anderen Immobilie, dass dort nicht stand: Jahresmieteinnahmen sechshunderttausend Euro. Stattdessen stand da: Bei Vermietung sind sechshunderttausend Euro Jahresmiete zu veranschlagen. Nachdem Erich das bewusst geworden war, war er sehr aufgeregt und wandte sich an einen befreundeten Banker. Er legte ihm Sittkos Verzeichnis vor und bat ihn, das Vermögen zu bewerten. Das Ergebnis lautete: Mit großem Wohlwollen beläuft sich das Vermögen dieses Mannes auf etwa vier Millionen Euro. Wahrscheinlich eher weniger. Der befreundete Banker hatte sich die Immobilien sogar angesehen und Fotos gemacht. Das waren zum Teil schrottreife Kästen, unvermietbar. Das Vermögensverzeichnis von Sittko war nicht das Papier wert, auf dem es stand. Obwohl ja nicht Sittko selbst die Bewertung vorgenommen hatte, sondern ein Wirtschaftsprüfer, der garantiert eine Menge Knete für diesen Unsinn eingestrichen hat.«
»Gibt es dazu Unterlagen? Unten in seinem Keller?«
»Aber sicher«, sagte sie. »Dort stehen zwei oder drei Ordner mit der Aufschrift Was übrig bleibt . Wenn du willst, holen wir sie.«
»Das wäre wirklich gut.«
»Du kannst alles haben, was das unten ist. Erich braucht es ja doch nicht mehr.«
Wieder übermannten sie die Tränen und leise schluchzend ging sie voran, hinunter in den Keller. Sie entriegelte die Schlösser, stieß die Tür auf und sagte leise und beinahe feierlich: »Alles zu deiner Verfügung, mein Lieber!« Dabei knipste sie das Licht an.
Im nächsten Moment schrie sie auf und ihre dicken weißen Arme schossen in die Höhe, als wollte sie sich an der Kellerdecke festhalten. Dann sackte sie zusammen, sank auf den Boden und fiel auf die Seite. Ihr Atem ging flach und gepresst.
Einen Augenblick stand Mann stocksteif in der Kellertür, dann rannte er die Treppe wieder hinauf. Das Telefon stand im Flur der Wohnung unter einer Pinnwand. Mann suchte und fand unter den Zetteln auch einen mit der Nummer eines Arztes. Er drückte die Ziffern in das Telefon und keuchte: »Los, geh ran, verdammt nochmal!«
»Praxis Dr. Steffen«, sagte eine Frau.
»Schnell zu Frau Ziemann!«, rief er. »Sie ist zusammengebrochen.«
»Na, wäre sie mal besser im Krankenhaus geblieben«, murmelte die Frau. »Der Doktor kommt sofort.«
Mann rannte zurück in den Keller.
Erna Ziemann lag nun auf dem Rücken, ihre Augen waren geschlossen und immer noch atmete sie stoßweise und keuchend, als bekäme sie nicht genug Luft.
»Der Arzt kommt«, flüsterte Mann hilflos. »Mach jetzt bloß keinen Scheiß, Erna. Nur ein paar Minuten, er muss gleich hier sein.«
Ihr Kopf fiel zur Seite und einen panischen Augenblick lang dachte Mann, sie habe aufgehört zu atmen.
»Ganz ruhig,

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