Die Ranch
Aber während der Fahrt durch die Stadt hatte er sie gähnen sehen. Also war er an seinem Domizil vorbei und nach Edgewood gefahren. Nun entschuldigte sie sich und meinte, sie sei eine schlechte Gesellschaft.
»Das bist du nicht«, erwiderte er sanft und schaute sehnsüchtig zu ihrem Haus hinauf. Aber das Kind und das Au-Pair-Mädchen würden ihn ohnehin stören. »Jedes Mal, wenn ich dich sehe, möchte ich länger mit dir zusammen sein. Aber du bist viel zu beschäftigt.« Trotzdem brachte er Verständnis für die Anforderungen ihres Berufs auf. Auch er hatte alle Hände voll zu tun, denn neben seiner Tätigkeit am UC Hospital hielt er regelmäßig Vorträge im ganzen Land.
»Vielleicht findest du mich nur deshalb immer noch interessant.« Lächelnd musterte sie sein markantes Gesicht. Aber so attraktiv sie ihn auch fand, sie würde ihn niemals lieben. »Wenn wir öfter zusammen wären, würde ich dich womöglich langweilen.«
Lachend schüttelte er den Kopf. »Wohl kaum.« Noch nie hatte ihn eine Frau so sehr gereizt. Irgendwie gelang es ihr, verletzlich und unerreichbar zugleich zu wirken, stark und sanftmütig. Gerade diese Kontraste erregten ihn mehr, als er sich eingestehen wollte. »Vermutlich kann ich dich nicht dazu überreden, heute Nacht deinen Haushalt zu schockieren?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Nein, wirklich nicht, Dick. Tut mir Leid.«
»Nun, das überrascht mich nicht«, seufzte er resignierend. »Ich bin nur enttäuscht. Schau mal in deinen Terminkalender und nimm dir ein Wochenende frei. Möglichst bald.«
»Ja, Sir.«
Er begleitete sie die Eingangsstufen hinauf und sperrte die Tür mit ihrem Schlüssel auf. Dann hauchte er einen keuschen Kuss auf ihre Lippen. Es wäre sinnlos gewesen, etwas zu beginnen, das er nicht beenden konnte. Und er war ein geduldiger Mann, ein oder zwei Wochen würde er noch warten, obwohl er es vorgezogen hätte, in dieser Nacht endlich wieder mit ihr zu schlafen. Sie dankte ihm für das Dinner, und er fuhr davon. Erleichtert eilte sie in ihr Schlafzimmer, zog sich aus und sank ins Bett, ohne ein Nachthemd anzuziehen oder auch nur die Zähne zu putzen. Sie war so müde, dass sie nur noch die Augen schließen wollte.
Am nächsten Morgen erwachte sie erst um sechs. Jade saß bereits hellwach in ihrem Bettchen und beschäftigte sich mit den Spielsachen, die das Au-Pair-Mädchen am vergangenen Abend bereitgelegt hatte. Leise sang sie vor sich hin. Beim Anblick ihrer Mutter stieß sie einen Freudenschrei aus.
»Hi, mein Äffchen!« Zoe trug sie ins Bad, um die Windeln zu wechseln. Dabei kam ihr das Kind viel schwerer vor als normalerweise. Obwohl sie ein paar Stunden geschlafen hatte, fühlte sie sich immer noch erschöpft. In letzter Zeit geschah das immer öfter, und das erinnerte sie daran, dass sie das Labor anrufen musste, wenn sie in ihrem Sprechzimmer ankam.
Um Viertel vor sieben verließ sie das Haus, um sieben absolvierte sie die Visite im UC Hospital, und um halb acht betrat sie ihr Sprechzimmer. Im Wartezimmer saßen bereits zwei Dutzend Patienten. Also konnte sie das Labor erst zu Mittag anrufen. Aber die Testresultate lagen noch nicht vor.
Ausnahmsweise verlor sie die Beherrschung. »Verdammt, daraufwarten wir schon zwei Wochen«, beschwerte sie sich. »Es ist einfach unfair, die Leute so lange im Ungewissen zu lassen. Hier geht's um Leben und Tod, nicht um Urinanalysen. Wann bekomme ich die Ergebnisse?«
Der Laborant entschuldigte sich für die Verzögerung und versprach, ihr die gewünschten Informationen zu geben, wenn sie um vier noch einmal anrufen würde. Doch dazu kam sie erst um halb sechs, und es saßen immer noch Patienten im Wartezimmer. Aber sie wollte die Resultate erfahren, bevor das Labor geschlossen wurde, und so wählte sie die Nummer. Entnervt presste sie den Hörer ans Ohr, während die Testergebnisse gesucht wurden, und schob Aktennotizen auf ihrem Schreibtisch umher.
Endlich meldete sich der Laborant wieder. »Positiv -alle«, erklärte er in sachlichem Ton. Keine große Überraschung. Ihre Patienten waren ausnahmslos HIV-positiv, deshalb kamen sie in ihre Klinik.
»Positiv?«, wiederholte sie, als hätte sie das Wort nie zuvor gehört.
»Positiv?«
In ihrem Kopf drehte sich alles.
»Ja«, bestätigte er leichthin. »Finden Sie das erstaunlich?«
Nein … Das erklärte die ständige Müdigkeit, den Gewichtsverlust, den gelegentlichen Durchfall, all die Symptome, die sie seit Weihnachten plagten. Diesmal hatte sie sich selbst
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