Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)
anzuziehen!
»Du solltest dir das Gesicht abwischen, Ceban«, riet ihm der Akaler. »Selene lässt sich von Verletzungen zwar nicht so schnell beeindrucken, aber ich glaube, dass Ophelia nach ihrem Abenteuer in Olas in Ohnmacht fällt, wenn sie dich so sieht!«
»Glaubst du?«, fragte Ceban erstaunt und fuhr sich nachlässig mit dem Handrücken über das Gesicht.
Noch mehr überraschte ihn, dass seine Wunden so heftig bluteten, obwohl er vergleichsweise geringe Schmerzen litt. Er fand einen neuen Verwendungszweck für sein Hemd: Unbeholfen nahm er es am Saum und versuchte, den Blutfluss damit zu stillen.
Andin hielt das Schwert noch immer in der Hand und wurde sich dessen bewusst, als etwas seine blutverschmierten Finger streifte: Das nachtblaue Band, das an die Lorbeerzweige der Parierstange gebunden war, rief ihm die Waffe ins Gedächtnis. Obwohl er noch immer enttäuscht über Kortas Abwesenheit war, seufzte Andin als er an Elea zurückdachte. Der Nachmittag neigte sich dem Ende zu. Ob sie wohl noch schlief?
Er schloss die Augen und umfasste das Band. Eine süße Wärme durchströmte seinen Körper; dann hatte er den Eindruck, immer stärkere Herzschläge zu hören: ein Erwachen, einen Ruf. Als er die Augen wieder öffnete, war alles verschwunden. Aber Andin hatte verstanden.
»Ceban, deine Schwester ist erwacht«, murmelte er.
Der junge Mann drehte sich verwundert zu ihm um. Seine dümmliche Miene wurde von dem Blut noch unterstrichen, das er sich ungeschickt über das ganze Gesicht verteilt hatte.
»Woher weißt du das?«, rief er.
»Ich weiß es nicht, aber ich bin mir sicher.«
Der ruhige, tröstende Tonfall, in dem er sprach, zwang Ceban, ihm zu glauben. Die Liebe, die Elea und Andin verband, wirkte auf ihn seltsam und stark genug, um nicht an den Ahnungen des jungen Mannes zu zweifeln. Und außerdem hoffte Ceban im Grunde seines Herzens, dass seine Schwester erwachen möge. Er fuhr sich noch einmal mit dem Hemd über die Augenbrauen. Selbst, wenn er es zur Gänze opferte, würde es nie und nimmer hinreichen, den Blutstrom aufzuhalten.
Sie hatte die Augen geöffnet. Ihre Lider hatten sich gehoben, als hätte jemand nach ihr gerufen.
Einen kurzen Augenblick lang blieb sie reglos liegen und betrachtete die Deckenbalken, gerade lange genug, um sich zu entsinnen, wer sie war und wo sie sein mochte. Dann spürte Elea, dass sich in der wiedergewonnenen Ruhe ihres Zimmers noch jemand aufhielt. Sie wandte sacht den Kopf. Die Augen fielen ihr mehrfach wieder zu. Als sie sich endgültig öffneten, zeigten sie ihr Estelle, die einen ihrer Säuglinge stillte. Elea lächelte leicht.
»Er scheint Hunger zu haben«, sagte sie schwach.
»Ja, die beiden haben ja auch zwei Mahlzeiten verpasst… Vic! Du bist wach!«
Estelle war aufgesprungen. Tränen traten ihr in die Augen, als sie Eleas Hand ergriff. Das Kind beschwerte sich darüber, gestört worden zu sein.
»Oh, Vic! Wir hatten solche Angst um dich. Du bist nicht mehr aufgewacht und hast geweint und…«
Sie strich ihr liebevoll mit der Hand über die Stirn.
»Ich weiß, Estelle«, antwortete Elea leise. »Ich weiß, wie ihr mich gerettet habt, ich weiß, welche Angst ihr ausgestanden habt.«
»Hast du uns gehört?«
»Nein… Ich glaube, ich habe euch eher gesehen.«
»Wie? Du hattest doch die Augen geschlossen!«
»Ja… Dennoch ist das der Sinneseindruck, der dem, den ich hatte, am nächsten kommt«, erklärte Elea matt. »Ich war in einer Art Brunnen, und ihr über mir…«
»So hat es Chloe auch beschrieben.«
»Ja, ich hatte sie schon seit einer Weile in Verdacht, über diese Macht zu verfügen, aber die kleine Schelmin hat es immer so angestellt, dass mir ein unwiderlegbarer Beweis fehlte. Wie hat Selene es aufgenommen?«, fragte Elea besorgt.
»Gut, sehr gut. Aber erinnerst du dich denn daran nicht?«
»Nein… nein«, antwortete Elea und schüttelte nachdenklich den Kopf. »Das letzte Bild, an das ich mich erinnere, ist das der Fee, die zu mir gekommen ist.«
Sie drehte sich zu Estelle um, die sie erstaunt musterte.
»Ja, ich glaube, dass ich eine Fee gesehen habe. Mit weißen, durchsichtigen Schleiern und sanften Händen… Jedenfalls weiß ich nicht… Ich weiß es nicht mehr. Alles um mich herum ist weiß geworden. Ich habe Millionen von Sätzen gehört, an die ich mich noch nicht einmal mehr erinnere, und habe mich von diesen wundersamen Stimmen einlullen lassen.«
Sie hatte die Augen wieder geschlossen und wirkte allein schon
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