Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)
lachte, sich in einer derart gewöhnlichen und alles andere als königlichen Schenke wiederzufinden. Dennoch hätte sie um nichts in den Welten anderswo sein wollen. Philip war nahe bei Andin geblieben, bei Nathal, dem großen Erzähler. Dieser sah sie ein letztes Mal an.
»Die Geschichte hätte in akalischer Sprache schöner geklungen«, bemerkte er bedauernd. »Ich werde aber die Anwesenheit der Königsfamilie berücksichtigen und meine Ausdrucksweise um Eurer Mutter willen mäßigen.«
Grübchen bildeten sich angesichts dieses Sinneswandels des Akalers in Andins Wangen. Dann überraschte ihn eine Explosion, die den Mann in Weiß hinter einem Rauchschleier verschwinden ließ: Nathal sorgte bereits für ein Bühnenbild und die passende Atmosphäre.
Hände ragten aus den Dämpfen hervor und schlugen sie wie Vorhänge zur Tür der Vergangenheit beiseite. Nathal erschien: Meister des Erzählens, Herr der Legenden. Ein Wind kam auf und spielte mit seiner weiten, an den Knöcheln geschnürten Hose. Die Opaline hatte sich in seinen Dienst gestellt: Ihre Wirbelwinde fuhren ihm ins lockere Hemd und ließen sein langes, blutrotes Haar flattern. Der Akaler klapperte mit seinen Riemchensandalen auf dem Holz der Tischplatte, um Ruhe zu fordern, obwohl es schon still war. Seine glutvollen Augen loderten auf.
»Da!«, schrie er unvermittelt und streckte den Arm zur Rückseite des Schankraums aus. »Sie erschien in dunkler Nacht wie ein Blitz, wie ein Stern!«
Andins Bauch hatte sich zusammengezogen. Die Dünste, die Nathal umgaben, waren von einem dunklen Nachtblau, und Goldplättchen wirbelten durch den Raum. Der Geschichtenerzähler hatte allerlei Blendwerk in den Taschen und setzte es nach Lust und Laune ein: Akal war schließlich das Land der Alchemie.
»Sie war in die Farbe des Todes gekleidet, aber sie brachte uns das Leben. Auf dem mächtigsten aller Adler kreiste sie zunächst über der tausendtürmigen Königsburg und errang so den Respekt aller, vom geringsten Krieger bis zu Seiner Hochverehrten Majestät.«
In seiner Stimme lagen Vogelschreie, Flügelschläge und der Geruch der Nacht. Andin konnte den Blick nicht von dem Akaler wenden. Die Haare auf seinen Unterarmen hatten sich aufgerichtet, sein Atem stockte. Er konnte Elea auf Jorans Rücken sehen, strahlend schön und beeindruckend. Er hörte das Geschrei der Akaler und lächelte, wie es auch die junge Frau getan haben musste.
Dank Nathal und seiner Magie schritt Elea ein weiteres Mal über Bodenplatten aus schwarzem Glimmer im Palast von Akal. Ihre braungoldenen Haare flatterten im Abendwind und Joran forderte Respekt ein, indem er sich zu ihren Füßen in einen schwarzen Wolf verwandelte. So, als strahlte sie übernatürliche Macht aus, bahnte sie sich einen Weg, und niemand versuchte, sie aufzuhalten, als sie verlangte, mit Seiner Majestät von Akal zu sprechen. Andin konnte sich ohne Schwierigkeiten vorstellen, wie sie die Burg mit den weißen Wänden und dem Boden, der schwärzer als Asche war, durchschritt. Ihr hochgerecktes kleines Kinn brachte ihn zum Lächeln; es belastete ihn nun weniger, dass ihre Lippen für ihn unerreichbar waren.
»Unser hochwertgeschätzter und vielgeliebter König empfing sie gebührend, aber sie grüßte ihn nur mit einem Neigen des Kopfes«, fuhr Nathal flüsternd fort. »Sie erkannte seinen Adel an, räumte ihm aber keine Macht über sich ein. Sie handelte als Rebellin, da sie sich anmaßte, ihm ebenbürtig zu sein, aber Seine hochverehrte Majestät war darüber nicht empört, denn seine Seelengröße steht über solchen Dingen. Er erkundigte sich friedlich nach dem Grund für ihren Besuch.«
Wie kam es, dass Andin Eleas Stimme antworten hörte? Er vermochte es nicht zu sagen. Vielleicht waren Nathals Dämpfe mit Drogen durchsetzt? Oder hatte sein Herz, das sich nur zu sehr freute, Neuigkeiten über die junge Frau zu hören, sich in seine eigenen Erinnerungen gemischt? Er kannte den warmen Tonfall ihrer leisen Stimme.
Doch nun verkündete Elea kalt, dass ein Angriff aus den Ungewöhnlichen Landen drohte. Sie warnte Seine Majestät von Akal, dass der teuflische Herzog von Alekant, der sich mit Gewalt an die Spitze des Königreichs Leiland gesetzt hatte, ein Bündnis mit einem gewissen Muht Dabashir geschlossen hatte. Sie hatten vor, den Streifen akalischen Landes anzugreifen, der an der leiländischen Grenze einen Zugang zum Binnenmeer bot. Durch besondere Fähigkeiten, die sie geheim hielt, aber die angesichts ihrer
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