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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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hatte er das Mädchen angesprochen, als mit gezücktem Schwert ein älterer Mann auf ihn zutrat. In abenteuerlichem Französisch teilte ihm dieser mit, dass er ein Schwager des Bürgermeisters und die angesprochene Schöne seine Tochter sei. Er wartete die Entschuldigungen des Barons nicht ab, sondern forderte ihn auf mit ihm zu seinem Haus zu kommen. Barsch sagte er etwas auf Griechisch zu seiner Tochter, die gehorsam nickte und davoneilte.
    Der Alte kniff ein Auge zu, zog den Baron am Ärmel und bedeutete ihm, dass man schon handelseinig werden würde.
    Leicht beunruhigt, aber neugierig folgte der Baron dem Alten durch die engen Gassen, in denen sich Schweine und Hühner drängten und zerlumpte Kinder spielten. Währenddessen sprach der Mann auf ihn ein. Seine Tochter Lena sei ein gutes Mädchen, eine Jungfrau, die liebend gern heiraten würde. Bedauerlicherweise gäbe es auf der Insel nur wenig Auswahl, da die meisten jungen Männer zur See fuhren. Der Gast aus Germania wäre der Mann, dessen Ankunft Gott ihr bereits in ihren Träumen angekündigt habe, und da man sich Gottes Willen nicht widersetzen dürfe, fände die Hochzeit sofort statt.
    Der deutsche Baron glaubte, nicht gut gehört zu haben, hob die Hand, um dem Alten Einhalt zu gebieten und erklärte, er sei bereits verheiratet.
    Der Alte überging den Einwand und fuhr mit fröhlicher Stimme fort: Die Heirat habe Bestand, solange der Herr auf der Insel zu verweilen gedächte.
    Inzwischen waren sie an einem zweistöckigen Haus neben einer kleinen Kirche mit rotem Dach angekommen. Der Alte bekreuzigte sich schnell, wies den Baron dann an, die Treppe mit dem blauen Holzgeländer hinaufzugehen, wo seine Frau mit dem hauseigenen Wein auf ihn warte. Er selber wolle jetzt den Bürgermeister holen, der ein Schriftstück aufsetzen werde, mit dem sich der verehrte deutsche Gast verpflichtete bei seiner Abreise, also der Scheidung, dem Mädchen eine bestimmte Summe zugute kommen zu lassen. Wäre seine Tochter zu jenem Zeitpunkt guter Hoffnung, verdoppele sich der Preis.
    Das Mädchen sei doch ausnehmend schön, nicht wahr? Verwirrt nickte der Baron. Andere Länder, andere Sitten, dachte er, und dass ich bereits verheiratet bin, scheint nichts zur Sache zu tun. Als der Bürgermeister ihm das entsprechende Schriftstück vorlegte, war er zwar zunächst erschrocken über die Höhe der geforderten Summe, aber das Mädchen, das in einer Ecke des Zimmers saß und ihm über ihrem Stickrahmen ein liebreizendes Lächeln zuwarf, bezauberte ihn. Was war schon Geld, wenn er dafür ein so entzückendes Geschöpf erwarb? Schwungvoll setzte er seine Unterschrift auf das Papier.
    Erstaunt stellte er fest, dass er sich danach um nichts mehr zu kümmern hatte. Eine Stunde später wurde das Paar ohne jegliche Feierlichkeit im Haus des Bürgermeisters getraut und dann zu einem herrschaftlichen, voll eingerichteten Haus geführt, in dem bereits die Koffer des Reisenden ausgepackt worden waren. Fünf Monate blieb der Baron auf der Insel. Nach seiner Abfahrt aber weigerte sich die junge Frau das Haus zu verlassen und bestand darauf, dass ihr deutscher Gönner das Haus für sie gekauft hätte. Zum Beweis legte sie die etwas undeutliche Kopie eines Schriftstücks vor.
    Marcus Mavrojenous wusste natürlich, was gespielt wurde. Den Mykoniaten war bekannt, dass Nikolaos Mavrojenous verstorben war und seine Söhne weit entfernt auf dem Festland lebten. Warum sollte eine schöne junge Witwe, als solche wurde die Inselfrau des Barons inzwischen betrachtet, nicht in dem leer stehenden Haus bleiben? Marcus war damit einverstanden, unter der Bedingung, dass weiterhin Miete gezahlt würde, aber die junge Frau blieb bei der Behauptung, das Haus gehöre ihr.
    »Natürlich ist nichts im Grundbuch eingetragen«, beruhigte Marcus die aufgebrachte Zakarati, als er ihr bei einem Besuch auf Tinos die Geschichte erzählte.
    »Warum hat der Deutsche denn seine Frau nicht mit in seine Heimat genommen?«, fragte Mando.
    Zakarati sah auf ihre Handarbeit, als ihr Marcus einen bezeichnenden Blick zuwarf.
    »Das kann dir deine Mutter erklären«, meinte er verlegen.
    »Aber ich frage dich.«
    »Du bist mit den Sitten der einfachen Inselbewohner nicht vertraut.« Er fühlte sich höchst unbehaglich.
    »Dann kläre mich darüber auf.«
    Zakarati stand auf und verließ das Zimmer.
    »Es handelte sich gewissermaßen um eine zeitlich begrenzte Ehe.«
    »Ist das nicht jede Ehe?«, erkundigte sich Mando. »Es stirbt doch

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