Die Ranch
sie den ganzen Nachmittag zu lieben, die ganze Nacht. Und sie würden lange Gespräche führen, und er würde ihr seine Lieblingsbücher geben. Inzwischen hatte er herausgefunden, dass sie leidenschaftlich gern las, und sie bevorzugten dieselben Autoren. Er besaß ein paar kostbare Erstausgaben, die ihr sicher gefallen würden. Wenn sie Hand in Hand den Strand entlangwanderten, würde er ihr alle seine Geheimnisse anvertrauen, obwohl er ihr die meisten schon verraten hatte, während sie durch die grünen Täler von Wyoming geritten waren. Voller Zuversicht blickte er in eine glückliche gemeinsame Zukunft.
Schließlich wünschte er ihr eine gute Nacht. Beide waren zufrieden, doch am wichtigsten erschien ihm Mary Stuarts Reise nach London. Deshalb stellte er eine letzte beklemmende Frage. »Und wenn er dich zurückgewinnen will?«
»Sicher nicht«, erwiderte sie und küsste ihn.
»Wenn er's nicht versuchte, wäre er ein Narr.« Sollte Bill Walker die Scheidung ablehnen, musste Hartley seine Zukunft ohne Mary Stuart gestalten. »Wollen wir irgendein Signal vereinbaren? Damit ich weiß, ob mein neues Leben beginnt – oder schon wieder vorbei ist?«
»Mach dir keine Sorgen.« Zärtlich küssten sie sich, und er begehrte sie mit wachsender Leidenschaft. »Ich liebe dich«, beteuerte sie. Obwohl sie einander erst seit wenigen Tagen kannten, hatte sie sich für ihn entschieden, und sie wusste, dass sie es nie bereuen würde. Er war ganz anders als Bill. Mit jedem der beiden Männer hätte sie ein ganzes glückliches Leben verbringen können, doch die Zeit mit Bill ist vorbei, dachte sie, und die Zeit mit Hartley fängt an.
18
Auf der Fahrt zum Rodeo waren sie wieder in bester Stimmung. Diesmal kam Zoe nicht mit, obwohl sie sich viel besser fühlte, aber sie wollte ihre Kräfte schonen. Und so blieb sie mit Hartleys neuestem Buch, das er ihr geschenkt hatte, im Bungalow. An diesem Abend würde sie Jade und Sam anrufen.
Hartley begleitete die zwei Freundinnen zum Rodeo. Am Nachmittag hatte er in Jackson Hole für Mary Stuart und sich selbst Cowboyhüte gekauft, und Tanya meinte, damit würden sie wie schicke Texas-Rancher aussehen. Die Hutkronen und Krempen waren genau richtig geformt, und seltsamerweise trugen beide dunkelblaue Jeans und Pullover. Hartley behauptete, manche Paare würden instinktiv die gleiche Kleidung wählen, wenn sie sich besonders gut verstünden. Beim Anblick der Liebenden wurde es Tanya warm ums Herz. »Wie süß ihr seid …«
Die Beine übereinander geschlagen, saß sie im Wohnmobil auf der Couch und fieberte dem Wiedersehen mit Gordon entgegen. Hartley wusste, was sie für den Cowboy empfand, war jedoch sehr diskret, und sie musste nicht befürchten, dass er ihr Geheimnis verraten würde.
Ebenso wie Gordon sorgte er sich um ihre Sicherheit. »Vielleicht sollten Sie Leibwächter mitnehmen.«
Mary Stuart stimmte ihm zu. Auch sie befürchtete, die Freundin würde sich während des Rodeos in Gefahr bringen. Tanya teilte diese Angst nicht. »In L.A. würde ich so eine Veranstaltung niemals ohne Bodyguards besuchen, aber hier sind die Leute anständig. Sie werden mir nichts antun. Schlimmstenfalls bitten sie mich um ein paar Autogramme, und das kann ich verkraften. Es wäre zu protzig, bei einem Kleinstadtrodeo mit Bodyguards zu erscheinen und den Hollywoodstar hervorzukehren. Da würde ich mich nur blamieren.«
»Trotzdem wär's klüger«, beharrte er. »Seien Sie wenigstens vorsichtig.«
Lächelnd nickte Tanya, erfreut über seine Liebe zu Stu. Sie hatte Bill Walker nie gemocht und stets gefunden, er würde zu viel von Mary Stuart verlangen. Alles hielt er für selbstverständlich – ein perfektes Heim, eine perfekte Ehefrau, perfekte Kinder. Hatte er sein Glück jemals zu schätzen gewusst und ihr nur ein einziges Mal gedankt? Sicher würde er maßlos staunen, wenn sie die Scheidung einreichte. Seine kühlen, unpersönlichen Faxe ärgerten Tanya ganz besonders. Welch ein Unterschied zu dem netten, gütigen Hartley, der immer so besorgt um alle Menschen in seiner Umgebung war … Er passte großartig zu Mary Stuart.
Energisch nahm er Tanya das Versprechen ab, an diesem Abend vorsichtig zu sein und sofort die Polizei zu rufen, wenn es Probleme gäbe.
»Bleib in unserer Nähe und lauf nicht wieder davon!«, mahnte Mary Stuart.
»Okay, Mom«, erwiderte Tanya belustigt, die vor lauter Aufregung nicht mehr still sitzen konnte. Das Wohnmobil fuhr auf den Parkplatz, polterte über tiefe
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