Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)
Ich erinnere mich noch an ihr Lachen. Sie war so schön, wenn sie lachte.«
Im Wirtshaus war es jetzt still.
»Glaubt ihr, dass er ihr Lachen noch hört?«, fragte die Schankmagd, die von dem in die Münze geprägten Gesicht in die Richtung, die der König eingeschlagen hatte, und wieder zurück sah.
»Ich weiß es nicht«, gestand ihr der Wirt, »aber wenn du das Geld behalten willst, Onemie, dann zieh dich um und hilf mir, die Leute zu bedienen.«
Die junge Frau rannte davon, das Geldstück in der Hand. Wie viele Eteler blieb der Wirt noch auf der Türschwelle stehen. Er hatte mit dem König gesprochen. Mit seinem König. Welche Folgen würde das haben? Der Herrscher hatte ihnen Glauben geschenkt, daran konnte kein Zweifel bestehen. Die Zukunft des Landes und das Glück seines Volkes lagen nun in seiner Hand.
Der König ist immer noch die Hoffnung.
Schreie, Visionen von Blut, Weinen und Rachedurst erfüllten den Kopf des Herrschers. Doch seine Kapuze verbarg die Verzweiflung seiner Augen. Als Schatten seiner selbst und höher aufgerichtet, als er je seine Krone getragen hatte, schritt er seinem Schicksal entgegen.
Thalan respektierte sein Schweigen und konnte nicht umhin, ihn zu bewundern. Er fand den König in seinem Unglück derart schön! Er hatte die Soldaten mit solcher Gewandtheit aufgehalten und angesichts all der Verrätereien, die ihm enthüllt worden waren, Größe gezeigt. Und mit welch königlicher Würde er nun nach Hause zurückkehrte, obwohl er gedemütigt und in tiefster Seele verletzt worden war!
Der Junge hätte gern für ihn geweint, er hätte getötet und gern ein Mittel gefunden, die Ehre seines Königs reinzuwaschen und die verhängnisvollen Jahre auszulöschen. Zwei oder drei Mal unterdrückte er eine zärtliche Bewegung, ohne sie zu Ende zu führen. Er war an diesem einen Nachmittag vielleicht zu erwachsen geworden: Es gelang ihm nicht mehr, seine Gefühle so wie ein Kind auszudrücken. Derart abrupt in die Welt der Erwachsenen gestürzt beschränkte er sich darauf, seinem König zu folgen. Allein und stumm.
Sie kehrten in die Höhlen des Etelbergs zurück und gingen in einem Schweigen, das sich von dem des Hinwegs sehr unterschied, die ganze Strecke in umgekehrter Richtung. Seltsamerweise machte die Dunkelheit dem Pagen nichts mehr aus. In der Grotte, in der die Kleider versteckt waren, wuschen sie sich mit dem eisigen Wasser der Quelle Gesicht und Hände. Dann stiegen sie tausendundein düstere Stufen wieder hinauf.
Bevor sie sein Schreibzimmer erreichten, drang kein Wort aus dem Mund des Herrschers, und als er dann den Blick auf Thalan richtete, während er den finsteren Gang wieder schloss, sagte er nur:
»Ich möchte, dass Ihr im Nebenzimmer wartet.«
Die Krone, das Ihrzen, der unbewegte Tonfall. Alles war wieder wie vorher. So, als hätte es diesen Nachmittag nie gegeben, als wäre nichts geschehen. Und dennoch… dennoch stand, wenn man ganz genau hinsah, vielleicht eine rote Flamme in den glanzlosen, starren Augen. Sonst nichts?
Thalan hatte keine Zeit, weiter zu suchen, er musste gehorchen. Er nickte, verneigte sich vor Seiner Majestät und ging durch die langen, olivgrünen Vorhänge ins Nebenzimmer hinüber. Ohne zu verstehen warum, verspürte er angesichts der Helligkeit der Räume, ihrer Pracht und ihrer Behaglichkeit ein gewisses Unwohlsein.
Im Zimmer standen drei Sessel und vier Hocker. Demütig und ganz wie gewohnt beschränkte Thalan sich auf den niedrigsten Sitz. Aber er hatte den Eindruck, noch unruhiger als sonst zu sein: Er wollte wieder aufstehen. Die drei Menschen im Wirtshaus hatten ihm alles bewusst gemacht. Er erriet jetzt, was seinem Vater im Kampf gegen die Maske wirklich zugestoßen war. Deshalb musste er seinem König zuschreien, dass der Herzog von Alekant seinen Vater ermordet hatte und dass er Gerechtigkeit für ihn verlangte. Aber er wollte auch noch aus einem anderen Grunde aufstehen: um herauszufinden, was Seine Majestät nun tat.
Thalan hatte nie spioniert, aber der heutige Tag unterschied sich so sehr von allen anderen. Ob der König wohl ein Messer wetzen würde, um es sodann dem Herzog von Alekant ins Herz zu schleudern? Thalan wollte dabei sein, um das mitzuerleben! Er hatte das Geschick der langen Finger seines Herrschers bewundert, der aus reiner Gewohnheit mit den Klingen jongliert hatte, als er sie wieder an sich genommen hatte. Aber vielleicht würde Seine Majestät sich, allzu gedemütigt, das Messer auch selbst ins Herz
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