Die Ratte des Warlords (German Edition)
dass es Katrin selbst wehtat, ihn verletzt zu haben und dass ihre Augen feucht glitzerten.
Plötzlich umarmte sie ihn und schmiegte sich an ihn. Kepler stand einen Moment wie versteinert da, das hatte er überhaupt nicht erwartet. Dann erst drang zu ihm die Tatsache durch, dass er eine wunderschöne Frau in den Armen hielt und sein Unmut verflog. Seine Ehrerbietung für das Weibliche vernebelte wie immer kurz seine Sinne, schaltete seine Indolenz aus und seine Lippen berührten Katrins Wange. Dann hatte er sich wieder unter Kontrolle und merkte, dass er sie an sich drückte. Er ließ sie los. Im selben Moment drehte Katrin den Kopf und ihre Lippen suchten nach seinen. Kepler spürte ihre unbegreifliche Zartheit, die etwas salzig schmeckte. Er schob Katrin von sich, bevor er die Besinnung verlor, und wischte ihr die Tränen von den Wangen. Sie blickte ihn aus großen Augen undefinierbar an. Einige Momente lang sah Kepler verlegen zurück.
"Alles Gute zum Geburtstag, Katrin", wünschte er schließlich.
Sie lächelte nur ganz knapp, aber ihr Gesicht wurde dabei unendlich weich.
"Danke schön."
S ie atmete durch und dann kam ihre mädchenhafte Freude zurück. Sie machte ein seltsames Geräusch. Es hatte sich wie freudiges Piepsen angehört. Ihre Finger fuhren ungeduldig und wohl unbeabsichtigt an die Knöpfe der Bluse.
"Ich will alles anprobieren", murmelte sie mit verklärtem Blick.
Fasziniert ging Kepler zur Tür. Dass Katrin seit einer Woche dieselben Klamotten trug, hatte Kepler gerade das Erleben von Intonationen einer weiblichen Stimme beschert, von deren Existenz er nichts geahnt hatte. Er zwang sich, den Kopf nicht zu drehen, als er hörte, wie Katrin die Bluse herunter riss.
"Dirk", hörte er nach einigen Minuten ihre Stimme.
Sie hatte schnell wieder zu sich gefunden, stellte Kepler fest. Dann wappnete er sich. Auf Katrins Anblick war er trotzdem nicht vorbereitet.
Sie hatte das schlichte Kleid an, sie stand barfuss da, aber keine Königin dieser Welt wäre so prächtig anzusehen wie sie in diesem Moment. Ihre Augen leuchteten. Weniger in Erwartung eines Urteils, als aus ureigener Freude.
Ihre alten Sachen lagen achtlos auf dem Boden, auch die Unterwäsche.
"Gefällt es dir?", fragte Katrin und fuhr mit den Händen an ihren Seiten von oben nach unten. "Es fühlt sich so gut an. Wie ich das vermisst habe", murmelte sie, schloss die Augen und bewegte die Hände streichelnd über den Bauch und die Brust zum Hals. "Danke, Dirk."
Kepler nickte nur. Immer noch wie benommen, ging Katrin zum Bett, raffte das Kleid hoch, um es nicht schmutzig zu machen, und sank auf die Knie. Sie nahm die Fläschchen mit dem Badeschaum, die Seife und die anderen Sachen in die Hände und ließ sie zurückfallen, dann nahm sie sie wieder auf und legte sie wieder hin. Sie hatte etwas von einem kleinen Kind, das mit dem schönsten Spielzeug der Welt spielen durfte.
"Ich würde ein en Liter Blut für ein Bad geben", sagte sie leise vor sich hin, nicht zu Kepler. "Oder zwei."
"Du darfst nicht aus dem Stützpunkt", bedauerte er.
Sie sah zu ihm und lächelte wehmütig.
"Ich weiß, Dirk, es wäre nur schön gewesen." Sie schü ttelte die Schwermut ab und strahlte ihn munter an. "Ich kann es auch unter der Dusche benutzen."
S ie blickte die Sachen verstört an. Sie konnte sich nicht entscheiden, was sie als nächstes tun wollte und biss sich auf die Lippe. Keplers Geschenk hatte eine dunkle Kehrseite, es bescherte Katrin die Qual der Wahl. Der Anblick des verzweifelten Mädchens war grausam schön.
"Warte mal kurz", sagte Kepler, ihm war eine Idee gekommen.
Katrin nickte ohne ihn anzu sehen. Von wegen kurz, sie könnte so sitzen, bis sie verhungerte. Kepler verließ eilig seine Hütte und ging zum Nachbarhaus.
"Ist euer Mann da?", fragte er die beiden Frauen, die im Garten arbeiteten.
Eine von ihnen erhob sich und lief ins Haus. Zwei Minuten später kam Abdu llah heraus und ging zu ihm.
"Was kann ich für dich tun, mein Freund?"
"Abdullah." Kepler drückte ihm die Hand. "Du hast doch so eine Badewanne für deine Kinder. Kannst du sie mir für heute borgen?"
Der Afrikaner hob wissend grinsend den Finger. Kepler lächelte verlegen.
"Ist diese Frau eine Christin?", fragte sein Nachbar plötzlich scharf.
Kepler sah ih n überrascht an.
"Auf dem Papier vielleicht, aber sie hat mit Go tt, glaube ich, nichts am Hut."
"Das ist das Problem von euch Westlern", meinte Abdullah. "Ihr habt keine Ahnung von Gott, zwingt diese
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