Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken
dieselbe deprimierende Farbe. Es roch nach Schimmel und kalte Feuchtigkeit lag in der Luft. An der Wand lehnte eine Reihe Waffen, vor allem Jagdgewehre, bei deren Anblick sich mir der Magen zusammenzog. Ich warf einen unauffälligen Blick auf den Jungen. Vielleicht hatte er nur behauptet, er würde mit Justin zusammenarbeiten, damit ich keine Gegenwehr leistete. Ich trat einen Schritt zurück und suchte mit den Augen nach möglichen Fluchtwegen, doch wir befanden uns in einem fensterlosen Keller mit dem Charme eines Horrorfilmkerkers. Der einzige Weg nach draußen war die Treppe.
Noch immer sprach der Junge in sein Headset. »Sie war mit einem Cop zusammen«, sagte er. Sein Gesichtsausdruck war hart. Einen Moment hörte er der Person am anderen Ende zu. »Schon gut, okay. Was immer du sagst.«
Er nahm den Stöpsel aus dem Ohr, stand auf und wühlte in einem kleinen Schrank herum, bis er anscheinend gefunden hatte,was er suchte. Dann setzte er sich zurück an den Tisch und schaute mich zum ersten Mal an. Ich hielt seinem Blick stand und wartete, bis er sich zu einer Erklärung herabließ.
Endlich sagte er mit gelangweilter Stimme: »Wir bleiben die Nacht über hier. Im Moment suchen sie östlich und westlich der Stadt, aber als Nächstes kommt der Norden dran, in Richtung kanadischer Grenze. Wenn es so weit ist, fahren wir nach Süden.«
Ich schaute zur feuchten, fleckigen Decke hoch. »Wo sind wir?«
Er klappte seinen Flipscreen auf und ignorierte meine Frage.
»Bis zum Morgen, wenn wir losfahren, sind es gut sieben Stunden«, sagte er und schaute mich an. Ich warf ihm einen verärgerten Blick zu, weil er einfach das Thema gewechselt hatte. Ungerührt zeigte er mit dem Daumen auf eine Tür unter der Treppe. »Da ist das Bad. Es gibt auch Verbandszeug, falls du dich verarzten willst.«
Unwillkürlich legte ich die Hand auf die Stirn und zuckte zusammen, als ich den geschwollenen Fleck und die Blutkruste darauf berührte.
»An deiner Stelle würde ich versuchen zu schlafen«, sagte er und zeigte auf ein Feldbett am anderen Ende des Kellerraums. »Hier drin ist Kleidung zum Wechseln.« Mit einem Tritt beförderte er die Sporttasche in meine Richtung und sie rutschte mir bis vor die Füße. Dann starrte der Junge wieder auf seinen Bildschirm. Mehr Gastfreundschaft hatte ich offenbar nicht zu erwarten.
»Glaubst du wirklich, dass ich jetzt schlafen kann?«
Er verzog keine Miene. »Woher soll ich das wissen?«
»Wer bist du?«
»Je weniger du im Moment weißt, desto besser. Ich darf dir nichts sagen, also hör mit der Fragerei auf. Schließlich bin ich bloß der Fluchthelfer.«
Ein Fluchthelfer mit erstaunlicher Sozialkompetenz, hätte ich am liebsten hinzugefügt.
»Lass mich mit Justin reden«, forderte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Heute laufen drei Abfangmanöver gleichzeitig. Er ist ziemlich beschäftigt.«
Ich schaute zu, wie er eine Landkarte auf dem Tisch ausbreitete. »Kannst du mir nur eine Frage beantworten?«
Der Junge schaute auf.
»Sollte ich erleichtert sein oder Angst haben? Im Moment bin ich mir nämlich nicht sicher.«
»Klingt beides ganz sinnvoll, aber ich stimme eher für ›erleichtert‹.«
Ich nickte und seufzte ergeben. Da ich nichts Besseres zu tun hatte, ging ich zu dem Feldbett und setzte mich darauf. Die Matratze quietschte, und die Sprungfedern stachen schon fast durch den Bezug, aber trotzdem fühlte es sich gut an, auf etwas Stabilem zu sitzen, das nicht mit einer unglaublichen Geschwindigkeit durch die Gegend sauste. Ich schwang die Beine hoch, streckte sie aus und lehnte mich mit dem Rücken an die Wand.
Die folgenden Stunden waren die längsten meines Lebens. Im Keller war es kalt und deprimierend. Mein unbekannter Retter / Gefängniswärter, der mir nicht einmal seinen Namen nennen wollte, führte währenddessen ein gutes Dutzend Telefonate. Von mir nahm er keine Notiz, bis auf ein einziges Mal, als er mir mitteilte, dass es im Kühlschrank Essen gab. Mein Mund war trocken und meine Kehle wie ausgedörrt, aber Appetit fehlte mir völlig. Ich hatte Sehnsucht nach Baley … und nach meiner Mom. Bei dem Gedanken, wie sehr ich sie enttäuscht haben musste, tat mir das Herz weh.
Die Minuten krochen dahin, und ich beschäftigte mich damit, die Mauersteine der Wände und die Deckenplatten zu zählen. Der graue, kalte Beton schien mich zu erdrücken. Ich stand auf, um mich zu strecken, und stellte dabei fest, dass ich noch immer die Umhängetasche trug. Ich öffnete sie,
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