Die Ratten
gleichgemacht werden müssen.«
Judy erschauerte. »Und wenn es zu spät ist? Du hast mir doch gesagt, wie schnell sich die Ratten vermehren. Was ist, wenn sie sich über ganz London ausbreiten?«
Harris schwieg eine Weile, bevor er antwortete. »Dann gute Nacht, London.«
»O Liebling, laß uns jetzt von hier fortziehen. Du hast getan, was in deiner Macht steht, und soviel geholfen wie möglich. Du hast selbst gesagt, daß du nicht unbedingt gebraucht wirst, sondern nur dabei bist, weil Foskins sein Ego stärken will. Laß sie doch allein weitermachen. Laß uns wegziehen, bevor es noch schlimmer wird.«
»Unsinn, Judy, du weißt, daß wir das nicht können. Wohin sollten wir denn ziehen?«
»Wir könnten eine Zeitlang bei Tante Hazel wohnen. Du könntest dich in eine Schule auf dem Land versetzen lassen, und mir würde es nichts ausmachen, für eine Weile in irgendeinem Geschäft als Verkäuferin zu arbeiten. All die Schulen auf dem Land sind mit evakuierten Kindern überfüllt, und es werden mehr Lehrer aus London gebraucht.«
»Nein, Schatz. Ich kann jetzt nicht von hier weg. Weißt du, als wir heute durch die Stadt fuhren, bekleidet mit diesen albernen Weltraumanzügen, eskortiert von Soldaten, die bis an die Zähne bewaffnet waren, und ich sie alle zu Plätzen führte, die ich kenne und die mir vertraut sind, Orte, an denen ich einen Teil meines Lebens verbrachte, da wußte ich, daß ich bis zum Ende durchhalten muß. Wenn du so willst - und ich weiß, daß es albern klingen mag ging es heute um mein Revier. Die Männer bei mir waren dort Fremde. Was Foskins und sein Ministerium anbetrifft, so könnte diese Gegend für sie ein Stück Ausland sein. Oh, ich sage nicht, daß ich das Gebiet über alles liebe oder solch einen Blödsinn. Aber ich fühle mich ein wenig dafür verantwortlich - als wäre es meine alte Schule, die abgerissen werden soll. Verstehst du das?«
»Ja, ich verstehe.« Judy lächelte ihn an, nahm seine Hand und hielt sie an ihre Wange. »Du Dummkopf.«
Er zuckte die Achseln und lächelte.
»Gab es heute noch weitere Zwischenfälle?« fragte Judy.
»Ja. Auf einem Schulhof sahen wir ein Dutzend Ratten, die einen Hund angriffen. Wir fuhren hin, mitten durch sie hindurch und warfen unsere Köder ab, ohne anzuhalten.« Vor seinem geistigen Auge sah er den schrecklichen Anblick, als seine Gefährten die jungen Hunde aus den Wagen mitten zwischen die Ratten geworfen hatten; er war nicht in der Lage gewesen, sich daran zu beteiligen. »Später fuhren wir in eine Kirchenruine und entdeckten die Skelette zweier Menschen. Wer sie waren und wie lange sie dort lagen, konnten wir nicht sagen. Die Skelette waren jedoch so frisch, daß sie noch nicht lange dort gelegen haben können, und es gab keine Spur von Bekleidung mehr. Das Sonderbare war, daß sie in enger Umarmung dort lagen - wie ein Liebespaar. Wir luden die Köder aus und hörten einen Schrei. Bei einem unserer Männer hing eine Ratte am Nacken, und er rannte wie ein Verrückter herum. Zum Glück rettete ihn der Schutzanzug vor einer Verletzung, aber seine Furcht übertrug sich auf uns alle. Wir alle hetzten zum Ausgang. Zwei Männer eilten dem Angegriffenen zu Hilfe, hatten aber bald eigene Probleme. Die drei Männer rannten, und Ratten klammerten sich an sie. Als die Männer aus der Ruine heraus waren, wurde ein Wasserwerfer auf die Lücke gerichtet, um alles zu stoppen, was sonst noch auftauchte. Die Soldaten befreiten die drei Männer mit Hilfe ihrer Bajonette von den
Ratten. Die Army wollte die Ruine mit Gas füllen, aber Howard ließ das nicht zu. Wir wollten die Ratten am Leben lassen, damit sie das Virus verbreiten können.
Nach dieser Episode gab es keine großen Schwierigkeiten mehr, obwohl wir immer wieder auf Ratten trafen. Wir hatten gelernt, vorsichtig zu sein und so nahe wie möglich bei den Fahrzeugen zu bleiben, um beim ersten Anzeichen von Gefahr hineinspringen zu können. Ich befürchte, keiner von uns war sehr tapfer.«
»Ich will keinen toten Helden, Harris«, sagte Judy.
»Glaube mir, du wirst auch keinen bekommen.«
»Und wie geht es jetzt weiter?«
»Wir warten. Wir warten ab, ob das Virus wirkt, und wenn das der Fall ist, wird es nicht lange dauern, bis es sich ausbreitet. Die Wissenschaftler sagen, daß wir in ein paar Wochen eine von beiden Möglichkeiten wissen.«
»Und wenn es nicht klappt, was dann?«
»Nun, dann wird es nicht mehr nur das Problem von East End sein. Es ist nicht möglich, die Ratten auf
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