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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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konnte er nicht in Kolettis Haus in Nauplia gewesen sein.
    »Ich meine auch nicht Sie persönlich. Ihr Bild. Ein Gemälde von Friedel, wenn ich mich recht erinnere.«
    Mando hatte nie das Werk gesehen, das der Maler im Auftrag von Kapodistrias von ihr angefertigt hatte. Sie fragte sich, wie es in das Haus seines Erzfeindes gekommen war und brannte vor Neugierde es zu sehen. Als sie erfuhr, dass der Franzose in jenem Haus nächtigte, der Hausherr aber bereits als Botschafter Griechenlands nach Frankreich versetzt worden war, verabredete sie sich mit ihrem Tischnachbarn für den folgenden Nachmittag in seinem Haus.
    Lange stand sie vor ihrem Ebenbild. Sie sah die von Kapodistrias gewünschte Säule, musste aber immer wieder zu dem Treppengeländer blicken, das hinter der Figur auf dem Bild in einen Abgrund führte. Nicht einmal die Stufen kann man sehen, dachte sie, und keiner weiß, in welche Tiefen sie führen.
    Eine Hand schlang sich um ihre Mitte.
    »Lassen Sie mich los!«, fuhr sie den Franzosen an.
    Aber er ließ nicht locker und riss sie an sich. Sie versuchte ihm ins Gesicht zu schlagen, aber lachend packte er ihre Hände und schleppte Mando zu einem nahen Sofa. Flüchtig dachte sie an die Frauen von Suli und war bereit ihr Leben einzusetzen, um das zu verteidigen, was sie wenige Tage zuvor Kolokotronis angeboten hatte.
    Hinterher fragte sie sich, warum sie ihn nicht einfach hatte gewähren lassen. Sie hätte sich dadurch viel Ärger, eine schmerzende Rippe, und, was im Moment das Schlimmste war, ein zerrissenes Kleid erspart. Schließlich war sie siebenunddreißig Jahre alt, keine Jungfrau mehr und wusste aus Erfahrung, dass es bei solchem Eifer meistens schnell vorbei war. Außerdem hatte sie in den Nächten mit Dimitri gelernt ihren Körper von ihrer Persönlichkeit losgelöst zu sehen. Ihre Gegenwehr sorgte dafür, dass es länger dauerte, und der Franzose trotzdem sein Ziel erreichte.
    Nach der Vergewaltigung ließ er sie einfach auf dem Sofa liegen und ging, die Marseillaise pfeifend, aus dem Zimmer.
    Auch Dimitri hatte sie gedemütigt, aber er hatte es getan, weil er von ihr herausgefordert worden war, weil er sie brechen oder ihr eine Lehre hatte erteilen wollen. Vielleicht hatte er sie wirklich geliebt – wie Kolokotronis behauptet hatte. Diesem Franzosen war sie egal. Für ihn war sie nur eine dumme Frau, die sich aus purer Eitelkeit in das Haus eines allein stehenden Herrn begeben hatte, und der nur recht geschah, wenn sich dieser das zu seinem Vorteil nutzte.
    Sie erschauerte, wenn sie daran dachte, dass er seinem Gastgeber diesen Zwischenfall berichten würde und konnte sich genau vorstellen, wie Jannis Kolettis reagierte. Er habe ja schon immer gesagt, die Mavrojenous sei nichts anderes als eine Hure!
    Weil sie sich schämte, in ihrem zerrissenen Kleid vor ihre eigenen Gastgeber zu treten, schlich sie durch die Hintertür ins Haus und packte ihre armselige Habe zusammen. Auf dem Bett hinterließ sie einen Brief, in dem sie erklärte, wichtige Geschäfte riefen sie auf ihre Heimatinsel zurück. Sie würde sich freuen, wenn sie sich in Mykonos für die erwiesene Gastfreundschaft revanchieren könnte. Im Dachkämmerchen meiner Tante, dachte sie noch, aber die Gefahr war relativ klein, dass die Offiziersfamilie auf ihr Angebot zurückkommen würde.
    Das erste Boot in Piräus fuhr nach Paros. Einen Augenblick lang überlegte Mando dort einzusteigen. Sie würde bei Marcus und Anna übernachten und Lambrini wieder sehen können. Der Himmel war nicht eingestürzt, als sie mit Marcus und seiner Frau unter einem Dach genächtigt hatte. Das Schlimme war sogar, dass sich Anna freuen würde sie im Haus zu haben. Vielleicht könnte zwischen ihnen so etwas wie eine freundschaftliche Beziehung entstehen.
    Aber das Erlebnis mit dem Franzosen hatte ein Schmutzgefühl in ihr hinterlassen, und das wollte sie nicht auf die Mavrojenous-Familie auf Paros übertragen.
    Im kommenden Sommer raffte sie sich auf und ritt hinaus zur Hütte in Kalo Livadi. Diesmal wusste sie, womit sie rechnen konnte, und daher hatte sie sich zwei Esel ausgeliehen und einen voll beladen. Es dauerte fast zwei Stunden, bis sie an der Hütte ankam. Nie hätte sie gedacht, dass es so schwierig sein konnte, auf einem Esel zu sitzen und den anderen an der Leine zu führen. Jedes Tier hatte seinen eigenen Willen, der oft genug darin bestand, einfach stehen zu bleiben und entsetzliche Geräusche von sich zu geben. Schließlich blieb ihr nichts

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