Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)
Lust, diesen ungeschickten Spion einzufangen und ihn kräftig durchzuschütteln, um ihm ein für alle Mal beizubringen, dass diese lästige Überwachung unnötig war. Aber er war kaltblütig genug, die Finger wieder zu lösen und den Wächter zu ignorieren– diesen Abend lang noch. So bald wie möglich würde er ein weiteres Gespräch mit dem hochverehrten und geliebten Herrscher führen müssen.
Dieser Gedanke rief ihm einen anderen König und seine Memoiren in Erinnerung:
» Zu dem Zeitpunkt, da ich dies schreibe, löst es schon Bezauberung aus, auch nur auf die Feen zu verweisen. Das ist leicht zu verstehen, wenn man nur die Veränderungen in Pandema betrachtet. Aber sie sind unaufdringliche Gottheiten, nur für sehr wenige Menschen sichtbar, und kaum geneigt, ihre Macht ständig zu demonstrieren. Ihre größte Offenbarung besteht in dieser schlichten Liebe, die gleich einem märchenhaften Zufall dafür sorgt, dass ein Mann und eine Frau sich einander annähern, die beide ein Spiegelbild des Geistes des jeweils anderen sind.
Die Feen des Lebens bleiben im Schatten, ohne Altar, ohne Ritual: Wie kommt es, dass sie nicht fürchten, von den Menschen vergessen oder vernachlässigt zu werden? Der Frieden könnte für die Menschen zu einem natürlichen Zustand werden, ohne Dankbarkeit, ohne auch nur eine Erinnerung an diejenigen, denen sie danken müssen.
Ich bin sicher, dass eine ganze Anzahl von Leuten die Feen in vierhundert Jahren noch nicht vergessen haben wird, aber wird ihre Macht dann immer noch ernst genommen werden? Droht nicht eine Vermengung von Glauben und Aberglauben?«
Der Mann war immer noch mit denselben Zweifeln behaftet, wenn er sich das Gespräch in Erinnerung rief, das er bereits mit der hochgeschätzten Majestät geführt hatte. Die Feen waren nicht vergessen worden. Der Glaube war in den Herzen ungebrochen und rein geblieben. Aber für manche Personen war ihre Existenz mehr und mehr mit einer fiktiven Erzählung verknüpft, der Schönheit eines Mythos, der das Unerklärliche zu erklären vermochte, Völker tröstete und stärkte. Es war ihm so vorgekommen, als ob die hochverehrte Majestät zu den Feen sprach wie zu den Sternen. Und dennoch… Dem Mann kam eine weitere Passage des Buchs in den Sinn:
» Ich trage jetzt ein Mal im Nacken, zum Beweis, dass die Feen mich in meine Pflichten als Herrscher eingesetzt haben. Jeder meiner Söhne und jede meiner Töchter wird es erben, ebenso wie jede Hoheit in allen Ländern dieser Welt. Das Volk wird ihren Befehlen lieber mit geschlossenen Augen folgen, als irgendjemandem sonst zu gehorchen, ganz gleich, wie mächtig er ist.«
Und? Der hochverehrte Herrscher würde nachdenken. Er konnte nur daran glauben, weil für ihn die Feen existierten. Weil er wie Enkil jenes Mal trug. Auch, wenn er daran verzweifelte, keine Erben zu haben, trotz all seiner Gebete.
Der Mann fuhr sich mit matter Hand durch den blonden Bart. Er fragte sich, ob er gut daran getan hatte, seine ganze Familie in diese Geschichte mit hineinzuziehen. Doch er hatte keine Wahl, das wusste er. Er trauerte einem Buch nach, einem Buch, das er tausendmal heimlich gelesen hatte und das ihm morgen seine Aufgabe hätte erleichtern können. Einem Buch, das er mit den Personen in seiner Umgebung hätte teilen müssen. Und besonders mit einer… besonders mit einer.
» Der nächste Kämpe der Feen kann nur von königlichem Blut sein.«
Unter Schwestern
Elea saß auf der Holzbank und starrte die Steinwand vor sich an. Das Zimmer war kahl und verlassen. Der Tag blinzelte ein letztes Mal, die Kälte und die düsteren Farbtöne der Dunkelheit umhüllten das Nichts, in dem sie sich befand. Der kleine Turm war schwarz und eisig.
Elea fürchtete diese Atmosphäre nicht: Wie man das Dunkel empfand, war eine Frage der Gewohnheit, und die Kälte würde mit der Anstrengung verschwinden, aber das Gefühl von Einsamkeit lähmte sie. Sie hatte das Seil durchgeschnitten. Ihr Dolch funkelte noch immer in ihrer Hand. Dabei hatte sie den Eindruck, die Verbindung durchtrennt zu haben, die sie mit Andin verband.
Der junge Mann hätte niemals zugelassen, dass sie Eline allein traf. Elea hatte keine Wahl gehabt. Er hätte sie lieber daran gehindert zu gehen, wenn sie ihm von Anfang an gesagt hätte, dass er nicht mitkommen würde. Sie redete sich ein, für ihre Tat gute Gründe gehabt zu haben, aber ihr Herz schrie Verrat, wie das Andins, und weinte in dieser Leere, die sie geschaffen hatte, schwarz und eisig wie
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