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Die Ratten

Die Ratten

Titel: Die Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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die entgegengesetzte Richtung flüchten, doch er rutschte in dem Blut aus, das aus seinem verletzten Bein rann. Sofort waren die stinkenden Ratten über ihm, bedeckten seinen Körper, bissen ihn und verdrängten sich gegenseitig, um an sein Fleisch zu gelangen. Er schlug um sich, doch seine Arme wurden immer schwächer, und schließlich hielt er sie nur noch schützend vor sein Gesicht, während die Ratten sich an seinem Körper vollfraßen.
    Stephen hob mit letzter Kraft einen Arm vor die Augen und starrte ungläubig zu der großen, bunten Leinwand hinauf. Er sah die Worte und sprach sie mit schwacher Stimme, aber sein Verstand nahm sie nicht mehr wahr. Er flüsterte: »The End.«
    George Fox arbeitete seit über zwanzig Jahren im Zoo. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen achtete er die Tiere in seiner Obhut sehr. Er sorgte sich, wenn es einem seiner Löwen nicht gutging, verhätschelte seine Lieblingsgazelle, wenn sie nicht gut im Futter war, und einmal verbrachte er sogar eine schlaflose Nacht bei einer sterbenden Schlange. Als Rowdys ins Vogelhaus eingebrochen waren und aus reiner Zerstörungswut dreißig seiner exotischen, gefiederten Freunde totgeschlagen hatten, war er zusammengebrochen und hatte tagelang geweint und getrauert. George Fox liebte seine Tiere und hatte Verständnis für sie, ob groß oder klein, wild oder zahm. Selbst als ihm vor ein paar Jahren ein Affe das halbe Ohr abgebissen hatte, war seine Tierliebe größer als der Zorn gewesen, und er hatte den Affen nicht beschimpft, sondern ihn sanft abgesetzt, den Schmerz ignoriert und stumm den Käfig verlassen, während er ein blutgetränktes Taschentuch auf das verletzte Ohr gehalten hatte.
    Heute abend spürte er, daß die Tiere unruhig waren. Es war ungewöhnlich still in Londons großem Zoo - aber die Tiere schliefen nicht. Während er seine Runden machte, bemerkte er, daß die Raubtiere in ihren Käfigen auf und ab schlichen. Die Affen kauerten dicht zusammen und starrten nervös in die Dunkelheit hinaus. Die Vögel blinzelten stumm auf ihren Stangen. Nur das wahnsinnige Lachen der Hyäne störte die beklemmende Stille.
    »Immer sachte, Sara«, sagte er beruhigend zu seinem liebsten Geparden im großen Raubtierhaus. »Kein Grund zur Aufregung.«
    Plötzlich kreischten die Vögel. Was ist denn mit denen los? dachte er, eilte zur Tür und lief auf den Tunnel zu, der unter der öffentlichen Straße zu dem Kanal führte, bei dem das fantastische Vogelhaus stand. Am Eingang zum Tunnel stieß ein anderer Zoowärter auf George Fox.
    »Was ist los, George?« fragte der Mann atemlos.
    »Das weiß ich noch nicht, Bill. Irgend etwas hat die Vögel erschreckt. Es klingt, als würden sie verrückt.«
    Sie stürzten in den dunklen Tunnel und leuchteten mit ihren Taschenlampen. Als sie auf der anderen Seite aus dem unterirdischen Durchgang liefen, hörten sie einen Schrei vom Giraffengehege her. Zu ihrem Entsetzen sahen sie, daß eine der Giraffen in der Umzäunung herumraste. Große, schwarze Kreaturen hingen am zitternden Körper der Giraffe. Sie stürzte sich in den Wassergraben und warf sich wie verrückt herum.
    »O mein Gott - was ist das?« fragte Bill fassungslos.
    »Das kann ich dir sagen«, stieß George hervor. »Das sind die verdammten Ratten. Die riesigen Ratten, die angeblich ausgerottet sind.« Er ging ein paar Schritte auf die hilflose Giraffe zu, doch dann wandte er sich zu Bill um. »Lauf zurück zum Büro! Schnell! Ruf die Polizei an und melde, daß die Ratten den Zoo angreifen! Sag, daß wir jede verfügbare Hilfe brauchen, die wir bekommen können. Beeil dich!«
    Er rannte weiter auf die Giraffe zu, obwohl er wußte, daß er nichts für das arme Tier tun konnte. Dann hörte er einen menschlichen Schrei und fuhr herum. Bill tauchte aus dem Tunnel auf, übersät mit schwarzen Ratten und mit blutüberströmtem Gesicht. Bill stürzte, stemmte sich halb auf und sank wieder vornüber.
    »Allmächtiger!« stieß George hervor. Er mußte zum Telefon gelangen. Es gab einen zweiten Kassenschalter in diesem Teil des Zoos, aber um dorthin zu gelangen, mußte George durch den Tunnel, in dem es von Ratten wimmelte, und über die Brücke, die über den Kanal führte. Und aus dem Kanal mußten sie gekommen sein! Diese Ignoranten hatten behauptet, sie hätten die Ratten ausgerottet, alle wären tot oder im Sterben. Doch die Schädlinge töteten seine Tiere. Seine armen Tiere!
    George Fox stöhnte laut und wußte nicht, was er tun sollte. Schließlich

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