Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)
eindrucksvollen Ankunft außer Frage standen, wusste sie über alle Truppenbewegungen Bescheid.
»›Sie marschieren im Moment auf die Grenze zu und werden sie wahrscheinlich morgen Abend erreichen‹, enthüllte sie.
›Wie kann ich Euch Glauben schenken?‹, fragte Seine hochgeschätzte Majestät klug.
Da lachte die schöne Fremde, so dass es klang, als träfen Wassertropfen auf ein Schieferdach.
›Ich habe keinerlei Beweise für das, was ich behaupte‹, verkündete sie. ›Ich appelliere an die Vernunft, die die Drei Feen des Ostens in Euch erkannt haben wollen. Glaubt mir, dass ich aus dieser Angelegenheit keinen Vorteil ziehen kann– bis auf den, den Herzog von Alekant lächerlich zu machen. Euer jahrhundertealter Krieg ist eine meiner geringsten Sorgen. Aber zwei Freunde, die mir teuer sind, haben darauf bestanden, dass ich Euch warne. Einer von ihnen hat mir dies hier für Euch mitgegeben.‹«
Nathal legte eine Atempause ein, um die Spannung zu steigern.
»Sie öffnete ihre weiße Hand und zeigte ihm zwei akalische Doppelringe aus Gold, die mit größter Kunstfertigkeit ineinander verschlungen waren. Sie waren beide mit Zeichen hoher Abkunft verziert, und der kleinere trug gar das Symbol eines Fürsten. Ich sah unseren vielgeliebten König erbleichen, und mit unendlicher Traurigkeit nahm er die beiden aneinanderhängenden Ringe selbst zur Hand. Ich weiß nicht, welche böse Erinnerung diese Frau in unserem hochverehrten Herrscher wachrief, aber sie hatte die Macht, ihn einen Augenblick lang still werden zu lassen.«
Auch im Wirtshaus war kein einziges Geräusch mehr zu vernehmen. Dass die Melice Orlane dafür gesorgt hatte, dass es ihrem hochverehrten König die Sprache verschlug, verblüffte die Akaler. Die junge Frau wirkte nun nur noch unwirklicher und märchenhafter auf sie.
Andin seinerseits war bei diesem Teil der Erzählung ein wenig aus seinem Traum gerissen worden. Er dachte jetzt an Erwan und Selene zurück. Der Oberalchemist war zwar vom Hass seines eigenen Volks ins Exil getrieben worden, im Grunde seiner Seele aber Akaler geblieben. Obwohl er es den Seinen übel nahm, seine Liebe zu Selene nicht geduldet zu haben, hatte er nicht gleichgültig hinnehmen können, dass ein Massaker drohte, wenn die Ungewöhnlichen Lande einen Überraschungsangriff führten. Durch die akalischen Doppelringe hatte Erwan seinem König seine Identität enthüllt. Er hatte auch versucht, ihn an die Meinungsverschiedenheit zu erinnern, die sie auseinandergerissen hatte. Der König von Akal war in der Tat der Einzige, der über Heiraten in seinem Land die Entscheidungshoheit besaß. Während er sich nicht persönlich um die Hochzeiten der kleinen Leute kümmerte, schmiedete er eigenhändig die Ringe für die des Adels und schenkte sie den künftigen Gatten zum Zeichen seiner Zustimmung. Als er Erwans Verbindung mit Selene untersagt hatte, hatte er den Hass der Akaler auf diese Heirat und die Scylin verstärkt, die es gewagt hatte, etwas in die Welt setzen zu wollen, was ihnen ein Gräuel war.
Andin lächelte bei diesem Gedanken. Chloe, ein Gräuel? Sie war vielleicht ein Engel mit dämonischen Kräften, aber nichtsdestotrotz ein Engel.
Nathal hatte seine Erzählung schon fortgesetzt. Die Melice Orlane hatte den Plan enthüllt, den die Ungewöhnlichen Lande und Muht Dabashir gefasst hatten. Sie hatte auch erläutert, wie die Macht der Scylenkrieger wirkte und worin ihre Schwächen bestanden. Der König von Akal hatte– die Ringe noch immer in der Hand– aufmerksam gelauscht, ohne ihre Worte auch nur ein einziges Mal in Zweifel zu ziehen.
Andin war abgelenkt. Den Blick noch immer ins Leere gerichtet nahm er das Bild von Elea in sich auf, das der Akaler mit seinen Worten heraufbeschwor. Der junge Mann war leichteren Herzens als am Morgen, leichteren Herzens, als er es einundzwanzig Tage lang gewesen war. Obwohl er allein vor dem Geschichtenerzähler stand, empfand er ein Wohlgefühl und Seelenruhe. Nathals Stimme wurde zwar härter und schneidend, als er das Bündnis zwischen dem leiländischen Herzog und dem Scylenkrieger schilderte, aber Andin war zu verliebt, um sich nicht auszumalen, dass immer noch eine gewisse Sanftheit in Eleas Gesicht lag.
Er befand sich meilenweit von dem verräucherten Wirtshaus entfernt, im Schneidersitz auf zwei Satinkissen zur Linken des Herrschers von Akal. Seine Augen waren die eines akalischen Geschichtenerzählers, aber sein Herz das eines Prinzen von Pandema. Er sah die
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