Die Rebellin
gekommen?«
»Das weiß ich nicht mehr«, gab Zakarati müde zurück. »Irgendwann hat ihn dein Vater aus Konstantinopel mitgebracht. Ich war froh, dass er nicht darauf bestand, die Figur aufzustellen. Sie war wirklich eine Monstrosität, eine teure und geschmacklose Arbeit. Ich habe sie gern Pappas Nikolaos Mavros überlassen und was dann aus ihr und dem Kasten geworden ist, weiß ich nicht und interessiert mich auch nicht.«
»Aber wie kommt Stefano dann darauf, dass der Kasten etwas mit Vaters Tod zu tun hat?«
»Er hat sich in eine abenteuerliche Verschwörungstheorie verstiegen. Ich sagte dir ja, er ist verrückt geworden. Und du, du hast mich auch enttäuscht«, setzte sie leise hinzu.
Schon mein ganzes Leben lang, dachte Mando. Ob ich mich mit meiner Tochter verstehen würde?
Sie war erst seit einer Woche wieder auf Mykonos, aber einer ihrer ersten Wege hatte sie nach Alefkandra geführt. Sie wusste, dass Marmellakis dort in einem der Häuser direkt am Meer lebte, und sie hatte gehofft ihr Kind, das nach des Seeräubers Mutter auf den Namen Lambrini – die Strahlende – getauft worden war, wenigstens einmal von weitem zu sehen. Die Kleine war jetzt fast drei Jahre alt und Mando hatte geglaubt sie in einer Gruppe von Gleichaltrigen, die um die Weißwäscherinnen herumtobten, erkannt zu haben. Jedenfalls war nur ein Mädchen darunter, das genauso schwarzes und auffallend glattes Haar wie Marcus hatte. Außerdem schien dieses Mädchen eine Art Anführerin zu sein und trug einen Kranz aus knallroten Geranien im Haar.
Wenn die Gesetze nicht immer gegen mich gewesen wären, hätten wir eine glückliche Familie sein können, dachte Mando und verbot sich auf der Stelle jeden weiteren Gedanken an Marcus.
»Wenn du dich deiner Erziehung entsprechend benommen hättest, wäre dir Prinz Ypsilanti nicht davongelaufen«, klagte Zakarati. »Du hast keine Ahnung, was ich hier mitmachen muss! Die Leute zeigen mit Fingern auf mich und flüstern so laut, dass ich alles verstehen muss. Die Dinge, die sie über dich sagen …«
»Verleugne mich doch einfach«, sagte Mando, »das dürfte dir nicht schwer fallen, du hast mich ja nie gemocht.«
Sie stand auf. Es war ein Fehler gewesen, ihre Mutter zu besuchen, aber sie hatte in erster Linie Vassiliki den Gefallen tun wollen. Außerdem hatte sie gehofft von ihrer Mutter Aufklärung über den Ursprung des grünen Kastens zu erhalten. Vassiliki hatte sie bereits gelöchert, aber die Dienerin wusste nichts anderes zu erzählen, als dass der Kasten immer schon im Hause ihrer Eltern gewesen wäre. Inzwischen hatte sich Vassiliki auch längst eine Antwort auf die Frage zurechtgelegt, wo sie den aus Mandos Haus in Nauplia gestohlenen Kasten wieder aufgetrieben habe. Verwandte hätten ihr erzählt, dass die Mutter Gottes einem Bauern in der Nähe von Jannina eine Herrgottsfigur in einem grünen Kasten geschickt hätte. Aus Neugierde habe sie den Bauernhof aufgesucht, den grünen Kasten erkannt und in einem unbeobachteten Augenblick entfernt.
Bevor Mando das Haus ihrer Mutter verließ, rief sie noch ins Zimmer: »Wenn du nicht dafür sorgst, dass ich meine Diamanten wieder bekomme, werde ich dich verklagen. Das könnte für dich schlecht ausgehen, ich habe inzwischen nämlich juristische Erfahrung gesammelt.«
»Aber da du ja alle deine Prozesse verlierst, habe ich nichts zu befürchten«, hörte sie noch, ehe sie die Tür hinter sich zuschlug.
Mando gestand sich ein, dass sie mehr von ihrer Mutter erwartet hatte als nur Information über einen Kasten, der jetzt das Haus eines Seeräubers schmückte. Sie hatte gehofft, dass sie sich nach all den Jahren der Trennung wenigstens normal mit ihr würde unterhalten können. Wenn es Zakarati nur fertig gebracht hätte, ihr ein klein wenig Zuneigung entgegenzubringen! Sie erwartete kein Verständnis, nur ein bisschen Mitgefühl. Eine Schulter, an der sie sich ausweinen konnte. Jemand, der ihr zustimmte, dass das Leben ungerecht war, und der sie tröstete. Außer Vassiliki war ihr doch niemand mehr geblieben!
Mando war einsamer als je zuvor in ihrem Leben, unglücklich und verzweifelt. Sie hatte keine Hoffnungen mehr. Zornig wischte sie sich eine Träne von der Wange. Sie sollte inzwischen gelernt haben, dass sich die Menschen nicht verändern! Sie hatte von ihrer Mutter etwas erwartet, was diese nicht zu geben imstande war. Zakarati dachte nur an sich selber, hatte wahrscheinlich fünf Schwangerschaften auf sich genommen, um im Alter
Weitere Kostenlose Bücher