Die Rastlosen (German Edition)
Helfen Sie mir lieber, Aspirin zu finden. Wissen Sie, was gut wäre? Wenn wir Frieden schließen würden.«
»Sie können mich mal.«
»Gut. Das ist wenigstens eindeutig.«
Sie suchten in ein paar Schränken und Schubladen. »War-um haben Sie mir das angetan?«, fragte sie, als sie ihm eine Packung Aspirin hinhielt, die sie hinter einer Kompottschüssel herausgefischt hatte. Er dankte ihr mit einem kurzen Nicken. »Davon sollte man immer was zur Hand haben«, bemerkte er, griff nach einer Flasche Wasser und spülte die Tabletten hinunter. »Denken Sie doch mal eine Minute nach, Annie. Wissen Sie, was für mich auf dem Spiel steht, wenn man mich einer Beziehung mit einer Studentin bezichtigt? Schauen Sie sie an«, sagte er und wies auf den schattigen Teil des Gartens, wo die Lehrkräfte des Instituts mit ihren Partnern standen. »Na? Was meinen Sie, wie lange es dauern würde, bis mein Kopf rollen würde? Man würde mich wahrscheinlich nicht ganz so angeekelt aburteilen wie einen alten, pädophilen Priester, aber viel würde nicht fehlen, das können Sie mir glauben. Schauen Sie sie an.«
Er senkte den Kopf. »Das Beste wäre, wenn wir nacheinander rausgingen. Dass wir es heute dabei bewenden lassen. Dass wir später noch einmal über das Ganze reden, zu einem besseren Zeitpunkt, an einem besseren Ort, wenn Sie nichts dagegen haben. Es geht mir wirklich nicht gut. Das wäre wirklich großartig von Ihnen. Ich habe mich Ihnen gegenüber so flegelhaft verhalten, dass ich mir von Ihnen kaum erhoffen kann…«
»Küssen Sie mich. Schließen Sie mich in Ihre Arme und küssen Sie mich.«
»Annie, Annie, Annie«, seufzte er. »Ich glaube, Sie haben mich nicht richtig verstanden.«
»Jetzt sofort. Sie haben drei Sekunden Zeit. Danach gilt der Deal nicht mehr.«
Er packte Annie Eggbaum augenblicklich an beiden Armen – sie war zwar keine große Schönheit, besaß aber einen durchaus begehrenswerten Körper –, um sie davon abzuhalten, dass sie ihre Drohung wahr machte – oder ihn gar lauthals des sexuellen Missbrauchs beschuldigte, wenn es ihr durch den Kopf schoss –, denn ihm war bewusst, dass er es mit einer entschlossenen Studentin zu tun hatte, was ziemlich selten vorkam, zumal Entschlossenheit zu den unverzichtbaren Eigenschaften für eine Karriere als Schriftsteller gehörte, allerdings brauchte es dafür auch noch eine Menge anderer Fähigkeiten.
Er verzog das Gesicht. »Wie soll ich Sie küssen? Auf den Mund? Ist es das, was Sie wollen?«
»Und umarmen Sie mich gleichzeitig.«
»Annie«, sagte er und schüttelte sie leicht, »wachen Sie auf. Wir sind nicht nächtens in freier Natur. Wir sind von Leuten umgeben. Schauen Sie sich um. Für mich ist das hier ein Minenfeld. Genauso gut könnte ich meinen Kopf in einen Bienenstock stecken. Martinelli ist da. Der Präsident höchstpersönlich. Weniger als zwanzig Meter entfernt. Wollen Sie mich umbringen?«
»Okay. Gehen wir in eines der Schlafzimmer.«
»Was? Nein, dann lassen Sie uns lieber hierbleiben. Wir machen es hier. Komme, was da wolle!«
»Werden Sie das schaffen?«
»Ich tue, was ich kann.«
Er überwand sich. Besser, man opferte eine Hand als den ganzen Arm. Sie schob ihm sofort ihre Zunge in den Mund. Er nutzte die Gelegenheit, um sie an der Taille zu fassen und sich mit ihr wegzudrehen, damit sie nicht mehr so exponiert waren.
Es gab lästigere Pflichten, abstoßendere Arbeiten. Annie presste sich an ihn, als wollte sie mit seinem Körper einen Gipsabdruck ihres eigenen anfertigen. Außerdem streichelte sie ihm mit großer Ernsthaftigkeit den Nacken und befummelte ihn am Schritt. In früheren Zeiten hätte er eine solche Hitzigkeit und ein solches Verhalten zu schätzen gewusst – jemand hatte Focus Please von Be My Weapon aufgelegt, dieses essential, und die Haare von Annie rochen sehr gut –, aber diese Zeiten schienen schon weit zurückzuliegen, diese Zeiten schienen einer anderen Epoche anzugehören. Mit einer ordentlichen Portion Glück hatte er bis zur Wand zurückweichen und sich gerade noch anlehnen können – eine Sekunde später, und er wäre mit ihr rückwärts zu Boden gefallen.
Er versuchte, bei dieser Pflichtübung größtmöglichen Elan zu zeigen, aber er war nicht mit vollem Herzen dabei. Um die Täuschung aufrechtzuerhalten, strich er ihr über den Po und presste seinen Unterleib gegen den ihren. Diese Bewegungen waren leicht gemacht, und er merkte, dass sie ihr gefielen. Seine Migräne hatte sich nicht verflüchtigt,
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