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Die Ranch

Die Ranch

Titel: Die Ranch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steel Danielle
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alten VW-Bus. Zu Hause angekommen, sah sie beinahe so elend aus, wie sie sich fühlte. Das Au-Pair-Mädchen erschrak, und sogar Jade starrte sie angstvoll an. »Mommy traurig?«
    »Mommy liebt dich«, versicherte Zoe und drückte sie an sich. Von jetzt an musste sie in der Nähe des Kindes sehr vorsichtig sein. Bloß keine Schnittwunde … Vielleicht sollte sie im Haus einen Mundschutz und Handschuhe tragen. Nein, das wäre lächerlich. Nur keine Panik. Als Ärztin musste sie sachlich und vernünftig bleiben. Doch das war schwierig, wenn es ums eigene Leben ging. Sie befolgte Sams Rat, ging ins Bett, und Jade kroch zu ihr unter die Decke.
    Eine Zeit lang lag Zoe reglos da und hielt das Kind im Arm, das zu spüren schien, dass irgendetwas nicht stimmte. Fragte sich Jade, ob sie ihre Mutter verlieren würde? Die Frage lautete nicht
ob,
sondern
wann.
In Zoes Fall, infolge der Infektionsart, eher früher als später. Verzweifelt überlegte sie, wer sich nach ihrem Tod um Jade kümmern sollte, denn diesbezüglich musste sie bald eine Entscheidung treffen.
    Eine Stunde später kam Inge ins Schlafzimmer und erklärte, Dr. Franklin sei am Telefon. Zoe zögerte kurz. Dann schüttelte sie den Kopf und bat das Au-Pair-Mädchen, ihm zu sagen, sie sei ausgegangen. Als Inge zurückkehrte, gab sie ihr eine Telefonnummer am Stinson Beach. Aber Zoe wollte nicht mit Dick telefonieren. Sie hatte bereits beschlossen, ihm einen Brief zu schreiben. Auf diese Weise ließ sich die Wahrheit leichter offenbaren, und sie hoffte, er würde ihr Geheimnis niemandem verraten, denn in Arztkreisen gab es viele Klatschmäuler. Natürlich würde man ihr die Krankheit irgendwann anmerken, aber wenn sie Glück hatte, würde es noch eine Weile dauern. Es wäre grauenhaft, wenn die Kollegen hinter ihrem Rücken tuscheln würden. Ihre Krankheit ging niemanden etwas an, abgesehen von Dick.
    Noch am selben Nachmittag schrieb sie ihm einen kurzen Brief. Sie teilte ihm mit, sie sei HIV-positiv, fühle sich verpflichtet, ihn zu informieren, und erinnerte ihn daran, dass sie niemals ein Risiko eingegangen waren. Außerdem erklärte sie, sie müsse eine Weile allein sein. Ganz sanft und behutsam entließ sie ihn aus ihrem Leben. Würde er sie anrufen, wenn er den Brief gelesen hatte? Besonders warmherzig war er nie gewesen, also würde er sie wohl kaum trösten, geschweige denn, seine Hilfe anbieten. Er eignete sich nur zum Gefährten für schöne Stunden – in Restaurants, im Theater oder in der Oper, in einem Wochenendhaus. In schlechten Zeiten war er nicht zu gebrauchen. Doch sie erwartete nichts von ihm, außer ein bisschen Diskretion. Und das war nicht zu viel verlangt.
    Nachdem sie den Brief geschrieben hatte, ging sie wieder ins Bett und umarmte ihre Tochter. Etwas später kam Inge herein und holte das Kind, das essen musste. Besorgt musterte sie ihre Arbeitgeberin. Noch nie hatte sie Zoe so müde und verzweifelt gesehen. Und Zoe hatte sich noch nie so elend gefühlt – außer damals beim Tod ihrer Freundin. Am liebsten wäre sie davongelaufen, um sich irgendwo zu verstecken oder sich an jemanden zu klammern. Aber es gab niemanden.
    In der Abenddämmerung machte sie sich nicht die Mühe, das Licht einzuschalten. Jade und Inge spielten im Nebenraum, die tröstlichen Geräusche lullten sie ein, und sie schlief, bis sie eine Stimme hörte. Erstaunt öffnete sie die Augen und sah Sam Warner neben dem Bett stehen. Er berührte ihre Stirn, um festzustellen, ob sie Fieber hatte.
    »Wie geht's dir?«, fragte er sanft. Noch nie war sie ihm so dankbar gewesen wie in diesem Moment. Sie verstand, warum die Patienten ihn liebten. Weil er ein gutes Herz hatte und behutsam mit ihnen umging. Manchmal war das wichtiger als ärztliche Kenntnisse.
    »Ich bin okay.« In diesem Augenblick stimmte das. Aber sie hatte so schreckliche Angst, und sie ärgerte sich über ihren jämmerlichen Zustand.
    »Nein, das bist du nicht.« Er setzte sich auf den Bettrand, schaute prüfend in ihre Augen und musterte ihre Gesichtsfarbe. »Obwohl du kein Fieber hast, siehst du beschissen aus. Bist du schwanger?«
    »Nein«, erwiderte sie und lächelte wehmütig. »Aber ich wünschte, ich wär's …«
    »Wenn's dich aufheitern würde – ich stelle mich gern zur Verfügung.« Da lachte sie, und er ergriff ihre Hand. »Ich weiß, das sieht so aus, als wäre ich auf Arbeitssuche.« Doch sie wusste, dass er genug andere Ärzte vertrat und nicht auf ihre Klinik angewiesen war. »Du brauchst

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