Die Ranch
menschliche Gefühle?
»Nein, mit einem Redakteur. Und Tony hat auch angerufen. Er möchte mit Ihnen über die Kinder reden.«
»Wieso?« Erschöpft ließ Tanya den Kopf an die Sessellehne zurücksinken und schloss die Augen, als Jean ihr gegenüber Platz nahm, um weitere Termine aufzuzählen. Ein Anwalt, ein Buchhalter, ein Dekorateur, der ihr eine neue Ausstattung ihres Hauses empfahl, ein Innenarchitekt, der die Küche ihres Strandhauses umkrempeln wollte. Alle mussten empfangen und angehört und bezahlt werden. Und wenn Tanya den Erwartungen nicht entsprach, würde man sie verklagen. Dass Bennett diese Leute zur Vertraulichkeit verpflichtete und sich schriftlich bestätigen ließ, sie würden der Presse keine Informationen über seine Klientin liefern, spielte keine Rolle. »Warum will Tony mit mir über die Kinder reden?«, fragte sie ihre Sekretärin, die immer noch in den Notizen blätterte. Manchmal arbeitete Jean zwölf Stunden am Tag. Es war kein leichter Job, aber gut bezahlt, und sie liebte den damit verbundenen Glamour, besuchte eifrig Tanyas Konzerte und genoss es, sich an ihrer Seite zu zeigen, die alten Kleider ihrer Chefin zu tragen und in deren Schatten ein seltsames Leben aus zweiter Hand zu führen. Auch sie hatte die Karriere einer Sängerin angestrebt, doch dafür fehlten ihr die entsprechende Stimme, Glück und Talent. Und so begnügte sie sich mit Tanyas Erfolg, der gewissermaßen auf sie abfärbte.
»Das hat er nicht erwähnt«, antwortete sie. »Er sagte nur, Sie sollen ihn bitte zurückrufen.«
Eine halbe Stunde lang musste Tanya die geschäftliche Besprechung noch erdulden, dann erklärte Jean, die Haushälterin habe das Dinner in der Küche bereitgestellt. Aber Tanya goss sich nur ein Glas Wein ein, las Notizen und Verträge durch, die ihre Anwälte von den Veranstaltern der nächsten Konzerte erhalten hatten.
Um neun verließ Jean endlich das Haus, und Tanya rief Tony an. »Hi«, begann sie mit müder Stimme. Es war ein langer Tag gewesen – erst der Rückflug von New York nach Los Angeles, dann die vielen Probleme, die sie zu Hause erwartet hatten. Manchmal fragte sie sich, ob sie das alles überleben würde. »Du wolltest mich sprechen?«
»Ja.« Seine Stimme klang befangen und distanziert. »Wie war's in New York?«
»Schön, mehr oder weniger. Ich traf Mary Stuart Walker wieder – schon allein deshalb hat sich die Reise gelohnt -und Felicia Davenport. Leider wurde ich bei der Talk-Show mit dem ganzen Müll aus der Presse bombardiert.« So etwas hatte sie schon öfter durchgemacht, und es gab nichts mehr, was sie überraschen konnte. Aber es war immer noch unangenehm. »Und das Gespräch mit dem Literaturagenten war reine Zeitverschwendung.« Dann merkte sie, dass sie zu viel erzählte. Er interessierte sich nicht mehr für ihr Leben. »Darauf kommt's jetzt nicht an. Oder doch? Geht's in unserer Ehe nur noch ums Geschäft?«
»Darum ging es doch immer, Tanya. Deine Arbeit, deine Konzerte, deine Karriere, deine Benefizgalas, deine Proben, deine Musik.«
»So siehst du's mittlerweile? Ein bisschen was hast du ausgelassen. Was wir gemeinsam unternommen haben, unsere Reisen, die Zeit mit den Kindern …« In dieser Ehe hatte es mehr gegeben als Tanyas Karriere. Es war unfair von Tony, das Gegenteil zu behaupten, nur um seine Trennung von ihr zu rechtfertigen. Doch sie wollte nicht mit ihm streiten. Nicht nur wegen ihres aufreibenden Jobs war die Ehe gescheitert, sondern auch, weil Tony von der Boulevardpresse gedemütigt wurde. Um einen Star im Showbusiness zu lieben, musste man ein sehr dickes Fell haben, und das besaß er offenbar nicht. »Übrigens, was hast du den Kindern erzählt?«
In New York hatte sie überlegt, ob sie mit ihnen telefonieren sollte. Doch sie wollte lieber warten, bis Tony mit ihnen gesprochen hatte.
»Ihre Mutter kümmert sich um sie«, erklärte er ärgerlich. »Und sie hat ihnen sämtliche Zeitungsartikel gezeigt.«
»Tut mir Leid«, beteuerte Tanya. Für sie alle war die Situation schmerzlich. Besonders für die Kinder.
»Mir auch.« Aber diese Worte klangen eher erleichtert. »Eigentlich hat Nancy mich aufgefordert, mit dir zu reden. Nach allem, was über uns geschrieben wird, will sie die Kinder vorerst nicht mehr deinem – Lebensstil ausliefern.«
»Meinem Lebensstil?«, fragte Tanya verwirrt. »Welchem Lebensstil? Was hat sich denn seit letzter Woche geändert?«
Ach ja, natürlich. Leos Behauptung, sie habe ihn sexuell belästigt und sei
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