Die Rebellin
tat ihm Leid, dass die schöne Mykoniatin finanzielle Einbußen erlitt, aber sie hätte sich eben nicht mit der prorussischen Fraktion verbünden sollen. Der alte Held der Meere hielt es noch mehr mit den Engländern als Mavrokordatos. Dieser gehörte zwar auch der proenglischen Fraktion an, hatte sich aber dem Wunsch dieser Gruppe widersetzt England zum Schirmherr Griechenlands zu machen.
Mando wunderte sich also nicht, als Kapodistrias zwei Abende später nicht nur nicht erschien, sondern es offensichtlich nicht einmal für nötig befand, den Theaterbesuch abzusagen.
»Wahrscheinlich geht er jetzt mit Dimitri«, sagte sie zu Vassiliki, die ihr Glück gar nicht fassen konnte.
»Wie lange willst du denn noch in Nauplia bleiben?«, erkundigte sich die Dienerin.
»Bis Dimitri Ypsilanti mir mein Geld ausgezahlt hat. Ich habe es bei Gott verdient!«, rief Mando und dachte an die furchtbare Nacht, in der er sie mehr erniedrigt hatte, als je ein Mensch zuvor.
Sie stand auf und ging im Salon hin und her. Stunden hatte sie gebraucht, um sich schön und verführerisch herzurichten, und jetzt war das Theaterstück schon in vollem Gange und niemand da, der ihr die Hand küsste.
»Ich gehe aus«, sagte sie zu Vassiliki. Sie blickte an sich herab. »Das soll doch nicht alles umsonst gewesen sein!«
»Und wohin gehst du?«, fragte die Dienerin erschrocken.
»Zu Dimitri! Schau nicht so. Ich werde ihm persönlich die Meinung sagen.«
»Weißt du, was er mit dir tun wird?«
»Er hat bereits alles mit mir getan.«
»Du hast doch gerade gesagt, dass er mit dem Grafen im Theater sitzt!«
»Unsinn! So ein schöner Mann wie der Graf hat natürlich eine charmantere Begleitung!«
Jaja öffnete die Tür und war zutiefst erschrocken Mando zu sehen.
»Der Prinz ist nicht da«, stotterte sie.
»Ach was!«, meinte Mando nur, schob die alte Frau zur Seite und betrat das Haus, mit dem sie nur schlechte Erinnerungen verband. Wenn er schon nicht da war, würde sie vielleicht das wichtige Schriftstück finden. Möglicherweise im Hohlraum hinter der Holzvertäfelung im Wohnzimmer. Immerhin hatte Vassiliki dort den grünen Kasten entdeckt.
Sie hatte gerade die hohle Stelle abgeklopft, als Dimitri ins Zimmer trat.
»Welch eine freudige Überraschung!«, bemerkte er. »Ich bin nicht so eitel anzunehmen, dass dich meine virtuosen Fähigkeiten im Bett herführen. Ich weiß, was du willst.«
Er öffnete die oberste Schublade seines Schreibtisches und zog einen Bogen Papier heraus.
»Du hättest es schneller finden können, wenn du dir die Mühe gegeben hättest mich kennen zu lernen«, meinte er lächelnd, »und jetzt tue ich etwas, was ich schon länger geplant habe, aber ich wollte dies für einen besonders dramatischen Augenblick aufheben. Der ist jetzt gekommen.«
Mando, die immer noch mit dem gekrümmten Zeigefinger an der Holztäfelung stand, brachte kein Wort heraus, als er ihr den voreheliche Vortrag vor die Nase hielt, ihn dann schnell zerriss und ins Kaminfeuer warf.
Mit einem Aufschrei stürzte sie sich auf das Papier.
Dimitri war schneller. Er packte sie um die Mitte, drehte sie herum und stopfte ihr sein Taschentuch in den Mund. Bevor sie es ausspucken konnte, hatte er sich die Schärpe abgerissen und den Knebel festgebunden. Ihre wild um sich schlagenden Hände wurden auf bewährte Manier mit der Vorhangkordel gebändigt.
»So, meine Liebe«, sagte er befriedigt und musterte seine würgende und mit den Augen Feuer sprühende ehemalige Verlobte.
»Hiermit ist unser Verlöbnis in Rauch aufgegangen. Sag selber, was tut man mit einem lockeren Mädchen – Mädchen, na ja – das sich am späten Abend in das Haus eines einsamen Herrn begibt?«
Er wich ihren Tritten aus.
»Tut mir Leid, du kannst ja nichts sagen. Ich werde es dir wohl zeigen müssen. Vielleicht überlegst du dir hinterher, dass der Areopag eine viel zu wichtige Einrichtung in unserem freiheitlichen Griechenland ist, als dass man ihn zur persönlichen Bereicherung missbrauchen darf. Im Übrigen würde ich an deiner Stelle diesem lächerlichen Anwalt sofort das Mandat entziehen. Wie bist du bloß auf die Idee gekommen, einen Mann einzustellen, den sogar die Regierung wegen Unfähigkeit aus dem Dienst entlassen hat? Dabei können wir jetzt jeden brauchen, der nur den Hauch einer Ahnung von irgendetwas hat! Wirklich, Mando, du enttäuschst mich, von einem Generalleutnant mit Weitblick hatte ich mehr erwartet.«
Er nahm eine weitere Vorhangkordel und band
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