Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
Weise. »Das Mädchen-mit-den-blauen-Augen und die Maske werden am Hof nicht für ein und dieselbe Person gehalten.«
»Aber warum hast du deinen Brief mit einem ›E‹ unterschrieben, wenn dein Vorname mit ›V‹ beginnt?«
Er beobachtete aus dem Augenwinkel ihre Reaktion. Sie war nicht überrascht, eher gereizt. Er hatte an einen wunden Punkt gerührt. Aber sie hatte keine Lust, auf die Frage zu antworten.
»Du kennst die Identität der Maske, weil ich versagt habe. Ich bin dir aufrichtig dankbar dafür, dass du mir das Leben gerettet hast, aber hör auf, Fragen zu stellen, die alles noch komplizierter machen könnten.«
Sie sah ihn an; nun war da keinerlei Ängstlichkeit mehr. »Du hast gut daran getan, durch die Höllischen Nebel herzureisen. Mit deiner Neugier wärest du an der akalischen Grenze ums Leben gekommen. Du bist die erste Person von außerhalb, die um die wahren Taten der Maske weiß. Versteh die Wichtigkeit meiner Rolle und meines Schweigens … Bleib ein Beobachter, bitte. Nur unter dieser einen Bedingung werde ich zulassen, dass du mir folgst. Es ist so schon sehr gefährlich für dich.«
Sie hatte nichts boshaft gesagt; sie hatte nur versucht, die Situation zu erhellen. Andin hatte damit gerechnet und fügte nichts mehr hinzu. Die hübsche Waldnymphe war vor allem Kämpferin.
Sie wandte sich auf dem Absatz um und ging auf einen der Karren zu. In ihrem Gang lag eine gewisse Steifheit, die ihrer Verwundung geschuldet war, aber sie wollte sich ihre Schwäche nicht anmerken lassen: Sie war ein Symbol!
Das Mädchen hatte sich gut erholt; Andin konnte es kaum fassen. Er hatte gesehen, wie tief und schwer ihre Wunden gewesen waren. Wie konnte sie auf den Beinen sein? Wie konnte sie gehen und reiten? Der Schnitt in ihrer Hüfte konnte sich noch nicht wieder geschlossen haben! Das fiel ihm erst jetzt auf; die Wiedersehensfreude hatte ihn alles andere vergessen lassen … Aber es war nicht mehr der rechte Zeitpunkt, ihr Fragen zu stellen.
Vic hob zwei große Beutel vom Karren. Dem Klang nach zu urteilen enthielten sie Glasflaschen. Andin nahm sie ihr ab, während sie sich einen dritten voller getrockneter Kräuter auf den Rücken lud. Sie bezeichnete ihm das erste Haus zur Rechten. Es war das größte, vielleicht auch dasjenige, das sich im besten Zustand befand. Mehrere Frauen und Kinder hatten sich im Innern versammelt.
Dort gab es nur einen einzigen Raum mit nur einigen Nischen für behelfsmäßige Betten. Die Wände waren nackt, die Decke niedrig und der Boden aus gestampfter Erde mit schwärzlichem Stroh bedeckt. Das Erste, was Vic tat, als sie das Haus betrat, war, die inneren Fensterläden zu öffnen: Ein scharfer Geruch nach Feuchtigkeit und Küchendünsten strömte in die beengte Atmosphäre. Die wenigen Möbel waren grob und durch Beanspruchung abgenutzt; als Tisch diente nur eine alte Tür, die auf Böcke gelegt worden war.
Vic prüfte die Stabilität eines Stuhls, setzte sich darauf und zog aus einem der Beutel ein Wirrwarr aus Instrumenten aller Art hervor.
»Wenn du viel gereist bist, musst du wissen, wozu all diese Phiolen dienen«, flüsterte sie Andin lächelnd zu.
»Ich kenne nicht alle, aber mit der da hat der Heiler Oudal mich in den Schwarzen Landen vom Tollfieber kuriert.«
Er hatte auf dem rustikalen Tisch auf eine Art bauchige Glasflasche mit drei Hälsen gedeutet, die eine grünliche Substanz enthielt. Aber Vic sah ihn nicht an.
»Ein großer Mann!«, entschlüpfte es ihr, als sei sie angesichts dieses Namens leicht verstört.
Andin nickte. Er war von all diesen Flaschen fasziniert und auch beeindruckt, dass das junge Mädchen sich ihrer zu bedienen wusste.
Die Kinder und Mütter waren ebenfalls an diese ungewöhnliche Ärztin herangetreten. Sie hatten vom großen Wissen des Mädchens-mit-den-blauen-Augen gehört. Seit fünf Jahren waren Gerüchte im Umlauf, dass sie die Leute mit einfachen Kräuteraufgüssen ins Leben zurückholen könnte.
Andin half ihr nach Kräften. Während seiner langen Genesungszeit hatte er vieles gelernt. Aber er bewunderte vor allem das junge Mädchen, genau so, wie er von dem Großen Heiler begeistert gewesen war. Sie horchte jedes Kind ab, freundlich, wenn es Angst hatte, zärtlich, wenn es getröstet werden musste. Die Kleinen vertrauten ihr blind, und sogar die Größeren murrten nicht, wenn sie ein türkisfarbenes Gebräu schlucken sollten. Ihre Innigkeit rührte alle.
»Bist du krank, Vic?«, fragte ein Kind.
Der Kleine hatte
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